Kurznachrichten: 13.03.2019

News: Kurz und knackig – KW 11.19

Europa wehrt sich gegen die Streaming-Giganten aus den USA: Die ARD schlägt eine europäische Plattform vor; in England und Frankreich reifen nationale Pläne. Studien sehen Netflix bei den Streamern auf 1, aber lineares TV hat noch lange nicht ausgedient. ProSiebenSat1 bilanziert 2018 verhalten und legt sich einen CTO zu. BFFS und Ver.di schreiben einen neuen Preis für faire Filme und Serien aus. Frauen führen jetzt drei – bald vier? – der neun ARD-Anstalten.

Broadcast

Die ARD schlägt eine europäische Digitalplattform vor. »Wir brauchen eine europäische Alternative zu diesem Monopol« der globalen Internetkonzerne. Die Initiative sollte von Deutschland und Frankreich ausgehen, so der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm. Er glaubt, dass sich auch Großbritannien trotz des Brexit beteiligen werde.
Der britische Channel4 vor hat sich in die Verhandlungen von BBC und ITV über eine gemeinsame Streaming-Plattform »Brit Box« eingeklinkt. Zugleich poole man Content über den EBU-Programmaustausch mit ProSieben, TF1 und MediaSet, um international zu verkaufen.
Der französische TV-Konzern hatte im Herbst seinen Streamingdienst CanalPlay aufgegeben, nachdem die Abo-Zahlen von 800.000 auf 200.000 implodierten. Ab sofort soll Canal+Series mit konzerneigenem Stoff und Exklusivem von Showtime und FX sowie Highlights aus England gegen Netflix & Co. antreten. Im Kampf um junge Zuschauer spielt auch der Monatspreis von 6,99 (Netflix: 9,99) Euro eine Rolle.
Zum Weltfrauentag startete die Deutsche Welle den Facebook-Kanal »DW Women«. Dafür wurden die vorhandenen Kanäle »Women Talk Online« und »Global Society« gebündelt und mit dem Besten des gesamten Senders ausgestattet. Women empowerment wird als Profilthema des Auslandssenders der Bundesregierung herausgestellt.

Branche

Disney, NBC Universal, Sony und Warner verzichten verbindlich auf Geoblocking und erleichtern den europaweiten Zugang zu ihren auf Sky UK verfügbaren Inhalten. Damit wird eine 2015 erhobene Forderung der EU-Wettbewerbshüter akzeptiert, was Paramount bereits 2016 getan hatte.
Nach dieser Entscheidung fordert die Spitzenorganisation der deutschen Filmwirtschaft (SPIO) erneut die Beibehaltung des Territorialprinzips als eine »für unabhängige Produktionen aus Deutschland und Europa wesentliche Säule der Finanzierung«, so SPIO-Präsident Alfred Holighaus. Die EU-Kommission stelle klar, dass ihre Entscheidung nicht ohne Weiteres auf ähnliche Verträge angewendet werden könne, hob er hervor.
ProSiebenSat1 verlängerte den Deal mit Constantin Film um die Übernahme aller Kino-Eigen- und Koproduktionen mit Drehbeginn ab Januar 2019 bis Dezember 2021. Dazu gehört u.a. Bora Dagtekins neue Komödie »Das perfekte Geheimnis«.
Die Astra-Plattform HD+ partnert mit Samsung und Panasonic. Ab Frühjahr 2019 werden hochwertige TV-Geräte mit einem integrierten Zugangsmanagement für HD+ ausgeliefert, so dass Kunden keine Smartcard benötigen. Für die Freischaltung muss das Gerät mit dem Internet verbunden sein. Technische Grundlage ist die HbbTV Operator App, die Plattformbetreibern ermöglicht, eigene Benutzeroberflächen auf Endgeräte zu bringen.

Unternehmen

ProSiebenSat1 will sich wegen weiter sinkender Werbeeinnahmen stärker auf seine Digitalgeschäfte konzentrieren. 2018 wird vorläufig ein Umsatz von 2 Mrd. Euro (minus 2 Prozent) bilanziert; der Gewinn halbierte sich nach hohen Abschreibungen auf 248 Mio. Euro. 2019 werden 120 Mio. Euro in Content investiert. Weitere 100 Mio. Euro sind für die gemeinsame Streaming-Plattform mit Discovery vorgesehen.

