Branche, Film, Studio, Unternehmen: 11.02.2022

Das älteste Filmstudio der Welt: 110 Jahre Studio Babelsberg

Am 12. Februar 2022 feiert Studio Babelsberg seinen 110. Geburtstag. Das weltweit älteste Großatelier-Filmstudio zählt heute wieder zu den führenden Filmstandorten Europas.

Studio Babelsberg, Pforte
Schon seit 110 Jahren werden in Babelsberg Filme produziert.

In Babelsberg wurde Filmgeschichte geschrieben, und auch heute setzt das Studio wieder Standards bei der Produktion deutscher und internationaler Filme und Serien: Dank modernster Studio- und Produktionstechnologien ist Babelsberg weltweit anerkannter Innovationstreiber im Bereich der Filmherstellung.

Studio Babelsberg, Logo
Auch im Logo von Studio Babelsberg gibt es eine Reminiszenz an »Metropolis«.
Start im Jahr 1912, Blick in die Zukunft gerichtet

Am 12. Februar 1912 starteten im »Kleinen Glashaus« in Babelsberg die Dreharbeiten zum Stummfilm »Der Totentanz« mit Asta Nielsen — das ist die Geburtsstunde von Studio Babelsberg. Das Studio erlebte seitdem fünf politische Systeme, prägte aber stets auch den technologischen Wandel der Filmindustrie mit — und hier entstanden unzählige Filme, darunter herausragende historische Produktionen wie »Metropolis«, »Der blaue Engel« und »Die Mörder sind unter uns«, aber auch besondere neuere Filme wie »Inglourious Basterds« und »Grand Budapest Hotel«.

Dr. Carl L. Woebcken, Vorstandsvorsitzender, Studio Babelsberg
Dr. Carl L. Woebcken, Studio Babelsberg.

Charlie Woebcken, Vorstandsvorsitzender Studio Babelsberg AG, blickt zurück: »110 Jahre Studio Babelsberg stehen gleichermaßen für die Geschichte und die Zukunft des Films. Wir schauen natürlich vor allem nach vorne und sind begeistert, wie rasant sich derzeit die Filmproduktionslandschaft entwickelt und welche bislang ungeahnten kreativen Möglichkeiten sich eröffnen. Wir freuen uns darauf, auch dieses nächste Kapitel des geschichtsträchtigen Standortes erfolgreich mitzuschreiben.«

Christoph Fisser, Vorstand Studio Babelsberg AG
Christoph Fisser, Studio Babelsberg.

Christoph Fisser, Vorstand Studio Babelsberg AG, bilanziert: »Auch mit einer 110-jährigen Tradition im Rücken gilt, dass Erfolg permanent hart erarbeitet werden muss. Studio Babelsberg ist eines der führenden Filmstudios in Europa, und wir werden mit neuen und bewährten Partnern, mit Kreativität, Spaß, Freude und Begeisterung für den Film, mit großer Offenheit für neue Ideen und Technologien dafür zu sorgen haben, dass es so bleibt.«

Studio Babelsberg, Woebcken, Fisser, © Matti Hillig
Christoph Fisser, Charlie Woebcken, Vorstände der Studio Babelsberg AG.

Eines der jüngsten Kapitel der Firmengeschichte ist, dass zum Jahresbeginn 2022 die Investmentfirma TPG Real Estate Partners eine Mehrheitsbeteiligung an Studio Babelsberg erworben hat. Studio Babelsberg soll aber weiterhin eine eigenständige Marke bleiben, als solche innerhalb der globalen Studioplattform Cinespace agieren und von Ressourcen und dem Netzwerk der internationalen Plattform profitieren. Die bisherigen Vorstände Woebcken und Fisser bleiben im Managementteam und sind auch weiterhin am Unternehmen beteiligt (Meldung).

Studio Babelsberg, Marlene-Dietrich-Halle, © Michael Lueder
Blick in die Marlene-Dietrich-Halle.
Wechselvolle Geschichte — mit vielen filmischen Highlights

Wie wechselvoll die Geschichte von Studio Babelsberg verlaufen würde, konnte man am 12. Februar 1912 mit dem ersten Drehtag von Urban Gads Stummfilm »Der Totentanz« natürlich nicht ahnen, aber Studio Babelsberg ist damit eine der Wiegen des deutschen Films und entwickelte sich rasch zum Zentrum des weltweit anerkannten Weimarer Kinos. Für die Großfilmproduktion »Metropolis« von Fritz Lang wird 1926 eigens das inzwischen »Marlene-Dietrich-Halle« genannte Großatelier errichtet. Diesen Filmtitel, die ikonischen Bilder und Plakate dieses Films kennen zahllose Menschen — auch solche, die diesen Film weder gesehen haben noch seinen Inhalt kennen.

Mit dem Bau des ersten europäischen Tonfilmateliers in Babelsberg im Jahre 1929, dem »Tonkreuz«, verwirklicht das Studio seine bis heute andauernde Tradition als Innovationsführer.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 werden unter der Aufsicht des »Ministeriums für Volksaufklärung und Propaganda« unrühmliche NS-Propagandafilme, aber auch Unterhaltungsfilme wie »Münchhausen« oder »Die Feuerzangenbowle« gedreht. Filmemacher und Regisseure wie Josef von Sternberg, Fritz Lang, Ernst Lubitsch, Billy Wilder und Stars wie Marlene Dietrich verließen unter diesen Verhältnissen nach und nach Deutschland. Gedreht wurde fast bis zum Schluss dieses Kapitels.

