Backstage, Making-of: 01.08.2023

Hoyte van Hoytema drehte »Oppenheimer« mit 65-mm-Film

Der DoP berichtet über die Dreharbeiten und einige technische Besonderheiten von »Oppenheimer«.



Der folgende Hintergrundbericht über »Oppenheimer« stammt von Kodak und basiert auf einem Interview mit dem DoP Hoyte van Hoytema, der »Oppenheimer« gedreht hat. Der Artikel wurde mit freundlicher Genehmigung von Kodak übersetzt und hier bei film-tv-video.de veröffentlicht. Die Bilder stammen von Melinda Sue Gordon / Universal Pictures, © Universal Studios.

Oppenheimer, Plakatmotiv, © Universal Studios
In »Oppenheimer« geht es um den Mann, der die Atombombe ermöglichte. Der Film von Christopher Nolan wurde mit 65-mm-Film gedreht von DoP Hoyte van Hoytem.

»Es ist ein intimes, emotionales und eindringliches psychologisches Drama — sowie spektakuläres Event-Kino«, sagt Kameramann Hoyte van Hoytema, als er Details über die Aufnahmen von Christopher Nolans spannendem Thriller »Oppenheimer« verrät. Gedreht wurde im Imax-Format (15-perf) mit Kodak-65-mm-Großformatfilm. Einige Passagen des Films wurden auf 65-mm-Schwarzweißfilm in Imax gedreht — was bei »Oppenheimer« zum allerersten Mal umgesetzt wurde.

Oppenheimer, BTS, © Melinda Sue Gordon, Universal Pictures, Universal Studios
DoP Hoyte van Hoytema.

»Ich bin sehr stolz auf das Ergebnis und weiß, dass es eine Menge interessanter Diskussionen und Debatten auslösen wird«, erläutert van Hoytema. Zusätzlich zu den normalen Kinos weltweit wird »Oppenheimer« nämlich auch in verschiedenen analogen Filmformaten veröffentlicht, darunter Kodak-70-mm-Film, der in Imax (30 Kopien), Standard-70-mm (113 Kopien) und 35 mm (ungefähr 80 Kopien) gezeigt wird.

 

Oppenheimer, Still, © Melinda Sue Gordon, Universal Pictures, Universal Studios
»Es ist ein intimes, emotionales und eindringliches psychologisches Drama sowie spektakuläres Event-Kino«, sagt Kameramann Hoyte van Hoytema. Still aus »Oppenheimer«.
Über den Film

Unter der Regie, dem Drehbuch und der Co-Produktion von Christopher Nolan versetzt die Universal-Pictures-Produktion die Zuschauer zurück in die Zeit eines der bedeutendsten Ereignisse der Weltgeschichte, als der theoretische Physiker J. Robert Oppenheimer im streng geheimen Manhattan-Projekt des Zweiten Weltkriegs die Entwicklung der ersten Atomwaffen der Welt leitete. Mit einer Laufzeit von drei Stunden schildert der Film das Leben Oppenheimers und bietet eine eindrucksvolle Erkundung der komplexen moralischen Aspekte, der Dilemmata und der Folgen wissenschaftlicher Fortschritte.

Nach der Detonation der ersten Atomwaffe — die unter dem Codenamen Trinity am 26. Juli 1945 gegen 5.30 Uhr in der Wüste Jornada Del Muerto in New Mexico gezündet wurde — sprach Oppenheimer die Worte: »Jetzt bin ich der Tod geworden, der Zerstörer der Welten«. Das ist ein Vers aus der Bhagavad Gita, einer heiligen Schrift der Hindus, mit der Oppenheimer seine tief empfundenen Bedenken angesichts der zerstörerischen Kraft ausdrücken wollte, die er auf die Welt losgelassen hatte.

Oppenheimer, Still, © Melinda Sue Gordon, Universal Pictures, Universal Studios
Der Film basiert auf der mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Biografie »American Prometheus: The Triumph and Tragedy of J. Robert Oppenheimer«. Still aus »Oppenheimer«.

Der Film basiert auf der mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Biografie »American Prometheus: The Triumph and Tragedy of J. Robert Oppenheimer« von Kai Bird und Martin J. Sherwin. In der Hauptrolle ist Cillian Murphy als Oppenheimer zu sehen, in den Nebenrollen spielen Emily Blunt, Matt Damon, Robert Downey Jr. und Florence Pugh, außerdem Rami Malek, Kenneth Branagh, Tom Conti, Benny Safdie und Casey Affleck.

