Preis: 26.06.2017

Deutscher Kamerapreis 2017 vergeben

Neun Kameramänner und zwei Editoren wurden am 24. Juni 2017 in Köln in den Studios des Westdeutschen Rundfunks im Rhamen des Deutschen Kamerapreises ausgezeichnet.

Die Gewinner der einzelnen Preise überzeugten die Jury unter dem Vorsitz von Filmemacher Adolf Winkelmann mit ihren Leistungen. Insgesamt nahmen  rund 400 Einreichungen am Wettbewerb um die in verschiedenen Kategorien ausgelobten Preise teil.

Deutscher Kamerapreis 2017
Deutscher Kamerapreis 2017: Die Preisträger posieren mit ihren Auszeichnungen gemeinsam mit Moderator Thomas Hermanns, Jurychef Adolf Winkelmann und dem Geschäftsführer des Deutschen Kamerapreis, Christoph Augenstein.
Preisverleihung

Die Preisverleihung zum 27. Deutschen Kamerapreis fand am 24. Juni 2017 unter Federführung des WDR in Köln statt. Moderiert wurde die Veranstaltung von Thomas Hermanns. Nominiert waren 23 Kameraleute, Filmeditorinnen und -editoren mit Produktionen aus den Kategorien Kinospielfilm, Fernsehfilm, Kurzfilm, Journalistische Kurzformate, Dokumentarfilm/Dokumentation sowie der Wechselkategorie Outdoor Film.

Adolf Winkelmann meint: »Dieser Preis ist einzigartig, weil er ohne Rücksicht auf Markt und Moden, auf kommerziellen Erfolg und Quoten einfach nur die künstlerische Leistung und Phantasiearbeit der Bildgestalter und Editoren auszeichnet.« Christoph Augenstein, Geschäftsführer des Deutschen Kamerapreises Köln e. V. ergänzt: »Vor 35 Jahren ist der Preis zum ersten Mal verliehen worden – um jene Bildgestalter in den verdienten Mittelpunkt zu stellen, die uns mit ihren Bilderwelten auf besondere Weise berühren und faszinieren. Exzellenz auszeichnen und Talente fördern – diese Grundidee des Deutschen Kamerapreises ist so aktuell wie am ersten Tag.«

Ehrenpreis für Jo Heim

Diesjähriger Ehrenkameramann ist der Wahlkölner Jo Heim, der aus Sicht der Veranstalter alle Genres virtuos beherrscht, vom Thriller über die Komödie bis hin zum Musik- oder Dokumentarfilm. Mit einer ebenso unglaublichen Vielfalt in der Gestaltung gebe er »den Geschichten seiner Filme Raum für die Fantasie ihrer Betrachter«, so das Kuratorium Deutscher Kamerapreis in der Begründung.

Beste Kamera Kinospielfilm

Für seine Bildgestaltung in »Manifesto« (BR) ehrt die Jury Christoph Krauss, der einer Videoinstallation des Künstlers Julian Rosefeldt zum Sprung auf die Kinoleinwand verhilft. »Diese gelungene Transformation verdankt sich einerseits dem Regiekonzept, andererseits der geradezu majestätischen Kameraarbeit«, so die Jury. »Es ist die besondere Leistung der Kamera, die Bandbreite der unterschiedlichen Settings auf eine nahezu metaphysische Weise zu verbinden.«

Beste Kamera Fernsehfilm

Börres Weiffenbach mache für den Wirtschaftsthriller »Dead Man Working« (HR/ARD Degeto) mit seiner Kamera das sichtbar, was sonst nur im Verborgenen bleibe: »Menschen, die als Versuchstiere in gläsernen Käfigen eingesperrt sind. Mathematische Formeln, die schwebend grafische Muster auf Menschen und Räume werfen«, führt die Begründung der Jury aus. »Das abstrakte Mach- und Machtwerk der Finanzjongleure versinnlicht sich in seiner Kameraführung auch im Cinemascope-Format.«