Traumfabrik, Szenenfoto, © Julia Terjung
Szenenfoto aus dem Film »Traumfabrik« aus dem Jahr 2019, der zu Zeiten der DEFA spielt.

Bereits 1946 fällt dann wieder im kriegsbeschädigten Studio die erste Klappe zu Wolfgang Staudtes »Die Mörder sind unter uns« mit Hildegard Knef. Im gleichen Jahr wird die DEFA (Deutsche Film AG) gegründet. Das Studio wird nach und nach wieder zum nahezu exklusiven Ort für die Kinospielfilmproduktion in der DDR (Meldung DEFA 75).

DEFA, Logo
Im Mai 1946 wurde die DEFA in Potsdam-Babelsberg gegründet.

In der Zeit bis 1990 entstehen auf dem Babelsberger Areal mehr als 700 Spielfilme, 750 Animationsfilme und 2.250 Dokumentar- und Kurzfilme. Nach dem Ende der DDR wurde die DEFA im Jahr 1990 umgewandelt, verkauft und mehrfach restrukturiert — dabei gab es durchaus auch einige sehr unschöne und unrühmliche Kapitel, etwa in Bezug auf die Treuhand und den phasenweisen Besitzer Vivendi (Beispiel). 2004 übernehmen die jetzigen Vorstände Dr. Carl Woebcken und Christoph Fisser das Studio, 2005 wurde Studio Babelsberg in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.

 Schild, Rainbow Stage, © David Marschalsky
Zu Ehren der Wachowski-Schwestern wurde Studio 20 als  »Rainbow Stage« benannt.

Seit der Privatisierung im Jahr 1992 entstanden zahlreiche deutsche und internationale Kinofilme in Babelsberg, darunter etwa »Der Pianist« (2002), »V wie Vendetta« (2005), »Das Bourne Ultimatum« (2007), »Die Fälscher« (2007), »The International« (2009), »Der Vorleser« (2009), »Inglourious Basterds« (2009) oder »Monuments Men« (2014). Welterfolge feierten auch »Die Tribute von Panem —Mockingjay« (2014), »Bridge of Spies« (2015) oder Filme von Wes Anderson: »Grand Budapest Hotel« (2014), »Isle of Dogs« (2018) und »The french Dispatch« (2021).

In den vergangenen 20 Jahren erhielten Produktionen, die bei Studio Babelsberg entstanden, 48 Oscar-Nominierungen und wurden mit insgesamt 15 Oscars in verschiedenen Kategorien ausgezeichnet.

Galerie aus diversen Studios, Werkstätten, Außenkulissen, Sets und Produktionen von Studio Babelsberg.

 

Mit der fünften Staffel von »Homeland« kommt 2015 die erste internationale High-End-Serie nach Babelsberg. Es folgen auch immer mehr serielle Formate und Produktionen für Streaming-Dienste, etwa »Berlin Station«  (2016-2019), »Senses 8« (2015), »Counterpart« (2017 – 2018), »Babylon Berlin« (seit 2017), »Dark« (2017 – 2020), »Foundation« (2021) oder »1899« (in Produktion).

Zuletzt wurden »Uncharted« (2022) mit Tom Holland und Mark Wahlberg sowie der vierte Teil der Matrix-Reihe, »Matrix Resurrections« (2021) in Babelsberg realisiert. Zu den kürzlich abgeschlossenen Dreharbeiten gehören außerdem »John Wick: Chapter 4«, »The last Voyage of the Demeter« und »Retribution«.

Studio Babelsberg heute

Das Studio betrachtet sich als zentralen Teil des Medienstandortes Babelsberg und des MediaTech Hub Potsdam, übernimmt immer wieder die Vorreiterrolle für neue technologische Entwicklungen.

Volucap-Studio, © Annika Buesse
Im Volucap-Studio.

So entsteht 2018 mit Beteiligung von Studio Babelsberg mit Volucap das erste volumetrische Studio auf dem europäischen Festland. Das mit 32 hochauflösenden Kameras ausgestattete Rundstudio ermöglicht innovative VR- und AR-Projekte (Meldung).

Die neueste technische Innovation: Dark Bay, ein Virtual Production Studio mit riesigen LED-Wänden.

2021 eröffnet das Dark Bay Virtual Production Studio auf dem Gelände, eine Kooperation zwischen Dark Ways und Studio Babelsberg (Meldung). Es ist eines der größten, permanent installierten LED-Studios für virtuelle Filmproduktionen in Europa. Anstelle des bisherigen Green/Blue-Screen-Verfahrens können nun digitale Hintergründe als 3D-Welt vorab kreiert und für die Dreharbeiten auf der LED-Wand in Echtzeit dargestellt werden. Die Netflix-Serie »1899« wird als erstes Projekt hier realisiert.