Messe, Top-Story: 13.08.2004

Großer Erfolg: Digitale Cinematographie

Während des Filmfests München fand im Forum im Deutschen Museum die Veranstaltung »Digitale Cinematographie« statt. Vorträge, Screenings, Workshops und eine Ausstellung informierten über aktuelle Trends in der digitalen Produktion für Kino und Fernsehen.

»Diese Veranstaltung hat uns mehr gebracht, als mancher andere, ähnliche oder größere Event, an dem wir schon teilgenommen haben.« So und ähnlich konnte man schon während der eintägigen Veranstaltung »Digitale Cinematographie« von vielen Besuchern und Ausstellern hören, die daran teilgenommen hatten. Auch die Organisation wurde gelobt, und die überwiegende Mehrheit der Aussteller zeigte sich ausgesprochen zufrieden.

Mehr als 500 Besucher, die sich für das klar fokussierte Thema des Events interessierten, waren vor Ort. Tatsächlich kam einiges zusammen, was zum Gelingen einer solchen Veranstaltung wichtig ist.

Die Terminierung zwischen NAB und IBC passt perfekt und dass diese eher technische Veranstaltung parallel zum Filmfest stattfindet, wo es weniger um die Produktion, als um das fertige Produkt geht, hat ganz zweifellos ebenfalls positive Wirkungen entfaltet. In kaum einem anderen Medium ist schließlich die Verknüpfung von Technik und Kreativität so eng, gibt es so viele Berührungspunkte zwischen den verschiedensten Welten, wie beim Film. Die Verbindung vom Endprodukt und den Werkzeugen, mit denen es hergestellt wurde, sie liegt deutlich auf der Hand.

Den Veranstaltern Ludwig Kameraverleih, Band Pro, Swiss Effects und MKMedia Production, die sich zum High Definition Center zusammengeschlossen haben, war es gelungen, namhafte Referenten für die Workshops zu gewinnen, interessante Projekte im Rahmen der Screening-Sessions vor zu stellen und in der kleinen Ausstellung überraschend viele der in diesem Branchensegment wichtigen Firmen als Aussteller zu versammeln. Die Gefahr, das Ganze nur zu einer regionalen Leistungsschau werden zu lassen, hatten die Veranstalter erfolgreich gebannt.

So trafen sich in entspannter, aber anregender Atmosphäre Experten, Branchen-Insider und Interessenten, ohne dass nur ein weiteres mal »die üblichen Verdächtigen« zusammengetroffen wären, um sich wieder einmal gegenseitig zu bestätigen, wie toll sie doch sind. Ganz im Gegenteil: Wer wollte, konnte in einer offenen Atmosphäre Neues erfahren und die Zukunftsperspektiven der digitalen Cinematographie diskutieren.

Die Veranstaltung war kostenlos, das Programm und die Ausstellung liefen von 10 bis 18 Uhr. Veranstaltungsort war das Forum am Deutschen Museum in München, unmittelbar auf der Isar-Museumsinsel gelegen. (Der Veranstaltungsort hieß früher Forum der Technik, dann Amazeum und beherbergt unter anderem mehrere Kinosäle, ein Planetarium, ein Imax-Kino und vieles mehr.)

Die Screenings und Workshops der Veranstaltung sind nun Vergangenheit, aber teilweise schon jetzt und in Kürze weiter wachsend, soll ein Großteil der Präsentationen und Infos auf der Website www.digitale-cinematographie.de zur Verfügung stehen. Eventuell wird es sogar eine DVD geben, die verschiedenes Material zusammenfasst.

AUSSTELLUNG
In der angegliederten Ausstellung gab es die Möglichkeit, aktuelle HD-Produkte zu sehen und mit Experten zu reden.

Zu sehen waren HD- und Cine-Objektive von Canon, Fujinon (gezeigt vom Fujinon-Vertrieb Videor Technical) und Zeiss. HD-Kameras von Sony und Panasonic gab es an verschiedenen Ständen zu sehen. Panasonic hatte einen eigenen Stand aufgebaut, Sony wurde von Videocation vertreten. Ludwig Kameraverleih zeigte an einem als Set aufgebauten Blumenstand mit mehreren Kameras, Licht, Kamerasupport und Zubehör, was für die digitale Produktion heute in der Praxis zur Verfügung steht und was damit möglich ist.

