Branche, Report, Top-Story: 21.08.2015

Fiat Urban Stories: Produktion mit Amira, C300 und Blackmagic PCC

Der Automobilhersteller Fiat bewirbt mit den »Fiat Urban Stories« sein Modell Fiat 500. Die sechsminütigen Clips kombinieren Werbe-, Interview- und Doku-Elemente zu einem »Branded-Entertainment«-Format. Tobias Körtge hat die bislang 16 Clips der Reihe für Red Seven Entertainment mit einer Arri Amira als Hauptkamera ins Bild gesetzt — und mit film-tv-video.de über die Bildgestaltung gesprochen.

In den »Urban Stories« reist die Moderatorin Annemarie Carpendale mit einem Fiat 500 durch Deutschland und interviewt interessante und bekannte Leute unterschiedlichster Ausprägung: Models, Musiker, Künstler und Designer kommen in den jeweils sechs Minuten langen Clips zu Wort und erzählen ihre Geschichten rund um den Fiat 500.

Insgesamt 16 Clips dieser Machart liefen bei den Sendern Sixx und Pro Sieben Maxx, zusätzlich kann man sie aktuell auf der Fiat-Homepage ansehen.

»Bei den "Fiat Urban Stories", haben wir einen werblichen Look realisiert, aber wir haben sehr dokumentarisch gedreht. Die Herausforderung bestand darin, schnell von"werblich" auf "dokumentarisch" umzustellen«, berichtet Kameramann Tobias Körtge, der mit einer Arri Amira als Hauptkamera drehte. Regisseur Matthias Jarochowski wünschte sich einen hochwertigen, werblichen Look, zudem sollte einige Establishing-Shots mit 200 Bildern pro Sekunde als Zeitlupen gedreht und damit aufgewertet werden. Aus diesen Gründen entschied man sich für eine Amira als Hauptkamera.

Als B-Kamera war eine C300 von Canon im Einsatz (Test). Zusätzlich wurden Pocket-Kameras von Blackmagic genutzt (Test), die im Fiat 500 installiert wurden und weitere Blickwinkel aus dem Wageninneren lieferten.

Kamerawahl

Körtge erzählt: »Bevor wir drehten, testeten wir im engen Zusammenspiel mit dem Postproduction Supervisor Rudolf Patzina von Red Seven, wie gut wir die verschiedenen Kameras matchen konnten — und probierten hierfür verschiedene Kameramodelle aus. Letztlich entschieden wir uns für die Kombination aus Amira, C300 und Pocket Cinema Camera, weil das aus unserer Sicht den besten Mix aus Bildqualität und Budget darstellte. Dabei war ich überrascht, wie gut C300 und Amira zusammenfanden.«

»Wir sorgten dafür, dass die C300 immer jene Bilder drehte, bei denen es weniger harte Kontraste gab«, resümiert Tobias Körtge. So gelang das Matchen der Bilder am besten, weil die C300 aus Sicht von Körtge vom Dynamikbereich her nicht mit der Amira mithalten kann. »Das muss man berücksichtigen, sonst haben die Aufnahmen dann in bestimmten Bildbereichen keine Zeichnung mehr.«

Für die Innenaufnahmen aus dem Fiat 500 waren zunächst GoPro-Kameras in der Diskussion, die mussten sich allerdings der Pocket Cinema Camera von Blackmagic geschlagen geben, weil die GoPro-Bilder sich nicht so gut an die Bilder der anderen Kameras anpassen ließen und dadurch in puncto Bildqualität im Vergleich zur Amira und zur C300 zu stark abfielen, urteilt Tobias Körtge: »Wenn man die GoPro-Bilder nicht gemeinsam mit anderen Bildern zeigt, sondern alleine, wirken sie ganz eindrucksvoll, aber in der Kombination mit den anderen Kameras gefielen uns die Ergebnisse mit der Pocket Cinema Camera einfach besser.«

Die Entscheidung für die Pocket Cinema Camera forderte allerdings an anderer Stelle Tribut: »Die kleinen Akkus dieser Kamera machen meiner Meinung nach zu schnell schlapp, und es ist auch nicht ganz einfach, ein passendes Objektiv für die Kamera zu finden«, urteilt Körtge. Als Vorteil empfindet er aber die Möglichkeit, die Bilder der Kamera sehr gut graden zu können, wenngleich die Files bei der Aufzeichnung natürlich vergleichsweise groß werden. »Aber wir haben diese Herausforderungen angenommen und gemeistert, weil eben die Bildqualität besser passte«, so Körtge.

