In die eigene Tasche
Derzeit wird in der großen Politik ein Schuldenerlass für die ärmsten Länder der Welt diskutiert, die sich ohne einen solchen Beschluss wohl auf absehbare Zeit nicht mehr aus der Schuldenfalle befreien können. Eine der Bedingungen der Geberländer für Schuldenerlass und geänderte Entwicklungshilfe ist, dass die betroffenen Ländern die Korruption eindämmen.
Wo Politiker, die sich standhaft weigern, ihren Teil zur Aufklärung illegaler Parteispenden beizutragen, weitgehend unbehelligt bleiben, da muss man sich nicht wundern, wenn solches Verhalten im allgemeinen Verständnis als Kavaliersdelikt gesehen wird. Der Schritt vom illegalen Handeln zugunsten einer Partei, eines Vereins oder eines Unternehmens hin zur persönlichen Bereicherung, er ist klein, und die Zahl derer, die ihn gehen, wächst offenbar beständig.
Wo blüht die Korruption am stärksten? Dort, wo der Bestochene sich privat bereichern und im Gegenzug anonymes Geld ausgeben kann: Steuern, Gebühren, Fördergelder, Aktionärsvermögen. Der Fisch fängt bekanntlich am Kopf an zu stinken: Abgeordnete, die wahlweise Zusatzgehälter aus der Industrie einstecken oder Sitzungsgelder und überhöhte Reisekosten abzocken. Pfahls und Schreiber. Geschmierte Betriebsräte bei VW. Die Litanei ließe sich fortsetzen.
Vielleicht liegt es an der Nähe der Medien zur Politik, dass man auch hier leicht fündig wird: Die von der früheren KirchGruppe an hochrangige Politiker bezahlten Beratungshonorare oder der endlose Fördersumpf um das Medienprojekt »High Definition Oberhausen«, fallen einem ohne langes Nachdenken ein. Das Ganze wird aktuell abgerundet durch die Bestechungsvorwürfe im TV-Sportbereich rund um den früheren HR-Sportchef Emig. Und natürlich auch durch die systematisch betriebene Schleichwerbung in etlichen ARD-Serien, die von der Bavaria produziert wurden — auch wenn man hier (noch) nicht von Korruption spricht, weil die Einnahmen aus den illegalen Geschäfte nicht direkt in private Taschen flossen.
Die Korruption ist allgegenwärtig, fast jeder in der Branche kennt konkrete Beispiele — zumindest vom Hörensagen: Motorradtouren leitender Fernsehangestellter auf Herstellerkosten, Yachtausflüge, Hubschrauberrundflüge und zahllose andere »Gefälligkeiten« auf der persönlichen, privaten Ebene. Vor diesem Hintergrund hat man schon eindeutige Vorstellungen, wenn etwa die Fifa verlauten lässt, man habe einen Deal »im Rahmen einer privaten Feier in Tokio besiegelt«.
Da kann man sich schon die Frage stellen: Wo leben wir eigentlich? Wirken so die »Kräfte des freien Marktes«? Ganz bitter wird es schließlich, wenn man hört: »Was sollen wir denn machen, wenn die anderen so arbeiten? Wenn wir da nicht mitmachen, dann sind wir draußen.« Bei dieser Überlegung bleibt ein entscheidender Aspekt außen vor: Letztendlich müssen wir alle dafür bezahlen — mit Geld und vor allem mit dem Verlust von Vertrauen und Sicherheit.
Sie werden sehen.