Editing, Grading, Postproduction: 08.01.2021

Disney+ Spielfilm »Bruderherz« mit besonderem Workflow

»Bruderherz« setzte von der Produktion bis zur Auslieferung komplett auf einen Workflow mit DaVinci Resolve Studio.

Dabei kam ein innovatives System für Digital Asset Management (DAM) am Set zum Einsatz, das auf Mischern, Rekordern, Kreuzschienen und Monitoren von Blackmagic Design beruhte. Der Film hatte vergangenen Monat Premiere auf Disney+.

Bruderherz
Das Drama »Bruderherz« ist von der Geschichte des früheren Footballspielers Ray McElrathbey (Jay Reeves) inspiriert.

Das Drama »Bruderherz« ist von der Geschichte des früheren Footballspielers Ray McElrathbey (Jay Reeves) inspiriert. Als Neuling an der Clemson University sieht sich McElrathbey vor mehrere Herausforderungen gestellt, die er trotz immer neuer Schwierigkeiten mit Hingabe und Ausdauer überwindet. Obwohl McElrathbey seinen 11-jährigen Bruder Fahmarr (Thaddeus J. Mixson) in seiner Obhut hat, erzielt er mit Unterstützung seiner Teamkameraden und der Clemson Community Erfolge auf dem Spielfeld.

Schon vor der Pandemie 2020 zeichnete sich aufgrund immer knapper werdender Budgets die Notwendigkeit ab, sowohl am Set als auch in der Postproduktion effizienter und kostengünstiger zu arbeiten. Für Executive Producer Doug Jones bestand die praktische Antwort auf diese Anforderungen darin, den technischen Workflow am Set zu verbessern, unnötige Hürden zwischen Set und Postproduktion zu beseitigen und Editoren eine bessere Schnittstelle mit der Produktion zu bieten.

Vor vielen Jahren hat Jones sich als einer der ersten für rundum digitales Filmemachen eingesetzt und ist schon immer für neue Technologien offen, die er bereitwillig aufgreift. Der DAM-Workflow für den Film erwuchs aus dem Verständnis, dass viele der für die Broadcastarbeit verwendeten Tools auch für die Spielfilmproduktion geeignet sind. Jones erkannte nach und nach, wie man mit DaVinci Resolve in Verbindung mit integrierter Blackmagic Hardware am Set eine Pipeline mit ständiger Online-Präsenz kreieren und somit nicht nur Zeit, sondern auch Geld sparen konnte.

Bruderherz
Der Spielfilm lief im Dezember 2020 an.

Gemeinsam mit Regisseur Reginald Hudlin, DoP Shane Hurlbut (ASC) und Editor Terel Gibson erarbeitete das Team eine Pipeline, die zu einer effizienteren Produktion beitragen würde. »Viele der seit über einem Jahrhundert in der Filmproduktion verwendeten Techniken sind großartig und haben sich bewährt. Man sollte sie nicht einfach über den Haufen werfen«, sagte Hurlbut. »Darüber hinaus gibt es aber Ideen, die bestehende Paradigmen auf den Kopf zu stellen scheinen und praktisch eine ganz neue Richtung einschlagen. Als Doug Jones mit diesem Digital Asset Management System auf mich zukam und den ganzen vereinheitlichten Prozess von der Vorproduktion über die Produktion bis hin zur Postproduktion demonstrierte, war ich schwer beeindruckt.«

Die Produktion arbeitete intensiv mit Resolve.

Das von ihm und seinen Leuten entwickelte Verfahren war einfach und konnte von einer einzelnen Person am Set bedient werden. Sobald die Produktionskameras liefen, wurde auf den im DAM-Wagen installierten HyperDeck Studio Mini Recordern die simultane Aufzeichnung automatisch ausgelöst und Material mit passendem Timecode für die sofortige Wiedergabe erstellt. Dieses Videomaterial wurde mit DaVinci Resolve direkt am Set in Echtzeit gegradet, sodass die Artists vor Ort und an externen Standorten statt der Rohbilder nur die farblich nachbearbeitete Footage sahen. So konnte die Wiedergabe in Farbe sofort stattfinden und die zweimal täglich auf sichere Cloud-Dienste hochgeladenen Dailys standen sowohl lokal als auch aus der Ferne zur Verfügung. Mithilfe von Atem M/E Production Studio 4K Mischern und Teranex Mini SDI Distribution 12G Konvertern hatte man von überall am Set Zugriff auf die Live-Bilder und aufgezeichneten Shots. Der Ton wurde über den Blackmagic Audio Monitor 12G abgewickelt.

Mit Hyperdeck Studio wurde das Material aufgezeichnet.

Regisseure und DPs, die am Set wichtige Entscheidungen über die Post treffen, konnten so Clips mit Hinweisen versehen und von dort via DAM-Setup direkt an den Schnitt weiterleiten. Sogar die Anmerkungen des Script Supervisors wurden zu den Metadaten hinzugefügt und standen den Editoren sofort zur Verfügung. Die Originalaufnahmen der Kameras wurden von den Speicherkarten zur mehrmaligen täglichen Lieferung an die nahegelegene Postproduktion direkt auf hochschnelle RAID-Laufwerke gespielt.

Über Teranex Mini SDI Distribution 12G Konverter hatte man von überall am Set Zugriff auf die Live-Bilder und aufgezeichneten Shots.

Hurlbut schätzte es, dass auf allen Ebenen bis in die Studios klar kommuniziert werden konnte. »Wir hatten alle aus den Kameras stammenden Metadaten im Blick und konnten sie direkt in unserer RAID-System integrieren. Indem wir sogar die Leute bei Disney mit Aufnahmen versorgten, waren alle mit täglich neuen Dailys auf demselben Kommunikationsstand. Und so stand auch das Studio in enger Verbindung mit dem Film.« Entscheidend war für Hurlbut, dass das vielseitige System Kreative auf jeder Ebene miteinbezog und eine direkte Interaktion ermöglichte.

