Editorial, Kommentar, Top-Story: 23.09.2011

Immer weitergehen: What’s next?

Bei einer Messe wie der IBC spielen neue Produkte und Ankündigungen eine wichtige Rolle. In diesem Jahr allerdings war in Amsterdam auch ein weltberühmter Regisseur in seiner neuen Rolle als Rettungssanitäter für das etwas schwächelnde Thema Stereo-3D unterwegs – und stahl dabei vielen die Show: James Cameron, der mit »Avatar« und »Titanic« die beiden kommerziell erfolgreichsten Filme aller Zeiten gedreht hat, erschien während der IBC2011 nahezu omnipräsent. Er war als Promoter der Cameron Pace Group zugegen, die er mit Stereo-3D-Spezialist Vince Pace gegründet hat. Aber er hatte auch eine größere Mission, nämlich durch die Verkündung von allerhand Allianzen und Initiativen das Thema Stereo-3D insgesamt wieder weiter nach vorne zu bringen — besonders im TV-Bereich.

Dass in puncto Stereo-3D hier derzeit einiges im Argen liegt, kann man etwa daran erkennen, dass das ZDF zwar einen vielbeachteten Stereo-3D-Film über die »Huberbuam« gedreht hat, diesen Film über die deutschen Extremkletterer aber eben nicht als TV-Programm ausstrahlt: Im Fernsehprogramm wird es nur eine stark vom Stereo-3D-Film abweichende 2D-Version geben.

Wie es in Zukunft aus technischer Sicht weitergeht — bei Stereo-3D, aber auch anderswo — das beschäftigt indessen nicht nur James Cameron, sondern die ganze Branche. Welche Technologien kommen und haben realistische Marktchancen, wie sieht der Medienmix der Zukunft aus?

HD ist als Messethema längst durch, auch wenn das in der Praxis auf der Anwenderseite oft noch ganz anders aussieht und etwa immer wieder Zahlen auftauchen, die davon ausgehen, dass weltweit betrachtet 50 bis 70 % der Broadcaster noch weit überwiegend in SD produzieren. Die Herstellerseite jedoch konzentriert sich längst auf andere Felder: Sonys Slogan »Beyond HD« zielt auf die nächsten Auflösungsstufen: 4K und 8K. Mit der 8K-Kamera F65 hat der Hersteller dazu auch das passende Produkt und versucht, 4K-Workflows möglich zu machen.

Panasonic geht das Thema Auflösung von der Codec-Seite her an und stellte mit AVC-Ultra einen auf AVC-Intra aufbauenden Codec vor, der sich besonders für Applikationen mit hohen Anforderungen an die Datenrate eignen und bei gleicher Datenrate höhere Bildqualität ermöglichen soll als bisherige Codecs.

Auch am Thema Super Hi-Vision wird munter weitergekocht: Der japanische Broadcaster NHK hatte dieses Thema außerhalb Japans erstmals zur NAB2006 unter dem Arbeitstitel Ultra-HD präsentiert, seit 2008 ist das Verfahren offiziell in »Super Hi-Vision« umbenannt. Trotz 8K-Auflösung (7.680 x 4.320 Pixel) und 22 Audiokanälen will der Sender es schaffen, ab 2020 regelmäßig TV-Signale mit diesen Eckdaten zu übertragen. Dafür hat der japanische Broadcaster unter anderem gemeinsam mit Sharp in diesem Sommer den Prototypen eines passenden 85-Zoll-Bildschirms vorgestellt. 85 Zoll entsprechen 2,15 m Bilddiagonale – und repräsentieren aus europäischer Sicht nicht unbedingt die passende Display-Größe, um sie zusammen mit 22 Lautsprechern im Wohnzimmer zu platzieren. In Japan liegt die durchschnittliche Wohnfläche pro Person bei knapp 30 Quadratmetern, gegenüber knapp 40 Quadratmetern in Deutschland (laut statistischen Erhebungen aus dem Jahr 2000): Durch solche rein praktischen, erdverbundenen Erwägungen lässt man sich aber bei NHK offenbar nicht von großen Visionen abbringen.

Höhere Auflösungen erfordern höhere Datenraten und hier kommt ein anderes Thema ins Spiel: Wenn sich Smartphones und Tablets immer mehr zu mobilen Empfangsstationen für Medieninhalte entwickeln und sich immer weiter verbreiten, dann bieten die bisherigen Netze keine ausreichenden Übertragungskapazitäten mehr: Also muss rasch flächendeckend LTE-4G-Mobilfunk her, um diese nächste Stufe der Übertragung von TV-Inhalten per Handynetz zu ermöglichen.

So kommt immer eins zum anderen und es zeigt sich: Nur wenn die technische Entwicklung in ganz verschiedenen Bereichen des Markts im gleichen Takt voranschreitet, lassen sich Neuerungen wirklich sinnvoll umsetzen und im Markt etablieren. Und so kommen wir wieder zurück zu den »Huberbuam«, die das ZDF in Stereo-3D aufgenommen und postproduziert hat, aber eben nicht in 3D ausstrahlt.

Sie werden sehen.