Meistens stark umlagert: Arris D-20. Der Hersteller zeigte die Vorversion seiner digitalen Kamera mit der zweiten Chip-Generation. Dabei wurde laut Arri besonders das Processing, also das Auslesen des Chips und das Aufbereiten der Bildinformationen verbessert. In der nächsten, dritten Stufe soll eine aktive Chipkühlung folgen, die das Rauschverhalten noch wesentlich verbessern soll. Außerdem soll die kommende Chip-Version auch stabilere Farben liefern, was durch einen Schwarzabgleich nach jedem einzelnen Bild erreicht werden soll. Auch beim Belichtungsspielraum sollen diese Neuerungen Fortschritte bringen, man rechnet bei Arri mit etwa zwei Blenden Zugewinn. Beim Thema Ausgabe der Bilddaten gibt sich Arri offen und flexibel: Je nach Bestückung mit Output-Boards, gibt die D-20 Videosignale oder Daten aus.
Bis zur IBC2004 will Arri nach eigenen Angaben vier bis sechs Prototypen bauen, die dann über Verleiher zum Betatest angeboten werden. Einer der Testpartner steht mit Studio Hamburg schon fest (siehe Meldung hierzu). Mit einer ersten Serienversion rechnet man bei Arri für Ende 2005. Bis dahin soll es stetige Weiterentwicklungen und Verbesserungen geben, die etwa auch den kabellosen Betrieb betreffen sollen.

Thomson hatte ebenfalls einen Stand aufgebaut und zeigte seine Viper-Kamera, die als erstes Gerät in der Akquisition mit Daten in Filmauflösung arbeitete. Die Viper ist dementsprechend auch schon weit entwickelt und es gibt etliche Produktionen, bei denen diese Kamera schon eingesetzt wurde.

Mit breitem, aber themenspezifischem Sortiment vertreten: Band Pro. So zeigte Band Pro die HD-Slow-Motion-Kamera Cine SpeedCam, die das Unternehmen zusammen mit dem Industriekamera-Hersteller Weinberger entwickelt hat (mehr dazu finden Sie in einem NAB2004-Report in der Info-Zone). Am Stand von Band Pro gab es zudem Chrosziel-Zubehör, Zeiss-Objektive und den Accuscene-Sucher (siehe auch frühere Meldung hierüber) zu sehen.

Den Sucher des schottischen Herstellers präsentierte deren Firmenchef persönlich und er konnte dabei etliche Neuerungen zeigen: Die jüngste Generation, in kompakter, einteiliger Bauform kann an der Panavision Genesis (siehe Meldung hierüber), an der Viper von Thomson und an Sony-Kameras verwendet werden. Eine Version für die Varicam von Panasonic soll in Kürze folgen. Mittlerweile bietet der Sucher Funktionen, die in früheren Versionen nicht verfügbar waren: Peaking zur besseren Schärfekontrolle gehört ebenso dazu wie eine integrierte Belichtungsmessung. Zu Belichtungskontrolle lässt sich der Sucher auf eine Falschfarbendarstellung umstellen, er zeigt dann gleich helle Bildteile in der gleichen Farbe, das Bild bleibt aber trotzdem noch recht gut erkennbar und man kann in diesem Modus auch problemlos fokussieren. Der Sucher bietet insgesamt 820 Linien, wovon 720 für den Videoinhalt genutzt werden, faszinierend ist nach wie vor die große Bildhelligkeit und die gute Farbdarstellung dieses Suchers. Der Nettopreis liegt zwischen 16.000 und 18.000 Euro, und laut Hersteller Accuscene sind mittlerweile 50 Stück davon im Markt, die meisten davon in den USA, aber auch in Japan und Skandinavien.

