Editorial, Kommentar: 09.02.2017

Do more

Vor etlichen Jahren — um genau zu sein: im Jahr 2005 — führte Avid einen neuen Slogan ein: »Do more«. Das Unternehmen nutzte diesen Slogan dann eine Weile und ließ ihn schließlich ziemlich rasch wieder in der Versenkung verschwinden.

Avid David Krall
»Do more« bei der NAB 2005: Der damalige Avid-CEO David Krall.

Zeit für eine abenteuerlich-abstruse Verschwörungstheorie: Mittlerweile hat dieser Slogan, der natürlich nicht in jedem Zusammenhang nur positive Assoziationen weckt, im verborgenen weiter gewirkt. Der von Avid in die Welt gesetzte Geheimbefehl hat mittlerweile allem Anschein nach fast die ganze Branche infiltriert und überrollt: Alle müssen jetzt mehr tun.

Als aktuelles Beispiel dafür wollen wir hier mal die TV-Berichterstattung über das Endspiel der höchsten Football-Liga in den USA betrachten. Beim »Super Bowl« wird seit jeher ein großer Aufwand getrieben, er ist das größte Sportereignis der USA — und damit auch eine wichtige Plattform für Werbung und Show-Einlagen.

Auch diese Beiden folgen — wie David Krall — dem früheren Avid-Motto nun außerhalb dieses Unternehmens: Mathias Eckert und Michael Dalock-Schmidt.

Die gigantischen Einschaltquoten und die riesigen Geldsummen, die mit diesem Endspiel verbunden sind, rechtfertigen in der Logik der Rechteinhaber beinahe jeden Aufwand. Daraus ist eine Spirale entstanden: Es ist eben mittlerweile auch ein immer größerer Aufwand nötig, um die verwöhnten Zuschauer noch zu locken, zu aktivieren und zu binden.

Konkrete Beispiele gefällig? Um Replays aus der Sicht von Spielern auf dem Spielfeld erzeugen zu können, installierte Intel 38 5K-Kameras im Stadion. Fox Sports hatte 36 TV-Kameras aufgebaut, um aus dem Discovery Green Park in Houston vom Umfeld des Spiels zu berichten. Für die Produktion des eigentlichen Endspiels setzte der Sender dann mehr als 70 Kameras im NRG-Stadion ein – darunter auch eine in 8K.

Aber damit ist es bei weitem nicht getan: Heute müssen neben dem klassischen TV-Programm auch noch zahlreiche weitere Kommunikationskanäle bedient werden: Apps, Websites, Streaming-Portale, Social Media — Rechner und Smartphones müssen eben auch gefüttert werden, wenn man echte Breitenwirkung erreichen will.

So ist ein interessantes, letztlich auch widersprüchliches Biotop entstanden: Während einerseits die Rechte immer teurer werden, sollen die »normalen« Produktionskosten immer weiter sinken — bei weiterer Steigerung der technischen und gestalterischen Qualität. Es muss schließlich Luft bleiben für neue, ungewöhnliche On-Top-Technologien. Gleichzeitig müssen dann mit den bestehenden und neuen Angeboten immer mehr Plattformen bedient werden.

»Do more« hat also in der Branche mittlerweile sehr viele Bedeutungen und ist zu einem vielschichtigen Phänomen mutiert — und ein Ende ist nicht absehbar.
 
Sie werden sehen.