Report, Top-Story: 30.10.2004

HD: Neue Welten bei Voss TV-Ateliers

Im Frühjahr 2004 hat sich das Düsseldorfer Postproduktionshaus Voss für den Einstieg in HD entschieden und in Avid DS Nitris investiert. Nach einem halben Jahr Praxisbetrieb ist klar: Die Zukunft bei Voss heißt HD. www.film-tv-video.de hat die Facility besucht.

»Seit wir Avid DS Nitris installiert haben, kann ich wieder ruhig schlafen«. Wenn Voss-Geschäftsführerin Nadja Rudas das sagt, strahlt sie übers ganze Gesicht: Seit das System bei dem Düsseldorfer Postproduktionsstudio in Betrieb ist, konnte das Unternehmen zahlreiche neue Projekte und neue Kunden akquirieren.

»Für uns ist die Entscheidung für HD von zentraler Bedeutung: Es war klar, dass wir eine neue Richtung einschlagen mussten, denn die Postproduktion in PAL mit SD-Auflösung war letztlich ein Auslaufmodell,« so Nadja Rudas. Dennoch tat sich Voss zu diesem Zeitpunkt noch schwer, den letzten Schritt zu gehen und in HD zu investieren. Die Entscheidung wurde dann jedoch durch ein Projekt begünstigt, das mit konventioneller Technik gar nicht machbar gewesen wäre. Voss wagte in dieser Situation den Sprung und ließ sich auf HD ein. »Wir haben diese Entscheidung keine Sekunde lang bereut,« urteilt Nadja Rudas heute und ergänzt: »Mittlerweile wickeln wir 80 Prozent unserer Projekte mit dem Nitris-System ab, es versorgt gewissermaßen unser ganzes Unternehmen und hat uns ganz neue Möglichkeiten eröffnet.« Dabei betont Nadja Rudas, dass der Hersteller Avid den Einstieg in jeder Hinsicht begünstigt habe: »In früheren Zeiten lehnte ich Avid-Systeme ab, weil ich das Gefühl hatte, dass sie mir die Preise kaputt machen. Jetzt ist das anders: Bei DS Nitris weiß ich, dass ich dafür zwar mehr bezahle, aber auch mehr bekomme. Meine Kunden schätzen die bessere Qualität, die sie nun erhalten. Zudem stand uns der Hersteller bei der Systemeinführung jederzeit zur Verfügung«.

Neue Workflows
Mit dem neuen System hat sich bei Voss ein neuer Workflow etabliert: Das Originalmaterial, das Voss in der Postproduktion bearbeitet, ist in den meisten Fällen 35-mm-Film. »Qualität und Auflösung von 35-mm-Film nehmen einfach immer noch die Spitzenposition bei der Aufnahme ein, deshalb drehen viele unserer Werbekunden auf Film. Es gibt zwar auch einige, die auf Video drehen, aber die Mehrzahl setzt unverändert auf Film. Doch schon in der nächsten Stufe geht es in die digitale Bearbeitung«. erläutert Nadja Rudas.

Konkret geht das 35-mm-Material in die Telecine-Suite, wo es mit einem Spirit von Thomson abgetastet und auf Digi-Beta ausgegeben wird. Mit diesem Material wird dann an einem Avid-System ein Rohschnitt editiert. Auf Basis der dabei entstandenen EDL wird dann das tatsächlich verwendete Material erneut abgetastet, natürlich mit entsprechenden Überlängen des Materials, so dass noch genügend »Fleisch« für Blenden und Effekte vorhanden ist. Diese zweite One-Light-Abtastung erfolgt hochauflösend mit 1920 x1080 Bildpunkten, gespeichert wird unkomprimiert mit dem HD-Diskrecorder von DVS. Dieses Material wird dann gemäß EDL in die Nitris-Timeline geladen.

Das solchermaßen sortierte Material wird dann in der korrekten Reihenfolge aber ohne weitere Bearbeitung wieder auf den HD-Diskrecorder ausgespielt und zunächst mittels Farbkorrektur an einem Pogle-System von Pandora farbkorrigiert – die Vorgehensweise dabei entspricht eigentlich dem Tape-to-Tape-Verfahren, nur mit dem entscheidenden Vorteil, dass diese Arbeitsschritte ohne Qualitätsverlust erfolgen.