Bei Band Pro am Stand war auch ein Digital-Cinematographie-Anwender der ersten Stunde vertreten: John O“Quigley vom britischen Unternehmen Motion FX. Motion FX setzt voll auf die digitale Cinematographie, besitzt eine eigene Viper-Kamera von Thomson mit Accuscene-Sucher, einen Satz Zeiss-Digi-Primes und einen Digital-Film-Recorder (D.Mag von S.two). »Die Kamera besitzen wir nun schon fast drei Jahre, das Speichersystem seit sechs Monaten. Mittlerweile sind Viper und D.Mag sehr gut aufeinander abgestimmt, es gibt die Steuerung per Handheld-Computer und der Workflow, der sich an die Aufnahme anschließt, passt auch. Anfangs mussten wir zu den Drehs noch ein iQ von Quantel mitnehmen, das wir in Flightcases eingebaut als mobiles System betrieben, jetzt funktioniert alles besser, einfacher und spielt sehr gut zusammen. Anfängliche Probleme haben wir teilweise auch selbst gelöst: So haben wir eigene elektronische Filter entwickelt, mit deren Hilfe wir die Bilder, die von der Viper kommen, direkt am Set farbrichtig darstellen können, was anfangs nicht ging. Wir können damit sogar schon vor Ort verschiedene Looks simulieren, die man dem Material dann in der Postproduction zuordnen kann. Die digitale Cinematographie ist damit viel einfacher geworden und wir haben ein System das absolut stabil funktioniert.« Für seine Kunden hat O“Quigley ein interessantes Abrechnungsmodell entwickelt: Sie zahlen nur für die Daten, die am Drehort dauerhaft per Backup gesichert werden. »Das allein ist schon viel billiger als 35-mm-Film. Außerdem bekommen die Kunden ja von uns praktisch schon fertige 2K-Scans, die sie beim Drehen auf Film erst noch erstellen müssen: das ist schneller und billiger. Wer möchte nicht fertige 2K-Scans für die Postproduction zum Preis von 35-mm-Filmmaterial Entwicklungskosten haben?«

Krausser hatte als Beispiel aus seinem Equipment-Park unter anderem einen Magnum-Dolly mitgebracht, zeigte aber auch Avid Xpress. Die Brücke zwischen Aufnahme und Postproduction war aber nicht nur bei Krausser ein Thema, sondern zog sich durch die gesamte Veranstaltung.

So hatte auch Avid einen Stand aufgebaut und war mit zahlreichen Workshops vertreten. Im Zentrum der Präsentation am Stand: Das jetzt verfügbare, neue Komplett-Bundle Avid Xpress Studio das die Xpress-NLE-Software mit weiterer, leistungsfähiger Software verbindet: Pro Tools LE für die professionelle Audiobearbeitung; Avid 3D, eine Animations-Software von Softimage; Avid FX für Titel Compositing und 2D-Effekte (aus Boris Red entwickelt); Avid DVD by Sonic, eine DVD-Authoring-Software. In einem Workshop-Raum zeigte Avid aber auch sein Top-End-System Nitris.

Die Agenten Medienberatung ist das Unternehmen von Udo Popp und Michael Brandt. Als Apple-Partner zeigten sie an ihrem Stand, wie Final Cut Pro HD und DVCPRO HD via FireWire zusammenspielen, was Apple und Panasonic erstmals zur NAB2004 vorgestellt hatten. Ebenfalls mit Apple-Produkten vertreten: Der auf Postproduktions- und Animationssysteme spezialisierte Händler DVE, der neuerdings auch Vertriebspartner von Iridas ist und auch deren Color-Grading-Software SpeedGrade zeigte.

DVC ist wie DVE Vertriebspartner von Iridas und zeigte neben deren Produkten auch seine Diskrecorder- und Workstation-Lösungen. DVC vertreibt auch den RAM-Recorder CineRAM von Baytech, der die kabellose Aufnahme mit HD- und Digital-Film-Kameras ermöglicht.