Vorbereitung

»Oppenheimer« ist Hoyte van Hoytemas vierte Zusammenarbeit mit Christopher Nolan, nach »Interstellar« (2014), »Dunkirk« (2017) und »Tenet« (2020), die alle auch mit Kodak-65-mm-Film gedreht wurden: im Imax-Format (mit 15-perf) in Kombination mit 65-mm- (5-perf) oder 35-mm-Analogfilm (4-perf). Van Hoytema ist auch für seine Zusammenarbeit mit Sam Mendes bei »007 James Bond Spectre« (2015), James Gray bei »Ad Astra« (2019) und Jordan Peele bei »Nope« (2020) bekannt, die alle ebenfalls auf Analogfilm gedreht wurden.

»Es ist immer eine Überraschung, wenn man feststellt, wie wenig man eigentlich über eine historische Figur weiß — und ich wusste sehr wenig über Oppenheimer selbst, außer dass er der Vater der Atombombe war«, gesteht van Hoytema. »Chris wollte, dass ich sein Drehbuch lese, bevor ich anfing, in anderem historischen Material über Oppenheimer und das Manhattan-Projekt zu recherchieren. Ich entdeckte, dass er die Geschichte auf eine dramaturgische Struktur reduziert hatte, die sehr persönlich, intim und spannend war. In unseren früheren gemeinsamen Filmen lag der Schwerpunkt auf der Action, aber für diesen Film wollte er einen sehr einfachen, schnörkellosen Stil für die Fotografie, vor allem bei den Gesichtern, um das sich entfaltende psychologische Drama zu unterstützen.«

Oppenheimer, Still, © Melinda Sue Gordon, Universal Pictures, Universal Studios
Still aus »Oppenheimer.

»Wie bei unseren früheren Filmen wusste ich auch hier schon früh, dass er so viel wie möglich direkt in der Kamera drehen und dabei so viel wie möglich reale Effekte und Miniaturen verwenden wollte, um CGI, Bluescreen und VFX auf ein absolutes Minimum zu beschränken.«

»Als ich dann die Biografie ‚American Prometheus‘ las und Referenzen aus anderen Abteilungen der Produktion aufnahm, war ich verblüfft über das enorme Ausmaß des Manhattan-Projekts selbst — in der gleichen Größenordnung wie die Apollo-Mission der Nasa  — und es bestätigte mir erneut, wie unglaublich wichtig es für die Definition der geopolitischen Struktur unserer Welt seither war.«

Van Hoytema fügt hinzu: »Als wir alle tiefer in die Erforschung des Zeitraums und der Ereignisse eindrangen, war ich besonders daran interessiert, mehr über Oppenheimer und die Wissenschaftler selbst zu erfahren und Dinge wie die Entwicklung von extrem schnellen, ultralichtempfindlichen Kameras mit geteiltem Bildfeld und sehr langen Objektiven zu untersuchen, die speziell für die Aufnahme der Trinity-Explosion hergestellt wurden. In dieser Hinsicht war Peter Kurans Buch ‚How to Photograph an Atomic Bomb‘ recht erstaunlich.«

Oppenheimer, Still, © Melinda Sue Gordon, Universal Pictures, Universal Studios
»Wie der Morgenhimmel plötzlich von gleißendem Weiß erhellt wurde«, beschrieben Augenzeugen die Zündung der ersten Atombombe. Still aus »Oppenheimer«.

»Ich war auch von den persönlichen Beschreibungen der Bombenexplosion fasziniert. Einige beschrieben den Atompilz wie eine optische Täuschung, andere, wie der Morgenhimmel plötzlich von gleißendem Weiß erhellt wurde, bevor er sich goldgelb, dann rot und schließlich violett färbte. Obwohl vieles davon subjektiv war, fand ich es wirklich fesselnd, da ich versuchte, das Wesentliche dessen zu erfassen, was diese Menschen in dieser Zeit und an diesem besonderen Tag erlebten.«

Die Vorproduktion für den Film begann im Januar 2022, und die Dreharbeiten wurden etwa vier Monate später im Mai 2022 abgeschlossen.

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Offizieller Trailer von »Oppenheimer«.