Das farbkorrigierte und komplett digital vorliegende Material wird dann wieder in das Nitris-System geladen und das Finishing beginnt: Der Editor kann Blenden und Effekte wie etwa Speed-Ups einfügen oder schon im Rohschnitt vorgegebene Effekte nachbauen. bei der Bearbeitung nutzt Voss natürlich auch Plug-Ins, etwa von Sapphire. Auch kleinere Farbkorrekturen können in diesem Stadium noch vorgenommen werden.

Im nächsten Schritt sichtet der Editor das Material mehrfach und retuschiert eventuell im Originalmaterial vorhandene, oder bei der Abtastung entstandene, minimale Bildfehler. Auch die für den Film gewünschten Vor- und Abspänne lassen sich dann einbinden. »Das hat gerade bei der Zusammenarbeit mit dem Kunden viele Vorteile«, berichtet Nadja Rudas, »denn aufgrund der Echtzeitfunktionalität des Nitris-Systems sieht er sofort, wie etwa eine kleine Änderung am Textstil des Vorspanns wirkt. Man muss also nicht auf irgendwelche langwierigen Render-Prozesse warten, sondern kann dem Kunden sofort ganz konkret zeigen, wie seine Änderungswünsche sich auswirken«.

Am Ende der Bearbeitung spielt Voss das Material in der höchstmöglichen Qualität auf HD-Recorder oder Firewire-Festplatten aus. Archiviert wird je nach Projekt auf DTF, Videobändern und Firewire-Platten. Dazu Nadja Rudas: »Das hat viele Vorteile: Wir müssen etwa bei Mehrfachausbelichtungen nicht mehr mit Qualitätsminderungen kämpfen, denn das Material liegt ja digital vor. Außerdem schont diese Arbeitsweise das Originalfilmmaterial, es bleibt in seiner ursprünglichen Form erhalten, ohne jegliche Klebestellen und wird nur zweimal angefasst. Änderungen in der fertigen Produktion lassen sich trotzdem jederzeit noch nachträglich realisieren,« erläutert Nadja Rudas.

Für Filmauswertungen kann das Material via Arrilaser auch wieder auf Film ausbelichtet werden. Dabei arbeitet Voss mit der Firma ProCine Digital zusammen: die Kunden erhalten Testbelichtungen, damit das was am Ende auf Film rauskommt, auch dem entspricht was im Nitris digital geschaffen wurde.

Dass sich Voss gerade für Avid DS Nitris und nicht für ein anderes System entschieden hat, »liegt unter anderem am guten Preis/Leistungs-Verhältnis des Systems,« so Nadja Rudas. »Ich fahre nun mal lieber gehobene Mittelklasse statt Luxuslimousine, denn für mich als Unternehmerin spielt der Kosten-/Nutzen-Aspekt eine große Rolle.«

Systemvorteile
»Als wir das System im Frühjahr installiert hatten, mussten wir damit gleich ein aktuelles Projekt realisieren,« berichtet Nadja Rudas. Die Editoren wurden dafür mit Unterstützung durch Avid quasi »on the job« drei Tage lang geschult. »Für die Operator war dieser Einstieg etwas unvermittelt, zumal einer von ihnen ein anderes System favorisiert hatte. Aber schon nach wenigen Tagen fanden sich alle gut damit zurecht und beschäftigten sich aus eigenem Antrieb intensiv mit dem System«, berichtet die Voss-Geschäftsführerin.