Studien

Lineares Fernsehen kann man nicht totreden. Das bestätigt die AG Videoforschung der TV-Veranstalter, in deren Quotenmessung jetzt auch Youtube einfließt. Unter den 267 Minuten, die Erwachsene im Oktober 2018 täglich fernsahen, führt lineares TV klar mit 232 Minuten. 33 Minuten verteilen sich auf Youtube und 2 Minuten auf Streamings der Sender. Von beiden entfallen 21 Minuten auf mobile Nutzung. Unberücksichtigt sind die großen Streamingdienste.
2018 wurden weltweit 221 Mio. TV-Geräte verkauft. Laut IHS Markit wurde der Anstieg um 2,9 Prozent (Deutschland: minus 3,9 Prozent!) vor allem im Vorfeld der Fußball-WM erreicht. Im Weihnachtsquartal hatten erstmals mehr als die Hälfte der abgesetzten Geräte große UHD-Displays, von denen übers Jahr 99 Mio. gehandelt wurden. Auch »smarte« Ausstattungen treiben den Verkauf. Mit weltweit 18.600 Einheiten spielte 8k keine Rolle (Grafik klickbar).
2018 zog Netflix 52 Prozent der Streaming-Umsätze in 18 Ländern Europas auf sich. Mit großem Abstand folgt Amazon Prime (21 Prozent). 89 Prozent der 6 Mrd. Dollars Verbraucheraufwendungen für Online-Videodienste flossen in die Kassen der Top5, so Analysten (Grafik klickbar).
Das Musikstreaming hat dem CD-Verkauf in Deutschland den Rang abgelaufen. 2018 gingen die Erlöse mit Silberlingen um 20 Prozent auf 579 Mio. Euro zurück. Laut Bundesverband Musikindustrie fiel der Marktanteil der CD auf 36,4 Prozent. Streaming hielt 2018 46,4 Prozent am Gesamtmarkt von 1,58 Mrd. Euro (minus 0,4 Prozent).

Personalia

Den neuen Posten des Chief Technology Officer besetzte die ProSiebenSat1 Media SE mit Nick Thexton. Er wird Mitglied des erweiterten Executive Boards und soll ab Juni in allen Unternehmensbereichen »die weitere Transformation hin zu einem technologie- und datenbasierten Konzern« vorantreiben. Thexton war zuletzt bei Inmarsat, davor Technikchef u.a. bei YouViewTV und Channel4.
»Mit großer Mehrheit« wählte der Rundfunkrat Yvette Gerner zur Intendantin von Radio Bremen. Die derzeitige Chefin vom Dienst in der ZDF-Chefredaktion tritt die Nachfolge von Jan Metzger am 1. August an. Sie ist die erste Frau nach acht Männern an der Spitze des Senders und die fünfte Frau, die eine der neun ARD-Anstalten führt.
Um den ab Jahresmitte zu besetzenden Chefposten des SWR konkurrieren ARD Aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke und die Landessender-Direktorin Baden-Württemberg des SWR Stefanie Schneider. Über die Nachfolge von Peter Boudgoust, der auf eigenen Wunsch vorzeitig aus dem Amt scheidet, entscheiden Rundfunk- und Verwaltungsrat am 22. März.
Die Kölner TV-Produktion verliert Andreas Viek, seit 2001 im Unternehmen, seit 2004 Mitglied der Geschäftsführung und für den Bereich »Light Entertainment« verantwortlich. Er geht auf eigenen Wunsch.
Mediennetzwerk.NRW, eine Tochter der Film- und Medienstiftung NRW für die Förderung und Vernetzung der Digital- und Gamesbranche, verstärkte das Team mit Till Hardy (Games-Förderung). In dem Bereich ist Alex Ziska auf der neuen Position des Netzwerkreferenten tätig. Er wird von Sophia Henning unterstützt.

Preise und Auszeichnungen

Der Schauspielerverband BFFS und Ver.di loben den Deutschen Fairnesspreis 2019 aus. Am 13. September wird im Berliner Zoo-Palast eine fiktionale Film- oder eine Serienproduktion gewürdigt, »die in besonderer Weise den Blick auf das Thema Fairness in all seinen gesellschaftlich relevanten Aspekten lenkt«. Fokusthema in diesem Jahr ist Diversity. 20 Branchenverbände können bis Ende April jeweils eine Produktion vorschlagen, die zwischen dem 1. April 2018 und dem 31. März 2019 herausgebracht und unter fairen Produktionsbedingungen entstanden ist. Drei der fünf Juryplätze stehen jährlich rotierend den Branchenverbänden zur Verfügung.