Postproduction, Workflow: 23.01.2018

Mindhunter: Produktions-Workflows beschleunigt und vereinfacht

Bei der Netflix-Serie »Mindhunter« von David Fincher sind alle Postproduktionsprozesse unter einem Dach vereint. Das Team um Peter Mavromates und Christopher Doulgeris arbeitete dabei Hand in Hand mit der Produktion. Ein Video zeigt zudem interessante Szenen, bei denen Matte Painting, 3D-Tracking und Removal stattfanden.

Mindhunter, Logo
Bei der Netflix-Serie »Mindhunter« von David Fincher sind alle Postproduktionsprozesse unter einem Dach vereint.

Ob »Gone Girl«, »The Social Network«, »The Girl with the Dragon Tattoo« oder die Netflix-Serie »House of Cards« – der US-amerikanische Filmemacher David Fincher findet immer wieder neue fesselnde Perspektiven und visuelle Konzepte, seine Geschichten zu erzählen. Da ist seine jüngste Netflix-Produktion »Mindhunter« keine Ausnahme. Bei dieser Produktion sind alle Postproduktionsprozesse auf besondere Weise unter einem Dach vereint.

Die Postproduktion geht auf Spurensuche

Eine Schlüsselposition nimmt das Postproduktionsteam ein, mit dem Fincher zusammenarbeitet: Peter Mavromates war bereits bei mehreren Fincher-Projekten als Sendeleiter und Postproduktions-Supervisor dabei, aber auch die Cutter Kirk Baxter und Tyler Nelson, der Schnittassistent Billy Peak und der interne VFX-Compositor Christopher Doulgeris sind alte Hasen im Team. Nachdem sie ihren Postproduktions-Workflow bei anderen Projekten bereits verbessert und aufeinander abgestimmt haben, traute sich das Team bei »Mindhunter« noch mehr.


Die wahren Ermittler hinter der Netflix-Serie »Mindhunter«.

Die Serie folgt einer Gruppe von FBI-Agenten in den Siebzigerjahren, die sich mit den psychologischen Beweggründen von Serienkillern beschäftigt. »Als Cutter sind wir den FBI-Agenten gar nicht so unähnlich«, sagt Byron Smith, einer der »Mindhunter«-Cutter. »Wie die Ermittler steigern wir uns in das Filmmaterial hinein und durchsuchen jedes kleine Detail, um am Ende jede Szene so gut wie möglich aussehen zu lassen.«

Diesen Anspruch verfolgt auch Fincher selbst. »Die Arbeit mit ihm macht sehr viel Spaß, weil auch er gerne mit Details spielt und versteht, wie visuelle Effekte funktionieren«, erklärt Christopher Doulgeris. »Wenn er eine Produktionsbemerkung macht, wissen wir, was er damit sagen möchte.«

Die wahren Ermittler hinter der Netflix-Serie »Mindhunter«
Wenn die Ermittlungen mal frustrieren: Agent Ford (Jonathan Groff, l.) und Agent Tench (Holt McCallany).

Fincher hat die zehn Stunden komplett in 6K gedreht. Dadurch ergaben sich neue Herausforderungen, aber auch neue Möglichkeiten: Das Team wandelte mithilfe von automatisierten Skripten in Adobe Premiere Pro die Dailies vom Set in Pittsburgh, Pennsylvania, über Nacht für die Cutter in Los Angeles in einzelne Drehtagprojekte um. »Fincher konnte sich so direkt am Tag danach bestimmte Ausschnitte und Zusammenstellungen anschauen – und schnell entscheiden, was funktioniert und was nicht«, sagt Billy Peake. »Wenn für eine Szene zwei Drehtage eingeplant waren, hatten wir am zweiten Tag bereits das Material des ersten Tages organisiert und sortiert. Fincher konnte diese Eindrücke und Erfahrungen in den zweiten Drehtag einfließen lassen.«

In der Postproduktion kann viel gerettet werden

Da in 6K gedreht wurde, das Material aber in 5K weiterverarbeitet wurde, hatten Fincher und sein Team die Freiheit, die Szenen neu zu framen. Sie konnten in der Postproduktion die Szenerie neu gewichten, ohne das ursprüngliche Bild zu zerstören oder die Intention des DoP zu verändern. So ging kaum Material verloren. Wenn die Cutter bei einzelnen Dialogszenen feststellten, dass der Rhythmus zwischen den Schauspielern anders sein sollte, dann arbeiteten sie einfach mit einem Split-Screen. Dadurch konnte das Timing der einzelnen Schauspieler schneller oder langsamer und der Dialog somit flüssiger werden.

Die wahren Ermittler hinter der Netflix-Serie »Mindhunter«
Agent Ford (Jonathan Groff, l.) und Agent Tench (Holt McCallany, m.) ermitteln.

Während die einfachen Änderungsprozesse in Premiere Pro durchgeführt wurden, arbeitete das Team bei 90 % der Szenen mit Adobe After Effects und einem dynamischen Link zwischen Premiere Pro und After Effects, der einen temporären offline VFX erzeugte.

Auch die Farbkorrektur spielte eine wichtige Rolle bei »Mindhunter«: Der Colorist überlagerte das Bild mit einer künstlichen Linsenverzerrungen, um einen anamorphotischen Look und chromatische Aberrationsunschärfen herzustellen. Nun sieht es so aus, als hätten sie das gesamte Material mit einem Vintage-Objektiv gedreht.

»Wir versuchen, jedes Mal etwas Neues auszuprobieren, wenn wir mit Fincher zusammen arbeiten«, sagt Tyler Nelson. »Cutter versuchen heute einen Offline-Schnitt zu produzieren, der dem Endprodukt schon sehr nahe kommt, in dem sie visuelle Effekte, Ton- und Farbkorrektur selbst übernehmen.«

Alles unter einem Dach
Jonathan Groff als junger FBI-Agent Holden Ford.

Da das Team VFX und Digital Intermediates mit Premiere Pro intern bearbeitet und durchführt, können sie unabhängig arbeiten. Was mit einer externen Agentur mehrere Tage dauert, konnte so in wenigen Stunden umgesetzt und die Produktion beschleunigt werden. Außerdem hatte das Team so mehr Kontrolle über das Endprodukt. »Ich konnte so gleichzeitig an unterschiedlichen Szenen arbeiten und ganz einfach zwischen den Szenen hin und her springen«, sagt Doulgeris. »Für uns ist das sehr praktisch, dass wir alle die gleichen Programme benutzen. So sprechen wir alle die gleiche Sprache.«

Alle einzelne Schritte einer Postproduktion unter einem Dach zu vereinen, hat aber noch weitere Vorteile: »Wenn der Compositor ein paar Zimmer weiter sitzt und man leicht ein paar Ideen austauschen kann, erleichtert das die Arbeit sehr, vor allem wenn man unter Zeitdruck steht«, so Tyler Nelson. »Ich konnte Christopher Doulgeris nach seiner Meinung fragen und hatte danach das Vertrauen, dass meine Änderungen die Arbeit der anderen nicht negativ beeinflussen würde.«

VFX in Mindhunter

Viele VFX in Mindhunter fallen zunächst gar nicht auf und sind sehr subtil umgesetzt. Dafür verantwortlich ist Artemple-Hollwood, ein VFX-Unternehmen aus Culver City, das unter anderem die visuellen Effekte von Finchers Blockbuster »Gone Girl« umsetzte. 

Im Video zeigt Artemple-Hollwood anhand einer ganzen Reihe von Szenen, welche Arbeiten dort jeweils stattfanden: etwa Matte Painting, 3D-Tracking und Removal.


VFX bei »Mindhunter«.