Editor Mirko Burchartz bestätigt das: »Ich war am Anfang etwas skeptisch, aber es stellte sich schnell heraus, dass sich mit Nitris vieles deutlich einfacher realisieren ließ, als ich es gewohnt war. Die Möglichkeit, in jede Ebene eintauchen zu können, ohne dass bei einer Änderung alles wieder neu berechnet werden muss, ist schon sehr bequem. Auch die Option, dem Kunden die Änderungen gleich zeigen zu können, gefällt mir sehr.«

Auch das Text-Tool und der generelle Workflow des Systems haben es Mirko Burchartz angetan: »Einen Text einzugeben und ihm dann bestimmte Eigenschaften zuweisen zu können, ist ja normal. Schön und eher ungewöhnlich ist es aber, dahinter beispielsweise Rohdaten zu platzieren, dann die Schrift davor optimieren und am Ende, wenn man mit der kreativen Arbeit fertig ist, einfach den Hintergrund austauschen zu können.«

Auch die integrierten Effekte überzeugen aus Sicht des Editors. Im Zusammenspiel mit Sapphire-Plug-Ins ergeben sich damit schier endlos viele FX-Möglichkeiten, wobei Burchatz aber durchaus auch auf vorhandene FX-Vorlagen aus Nitris zugreift und diese dann indiviudell modifiziert. »Damit kommt man sehr schnell zu vernünftigen Ergebnissen,« so Burchartz.

Großes Potenzial sieht Mirko Burchartz auch in der 3D-Einbindung: »Wir arbeiten mit Discreets 3D-Studio-Max, und natürlich wäre es da schön, wenn sich die Animationen, die wir damit gestalten, direkt am Nitris aufrufen und einbinden ließen.« Diese Funktionalität ist in der aktuellen Version noch nicht enthalten, soll aber laut Avid integriert werden. Die Kooperation zwischen Nitris und After Effects von Adobe funktioniert hingegen schon sehr gut und wird bei Voss ausgiebig genutzt.

Verschiedene Auswertungsmöglichkeiten
Die Möglichkeit, ganze Projekte in unterschiedlichen Formaten ausgeben zu können, hat sich mittlerweile bei vielen Systemen etabliert. Auch Avid DS Nitris bildet hier keine Ausnahme: »Unsere Kunden wollen meist eine DVD von uns, und da ist es natürlich bequem, wenn ich das aktuelle Projekt direkt aus dem System heraus ins gewünschte Format exportieren kann,« urteilt Mirko Burchartz.

Ein weiteres Plus: Nitris arbeitet auflösungsunabhängig, Projekte lassen sich also in unterschiedlichsten Auflösungen ausgeben und auswerten. Neue Möglichkeiten ergeben sich dadurch etwa bei Messepräsentationen, besonders in der Autoindustrie, wo knackig scharfe und hoch aufgelöste Bilder besonders gefragt sind.

Rüdiger Herrmann, Multivisionsprofi und Kunde bei Voss, sieht hier bei Nitris besonders viele Möglichkeiten, denn aus seiner Sicht lassen sich »dank der Auflösungsunabhängigkeit des Systems ganz neue Messepräsentationen mit frei gestalteten Projektionsflächen realisieren. Wir drehen aktuell in HD für eine Messepräsentation von ThyssenKrupp Automotive, werden das Material dann splitten und unterschiedlichen Projektions-Feldern zuordnen«. Auch besonders große Präsentationsflächen, bei denen sich das Gesamtbild aus mehrere Einzelflächen zusammensetzt, werden so in brillanter Qualität ohne das Hochskalieren des Bildes über herkömmliche Splitrechner möglich.

Dazu Rüdiger Herrmann: »Die HD-Technologie und die neuen Systeme bieten endlich die Möglichkeit digitaler Groß-Präsentationen, die bisher der analogen Film- und Dia-Technik vorbehalten waren. Diese Chancen gilt es jetzt zu nutzen.«

Mit HD in die Zukunft
Für Nadja Rudas ist klar: Hätte sie sich im Frühjahr gegen die Investition in ein HD-System entschieden, wüsste sie nicht, wo ihr Unternehmen heute stünde. Für Voss brachte HD wichtige Impulse und sorgte vor für eine gesunde wirtschaftliche Basis. Mehr noch: Dank Nitris konnte Voss neue Kunden gewinnen und damit mehr Umsatz generieren. So viel, dass Voss plant, in ein weiteres Nitris-System zu investieren.

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