Editorial, Kommentar, Top-Story: 24.09.2009

Der gläserne Messebesucher

Mal angenommen, Sie hätten kürzlich eine Branchenmesse besucht. Um Zugang zu den Messehallen zu erhalten, mussten Sie sich zunächst mit Ihren persönlichen Daten registrieren, Sie erhielten dann einen Messeausweis. Dann lief alles wie immer: An den Eingängen stand Sicherheitspersonal, das kontrollierte, ob Sie einen Ausweis besitzen. Die Türsteher waren sogar etwas entspannter als in früheren Jahren und im wesentlichen nur darauf fokussiert, sicherzustellen, dass der Ausweis gut sichtbar getragen wird. An Ständen, wo sie Infomaterial haben wollten, wurde der Messeausweis gescannt, damit Ihnen das Material bequem nach Hause zugeschickt werden kann.

Ein paar Tage nach der Messe fanden Sie dann eine E-Mail in Ihrer Mailbox, in der sich ein Ihnen völlig unbekanntes Unternehmen für Ihren Standbesuch bedankt, der Hoffnung Ausdruck verleiht, dass Sie am Stand gut betreut wurden — und falls Sie noch Fragen hätten …

Was ist da passiert? In Ihrem Ausweis war — was Sie vielleicht gar nicht wussten — ein RFID-Chip eingebaut. Den kann man bekanntlich auch relativ einfach aus der Distanz auslesen, man muss ihn also nicht notwendigerweise aus der Nähe »scannen«, um registrieren zu können, ob und wann der Träger eines bestimmten Ausweises vorbeikommt.

Das eröffnet viele Möglichkeiten, die vielleicht im Einzelfall nicht genutzt werden, aber prinzipiell bestehen: So könnte etwa ein Messeveranstalter relativ leicht feststellen, wann Sie welche Halle betreten haben und wie lange Sie dort waren. Man könnte Bewegungsmuster erstellen. Man könnte sogar die Verweildauer an einzelnen Ständen erfassen und speichern, welche Stände Sie in welcher Reihenfolge besucht haben. Das sind Daten, nach denen sich die Sales- und Marketingabteilungen der Hersteller die Finger lecken und für die sie sicher auch einiges bezahlen würden.

Zurück zur Dankes-Mail: Vielleicht sind Sie während der Messe einfach mal — um den Weg abzukürzen — quer über den Stand einer Firma gegangen, deren Produkte Sie gar nicht interessieren und zu der Sie auch sonst keinen Bezug haben. Vielleicht wurde aber dabei Ihr RFID-Chip ausgelesen, die Firma hat Sie dementsprechend als Standbesucher registriert und aus der Registrierungsdatenbank Ihre Daten erhalten. Dann hat man Ihnen die Dankes-Mail geschickt — und falls Sie noch Fragen hätten …

Apropos RFID: Wenn man in den öffentlichen Verkehrsmitteln von Amsterdam eine Mehrfahrtenkarte nutzt, muss man damit jedes mal beim Ein- und Aussteigen auch mit dieser RFID-bestückten Fahrkarte ein- und auschecken — und falls dann noch Fragen auftreten …

Sie werden sehen.