Beste Kamera Dokumentarfilm/Dokumentation

Für das dokumentarische Experiment »Untitled« (Lotus Film/Razor Film), das während vieler Reisen durch Europa und Afrika entstand, habe Attila Boa sein Staunen, seine Neugier und Empathie mit dem Publikum geteilt. Die Jury meint: »Seine Kameraarbeit ist präzise — sie lenkt den Blick, aber engt ihn nicht ein. Die Achtung vor der Natur, vor dem Menschen und seinem Überlebenskampf zeigen sich in Attila Boas Bildern in schonungsloser Reflexion. Ihm gelingt es, Situationen zu verdichten und auf das Wesentliche zu reduzieren.«

Beste Kamera Outdoor Film

Das Leben der Irish Travellers und ihre Beziehung zu Pferden zeigt Maximilian Pittner in »Urban Cowboiz« (Filmakademie Baden-Württemberg). »Bei seinem Porträt einer Lebensweise, die bewusst mit Normen gebrochen hat, zeigt Pittner den Mut, sich bei seiner Bildsprache auf das Wesentliche zu beschränken«, lobt die Jury. Der 1994 geborene Kameramann finde »die Gestaltungsmittel für einen ungefilterten, ehrlichen und authentischen Blick auf die Protagonisten.«

Beste Kamera Kurzfilm

»Berlin Metanoia«, dritter Teil von Erik Schmitts Berlin-Kurzfilmtrilogie, sei ein Stadt-Portrait der besonderen Art, hebt die Jury hervor. Johannes Louis habe sich »schnörkellos und selbstverständlich einem skurrilen Panoptikum genähert: Er präsentiert mit seiner Kamera diesen skurrilen Wahnsinn ohne jede Selbstverliebtheit, sachlich aus dem Hintergrund, und scheint selbst erstaunt zu sein über das, was er sieht.«

Beste Kamera Journalistische Kurzformate

In Sumba, einer der ärmsten Regionen Indonesiens, sind die Menschen verrückt nach Pferdewetten, auch wenn diese verboten sind. Ein erfolgreicher Kinderjockey kann dort 500 Euro pro Woche verdienen. Doch das Risiko ist groß. In der Reportage »Weltreisen: Indonesien – Die Kinderjockeys von Sumba« (NDR) brillierte aus Sicht der Jury die Kamera von Wolfgang Schick. Seine Arbeit überzeugte die Jury »auf der einen Seite durch ein hohes Gespür für Timing, Situationen und Emotionen; sie schafft es andererseits, die Spannung der Geschichte durch eindrucksvolle Bilder zu entfalten.«

Bester Schnitt Langformat

Mit seiner Montage habe es Chris Wright geschafft, das offensichtlich aggressive Thema Mixed Martial Arts liebevoll umzusetzen, urteilt die Jury. Wenn in »Fighter« (Corso Film/ZDF/3Sat) »der Blick auf dem Protagonisten verweilt, ist der Zuschauer Teil der emotionalen Welt. Humorvoll und emphatisch spiegelt der Schnitt das aufrichtige Interesse an Menschen wider und bricht mit Vorurteilen.«

Bester Schnitt Kurzformat

Mit einer besonderen Ausgabe des Jan Böhmermann-Talks »Neo Magazin Royale – Talk mit Anne Will« (btf/ZDF) unterläuft David Wieching die »Erwartungshaltungen und spielt gekonnt mit Fernsehzitaten und -klischees«, findet die Jury. Wiechings Montage sei »ein selbstreferenzieller, dekonstruktiver Trip durch die Medienwelten, der dem Zuschauer den Boden unter den Füßen wegzieht, ihn durch die diversen Tunnel des TV-Trashs fallen lässt, nur um ihn gleich wieder auf dem heimischen Sofa auszuspucken.«

Nachwuchspreise

Mehr als 80 Produktionen wurden für die diesjährigen mit jeweils 5.000 Euro dotierten Nachwuchspreise eingereicht, die von der Film- und Medienstiftung NRW und Panasonic gestiftet werden. Ausgezeichnet wurden der 1982 in München geborene Joe Berger für »Cigarbox Blues« (Hamburg Media School) und der 1979 in Erlenbach am Main geborene Felix Striegel für »Watu Wote« (Hamburg Media School).