DVS zeigte am Stand seine Postproduction-Plattform Clipster, für die es neben der eigenen Software nun auch etliche Plug-Ins anderer Hersteller gibt, die Clipster als leistungsfähige Basis für die hochauflösende Bildbearbeitung betrachten. Mit CineControl zeigte DVS auch seine Akquisitionslösung für die digitale Cinematographie.

Quantel hatte ein eQ mitgebracht und zeigte die Highlights der neuen zweiten Software-Generation, die auf den Produkten der Generation-Q-Familie des Herstellers läuft. Quantel befasst sich intensiv mit dem Thema Digital Intermediate und hat hier erfolgreich ungesetzte Workflow-Modelle vor zu weisen, die in der Praxis schon bei zahlreichen Produktionen eingesetzt wurden.

Als einziger Anbieter aus dem Präsentationsbereich zeigte Sanyo seine Projektoren. Aber nicht nur Hersteller, sondern auch Dienstleister präsentierten sich beim Thema Postproduction.

So etwa DigiSite: In ClipMail (D-Vertrieb; Cross Atlantic), einem System zur IP-basierten Übertragung von Videoinhalten (als MPEG-Datenstrom), sieht man bei DigiSuite eine günstige Alternative zu anderen Übertragungsarten, die das Unternehmen als Dienstleistung anbieten will und in der DigiSite großes Potenzial sieht. Ebenfalls bei DigiSite am Stand: Das Filmrestaurierungssystem CineCure von Imagica, das auf einem DVS-System gezeigt wurde.

GLS Studios hat sich schon länger vom Tonstudio zum Mediendienstleister entwickelt, der neben der gesamten Palette an Kopier- und Transferdienstleistungen besonders im Audio- und Video-Mastering und der DVD-Produktion Schwerpunkte hat. So betonte das Unternehmen besonders das Thema HD-DVD und erläuterte in einem Workshop den aktuellen Stand der Entwicklung.

Auf Gespräche in Lounge-Atmosphäre setzte Pictorion Das Werk an seinem Stand. MKMedia und Swiss Effects als Messemaßnahme präsentierten etliche Produktionsbeispiele aus der Praxis, die in DVDs, die beide Unternehmen verteilten, vertieft wurden. Soundlab präsentierte seine Postproduction-Dienstleistungen und hatte zu Vorführzwecken ein Avid-System mitgebracht. Fritz Stoiber Production zeigte am Stand eine 3D-HD-Produktion, und in zahlreichen Gesprächen erläuterte Fritz Stoiber, ein HD-Mann der ersten Stunde, den Besuchern, warum er sehr stark auf HD setzt und welche positiven Erfahrungen er etwa auch in Shanghai mit HD-Rental-Equipment gemacht hat, das er vor Ort auslieh.

HINTERGRUND, FAZIT
Die Grundidee zu »Digitale Cinematographie« entstand im vergangenen Jahr und wurde 2003 erstmals spontan innerhalb von fünf Wochen umgesetzt (siehe auch Meldung darüber). Wegen der positiven Resonanz war schnell klar, dass auch 2004 wieder eine solche Veranstaltung stattfinden sollte. In diesem Jahr, mit längerem Vorlauf und engerer Anbindung an das Filmfest München, ist das Projekt weiter gewachsen und stieß auf eine noch bessere Resonanz und Akzeptanz.

Martin Kreitl, in dessen Händen der Großteil der Organisation dieser Veranstaltung lag, resümiert: »Ich denke wir haben eine gute Veranstaltung gemacht. Sicher kann man das eine oder andere noch besser machen, aber das Feedback ist weit überwiegend positiv. Der Besuchersprung von 180 im Vorjahr auf nun mehr als 500 ist höher als wir erwartet hatten. Es waren die richtigen, wichtigen Leute da und wir sind so zufrieden, dass wir heute schon sagen können: Die Veranstaltung wird es auch im kommenden Jahr wieder geben. Wir verstehen das Ganze als Plattform, nicht als kommerzielle Veranstaltung im Sinne eines Messe. Diesen Charakter wollen wir auch unbedingt beibehalten.«

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