Editorial, Kommentar: 19.04.2016

Der neue Megatrend: VR360

So viele 360-Grad-Videolösungen wie bei dieser NABShow gab es in der Branche noch nie. Einen eigenen Pavillon in der Nordhalle hat der Veranstalter hierfür eingerichtet und an zahlreichen anderen Ständen sind ebenfalls Aufnahme- und Betrachtungsmöglichkeiten für 360-Grad-Videos aufgebaut.

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In der Nordhalle beherbergt die diesjährige NABShow einen VR360-Pavillion.

Getrieben von der Games-Branche soll um dieses Thema herum ein gigantisch großer Markt entstehen. Klingt das irgendwie vertraut? Dem Skeptiker stellt sich natürlich sofort die Frage: Ist VR360 das neue Stereo-3D — und wird es auch die gleiche Entwicklung nehmen?

Letzteres hieße in der Kurzfassung: Raus aus der Nische und wieder zurück in die Nische — zumindest was den TV-Markt angeht. Im Kino konnte sich Stereo-3D schließlich etablieren und in einigen anderen Visualisierungsbereichen auch — aber im TV-Markt eben nicht.

Ist 360-Grad-Video ein Massenthema? Möglicherweise. Im Games-Bereich ist das der Fall, und es sind auch Anwendungsbereiche denkbar, wo das für die Zuschauer einen Zusatznutzen bringt. Interaktive Erlebnis-Szenarien etwa, Mischformen aus Spielfilm und Game, sind denkbar. Setups, in denen der Konsument eher Teilnehmer als bloßer Zuschauer ist — wo man ganz eintauchen und abtauchen will. Konzertaufzeichnungen und Dokus über ungewöhnliche Orte, die man selbst nicht besuchen kann, werden ebenfalls oft genannt. Auch der Pornomarkt spielt sicherlich eine große Rolle.

Aber im narrativen Bereich, wenn es darum geht, das Interesse des Zuschauers zu lenken, ihm eine fortlaufende Geschichte zu erzählen, wenn es um klassische Filmerzählmuster geht, um Bildgestaltung im engeren Sinn, kann 360-Grad-Video eigentlich sogar eher störend wirken und viele Einschränkungen mit sich bringen.

Ein weiteres Problem: Wer sich ein taucherbrillenartiges Etwas umschnallt, der isoliert sich von seiner unmittelbaren Umwelt. Für die Nutzung mal so nebenbei ist das keine Option: Man muss sich einlassen, muss abtauchen. Können und wollen die Konsumenten dafür aber gleich eine VR-Brille anschaffen? Denn mal ehrlich: Die Handy-in-Papphalterung-Lösungen sind nett, um das Ganze mal auszuprobieren, aber definitiv keine Dauerlösung für intensive Nutzer.

Es bleiben also zumindest derzeit viele Fragen offen. Eines aber ist sicher: für die Messebesucher gehören 360-Grad-Kameras zu den großen Hinguckern.

 

 

Autor
Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller

Bildrechte
Nonkonform

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