Editorial, Kommentar, Top-Story: 09.10.2009

Die Zukunft des Fernsehens

Wie haben Sie erfahren, dass US-Präsident Barack Obama den Nobelpreis erhalten wird? Und wie hätten Sie etwas Ähnliches vor 15 Jahren erfahren? Und wie vor 30 Jahren?

Es steht unter diesem Aspekt nicht gut um die Relevanz des Fernsehens, das legen solche Fragen ganz schnell offen. Derzeit wird aber auf Kongressen gern über die Zukunft des Fernsehens diskutiert und dabei gibt es zwei Probleme: Zum einen existiert so etwas wie »das Fernsehen« als großer Block, über den man auch gesamtheitlich sprechen könnte, eigentlich schon ganz lange nicht mehr. Zum anderen sitzen auf den Podien mehrheitlich Leute, die mit der wahren Zukunft des Fernsehens gar nicht viel zu tun haben, denn die wird vom Zuschauerverhalten bestimmt — und hier, das liegt in der Natur der Sache, besonders von den jüngeren Generationen.

Einige der Ursachen für die Probleme in der TV-Landschaft lassen sich unter dem Schlagwort Fragmentierung zusammenfassen. So gibt es viele Nischen bei den großen Sendergruppen, vom Musikantenstadel über Live-Sport, amerikanische Krimiserien und Pilcher-Filme, bis zu Kurt Krömer: Programm für alle geht jenseits von »Wetten, dass« ganz offenbar nicht mehr, der Fernsehkonsens ist weg. Gleichzeitig gibt es auch eine stetig wachsende, bis ins Unüberschaubare angeschwollene Zahl von Spartensendern. Dennoch kann ein Spartensender, wenn sein Programm nicht so schmal angelegt ist, dass nur Werbetafeln für Sex-Hotlines oder Dauerwerbesendungen für Schmuck gezeigt werden, in den meisten Fällen letztlich doch nicht das bieten, was sich die Zuschauer von ihm wünschen und eigentlich haben wollen: die Befriedung individueller Informations- und Unterhaltungswünsche. Ein Beispiel: Wenn Sie sich für Sport interessieren, dann wollen DSF und Eurosport Sie bedienen. Wenn sich Ihr sportliches Interesse aber beispielsweise auf Rasenmäherrennen konzentriert, dann werden Sie bei diesen Anbietern nicht gut versorgt — der Spartensender ist für dieses spezielle Interesse eben doch noch zu breit. Im Internet dagegen …

So wird es zunehmend eng für klassische Broadcaster, zumal sich auch die Werbemittel fragmentieren. Und wer sich beim gebührenfinanzierten, öffentlich-rechtlichen Rundfunk relativ sicher vor solcherlei Unbill wähnt, der sollte mal einen Blick über die Landesgrenzen in andere europäische Staaten werfen um zu erkennen: Auch hierzulande ist eine große, grundlegende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unausweichlich — auch wenn es vielleicht noch Jahre dauert, bis sich diese Erkenntnis durchsetzt. Wenn die Relevanz des Fernsehens insgesamt und damit auch die des öffentlich-rechtlichen Rundfunks so weiter erodiert wie bisher, wenn Meinungsbildung eher anderswo stattfindet, dann könnte die Politik ihre schützende Hand sehr schnell zurückziehen.

Eine Prognose: Ohne eine Antwort auf das sich ändernde Verhalten der jüngeren Generationen, was den Umgang mit Information und Unterhaltung betrifft, wird das klassische Fernsehen langfristig nicht überleben – zumindest nicht in seiner jetzigen Form. Das Ganze wird nicht morgen kippen und auch nicht nächstes Jahr, aber es wird passieren. Und was kommt dann? On-Demand-Modelle sind ein heißer Tipp.

Sie werden sehen.