Editorial, Kommentar, Messe: 12.09.2016

Ist 4K das neue HD? Und was ist mit HDR?

4K zählt schon seit vielen Messen zu den dominanten Themen der Branche. Für sehr viele Anwender, vielleicht sogar für die Mehrheit, ist es aber — da muss man sich nichts vormachen —  immer noch ein Zukunftsthema. Doch die IBC2016 markiert hier in gewisser Weise einen Wendepunkt: Viele Gesprächspartner erwähnten gegenüber film-tv-video.de, dass es nun nach einer langen Phase der Sondierungen und Vorgespräche, sehr viel mehr konkretes Kaufinteresse gebe.

Für die Hersteller hingegen hat 4K über die Zeit sogar schon langsam an Strahlkraft verloren. Also wird hier zusätzlich über HDR gesprochen oder über 8K — und manchmal auch über noch mehr Auflösung.

Das hat jetzt schon eine Folge, die sich in den kommenden Monaten und Jahren verstärken wird: Wer heute neues Equipment kauft, der wird in der Regel 4K haben wollen und zumindest einen Pfad oder eine Option in Richtung HDR. Ordentlich Zeitlupe on top, wäre natürlich auch nicht schlecht.

So richtet sich also der Blick über 4K hinaus in Richtung HDR. Wie HDR in der Praxis implementiert werden soll, bleibt aber derweil eher noch unsicher.

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HDR wird wichtiger.

Viele Fragen sind noch offen: Wie und wann bringt welcher Broadcaster HDR zum Endkunden? Was nutzt es, wenn man zwar Studiokameras besitzt, die 4K und HDR bieten, während es aber gleichzeitig an allen anderen Ecken und Enden noch klemmt?

Wie sieht es etwa aus mit Kameras, die 4K, HDR und Slomo in einem Gerät kombinieren? Fehlanzeige: Braucht man aber, um zeitgemäße Sportübertragungen zu realisieren. Gibt es professionelle, live-fähige Minikameras, die 4K und HDR beherrschen? Fehlanzeige: Braucht man aber im Sportbereich, bei Konzerten und vielen anderen Gelegenheiten.

Wir erzeugt man aus 4K-HDR-Material in Echtzeit ein HD-Signal, das man aber zweifellos noch für geraume Zeit parallel benötigen wird? Gibt es dafür die passenden Wandler und die Infrastruktur? Eher nein. So könnte man noch viele weitere Fragen stellen.

Es bleibt also immer die Diskrepanz zwischen der Anwenderrealität und der Herstellervision — und bei Messen wie der IBC tritt diese ganz besonders zutage.

Lassen wir in diesem Zusammenhang zusätzlich auch mal den Blick zu den öffentlich-rechtlichen Sendern schweifen, die in Deutschland immer noch ein echtes Pfund im Markt darstellen: Einige haben ihr Programm tatsächlich erst vor kurzem auf HD-Produktion umgestellt. Und alle zusammen senden ihr Programm noch nicht mal mit 1.080, sondern mit 720 Zeilen. Da wäre der Schritt hin zu 1.080p schon mal ein ordentlicher Sprung.

Bis also hier auf der Anwenderseite etwas entscheidendes in Richtung 4K und HDR passiert, werden — das ist völlig klar — noch etliche Jahre ins Land ziehen. Wer erst vor kurzem gerade mal seine SD-Infrastruktur auf HD migriert hat, lacht bestenfalls hysterisch auf, wenn er schon wieder investieren soll.

Sollte man es deshalb sein lassen, sich mit den neuen Technologien zu beschäftigen? Eine rein rhetorische Frage, wenn man nicht direkt vor der Rente steht.