»Weil das Setup den Zugriff aller auf dieselben Dailys unterstützte, konnten wir das Studio in Entscheidungen involvieren. So wäre es bspw. möglich, in Atlanta zu drehen und alle Dailys in der Mittagspause und dann später erneut zur Endabwicklung zu bearbeiten. Dann bekommen die Leute im Studio an der Westküste die Dailys um vier Uhr, kurz bevor sie nach Hause gehen, zu sehen. Sie können mit Reginald sprechen und sich mit den anderen Produzenten austauschen. Alle werden involviert und können ihre Meinung einbringen. Jede Person fühlt sich voll in den kreativen Prozess einbezogen.«

Der Schnitt begann gleich am ersten Tag der Produktion. Dank dieses einzigartigen gleichzeitigen Ablaufs konnten Produktion und Post miteinander interagieren. Editor Terel Gibson richtete die Schnittabteilung und Produktion im selben Gebäude ein. »Wir waren nie weit von der Kamera entfernt, was toll war.« Gibson hat »Bruderherz« komplett in DaVinci Resolve Studio geschnitten.

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Jay Reeves spielte eine der Hauptrollen.

Im Grunde genommen fing der Schnitt am Set bereits damit an, dass Digital Asset Manager Michael Smollin den Ton mit den Kameradateien synchronisierte, eine nicht-destruktive Farbkorrektur durchführte und eine Schnitt-Timeline erstellte. Das ging alles in Resolve. »Die Dailys wurden vom Set aus ausgeliefert und schneller ins System eingespielt, als das mit traditionellen Workflows möglich gewesen wäre. Und durch die Arbeit mit rohen Dailys wurde keine Transkodierung benötigt. Wir übernahmen diese Aufgaben quasi selbst.«

Rahul Das, der First Assistant Editor, begrüßte den kompletten Umstieg auf Resolve. »Ich wollte mehr über Resolve erfahren, denn das Programm hat sich zu einer Komplettlösung für Schnitt und Finishing entwickelt und macht ein komplexes Studio überflüssig. Die verschiedenen Arbeitsräume in Resolve zur detaillierten Bearbeitung von Farbe, Ton und visuellen Effekten beeindruckten mich gleich zu Beginn des Projekts. Anfangs waren wir leicht überfordert, denn sonst werden von uns beim Offline-Schnitt bloß provisorische Arbeiten an VFX und Sounddesign als Referenz erwartet. In Resolve erforderten scheinbar schon unkomplizierte VFX-Arbeiten wie Greenscreen-Keying oder Animationen ein gewisses Maß an Know-how. Doch mit der sehr benutzerfreundlichen Oberfläche ging das Lernen ruckzuck.«

Die Dailys waren täglich jeweils innerhalb von sechs Stunden nach Arbeitsbeginn abrufbar. Dailys eines ganzen Arbeitstages standen sechzehn Stunden nach Arbeitsbeginn zum Hochladen bereit. Der Schnitt erfolgte nie später als sechs Stunden nach dem eigentlichen Dreh. So konnte während des ganzen Ablaufs schnell auf Änderungen reagiert werden, auch wenn diese aus dem Studio kamen.

Mit Onset-Tools sind zwar schon länger spontan elementare Farbanpassungen und Änderungen durchführbar, aber erst die fortschrittlichere DAM-Lösung ermöglichte es, schnell und direkt sowie sorgfältigst auf die Anforderungen am Set zu reagieren. So ließen sich auch Probleme häufig sofort lösen. Auch die Dailys standen den Verantwortlichen im Studio derart schnell zur Verfügung, dass die beim Sichten von Filmmaterial angeforderten Farbänderungen sofort am Set umgesetzt und zur Abnahme ans Studio zurückgeschickt werden konnten. Das straffte und beschleunigte die Reaktionszeiten.

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Während des Finishings war das kollaborative Arbeiten ein großer Erfolg.

Dank dieser rasanten Umsetzung konnten die Leute vom Schnitt Szenen vom Drehtag direkt nach Erhalt zusammenstellen und manche Szenen sogar noch während des Drehs schneiden. Rohschnitte wurden häufig schon vor Ende des Tages oder am nächsten Morgen begutachtet. »Noch nie habe ich mich der Kamera so nah gefühlt wie bei diesem Projekt«, sagte Gibson.

Während des Finishings war das kollaborative Arbeiten ein großer Erfolg. Jedes Teammitglied arbeitete mit demselben Rohdatensatz, sodass jeder an der Fertiggestellung beteiligt war. Bei der farblichen Bearbeitung eines Shots wurden auch die Leute vom Schnitt zur Aktualisierung aufgefordert und konnten so die farblichen Änderungen auf dem neuesten Stand umgehend sehen. »Wir waren stets im Bilde, wann jemand mit der Farbe oder dem Schnitt beschäftigt war, eine Aufnahme mit visuellen Effekten versah oder wenn die Leute vom Sounddesign eine ganz neue Spur einbrachten«, so Hurlbut. »Wir hatten einen Kommunikationskanal, auf dem jeder alles live sehen konnte.«

Über »Bruderherz«:

»Bruderherz« zeigt Jay Reeves, Thaddeus J. Mixon, Corinne Foxx, Matthew Glave, Hunter Sansone und James Badge Dale in den Hauptrollen. Regie führte Reginald Hudlin, produziert wurde der Film von Mark Ciardi (PGA) und Gordon Gray und das Drehbuch stammt von Nick Santora. Executive Producer des Films sind Douglas S. Jones und Campbell McInnes.