Objektiv

Beim Objektiv für die Amira hatte Körtge sich zunächst für ein Fujinon-Zoom aus der Cabrio-Baureihe entschieden. Nach ersten Tests zeigte sich aber, dass damit der gewünschte Look nicht zu erreichen war. Also wechselte Körtge auf ein Zoomobjektiv aus der Alura-Baureihe. »Das Alura-Objektiv ist weicher, ohne matschig zu sein und brachte noch einen Touch mehr Filmlook«, berichtet Körtge. »So gern ich sonst mit dem Cabrio-Zoom arbeite: hier war es einfach nicht das richtige, nicht das optimal passende Objektiv.«

Das Thema Objektiv schätzt Tobias Körtge ohnehin als sehr wichtig ein: »Die Optik macht das Bild«, konstatiert Körtge. »Das ist keine neue Erkenntnis, aber sie gilt auch mit den modernen Digitalkameras unverändert weiter. Letztlich ist das Objektiv prägend für den Look und kann den entscheidenden Unterschied ausmachen. Dabei  will ich gar nicht zwischen guten oder schlechten Objektiven unterscheiden, sondern zwischen solchen, die sich besser oder schlechter für ein bestimmtes Projekt eignen.« Bei all diesen Überlegungen spiele aber natürlich stets auch das vorhandene Produktionsbudget eine entscheidende Rolle, ergänzt Körtge.

Folgerichtig wünscht sich Tobias Körtge bezahlbarere Cine-Zoom-Optiken — wohlwissend, dass so ein Objektiv nicht so leicht zu bauen und zu konstruieren sein wird, denn im Zusammenspiel der Linsen steckt eben immer noch jede Menge Know-how und mechanische Produktionsfertigkeit.

Look-Gestaltung

Bei den »Fiat Urban Stories« gelang es aus der Sicht von Körtge sehr gut, die hochwertige Bildqualität der Amira mit den Aufnahmen der C300 zu kombinieren — und es wurde sowohl bei den Autoaufnahmen, wie auch bei den Interview-Passagen mit Annemarie Carpendale ein hochwertiger, filmartiger Look erzielt.

Das Arbeiten mit verschiedenen Gammakurven und LUTs ist längst am Set angekommen. »Presets und vorgegebene Looks in den Kameras sind natürlich sehr hilfreich und bequem, auch wenn man die Anforderungen etwa mit dem Amira Color Tool letztlich auch selber angehen und lösen kann«, urteilt Tobias Körtge.

Bei kritischen Szenen dreht Körtge generell Testaufnahmen, lädt diese direkt am Set auf einen Laptop, um dort mit dem Color Tool die Farbe und den Look schon grob vorzukorrigieren und an die jeweilige Dreh-Situation anzupassen. »Für die Kollegen in der Postproduktion ist das eine sehr große Hilfe, die viel Zeit spart, weil man dann eben beim Grading nicht bei Null anfängt«, urteilt Körtge. Wichtig: diese Einstellungen verändern natürlich nicht das Originalmaterial, sondern werden lediglich als Wrapper-Info in die Post mitgegeben: Man hat also in der Post noch alle Möglichkeiten offen.

Über die Kreativität in der Arbeit des Kameramanns macht sich Tobias Körtge keine Sorgen: »Der Kunde bucht einen Kameramann doch auch — oder sogar ausschließlich — wegen der Handschrift und des Looks, für den dieser jeweils steht.«

In einem der Clips der »Fiat Urban Stories« besucht Annemarie Carpendale die Fotografin Laura Zalenga.

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