Kommentar, Top-Story: 21.08.2000

Lieferstart erfolgt!

Manchmal, wenn bestimmte Umstände eintreten, schafft man es für einen Moment, die Dinge aus der Distanz zu betrachten. Man tritt innerlich einen Schritt zurück und sieht eigentlich Bekanntes plötzlich mit anderen Augen.

So ergeben drei Meldungen, die in jüngster Zeit bei www.film-tv-video.de zu lesen waren und eigentlich gar nicht viel miteinander zu tun haben, ein gemeinsames Bild: Discreet liefert die während der NAB2000 angekündigte Software Combustion aus, Fast Multimedia sein vor gut einem Monat vorgestelltes Schnittsystem Purple.

So etwas ist mittlerweile aus redaktioneller Sicht schon positiv zu bewerten: Produkte werden angekündigt und wenig später tatsächlich ausgeliefert. Eigentlich sollte das ein ganz normaler Vorgang sein, über den man gar nicht zu berichten bräuchte. Die Realität sieht meist ganz anders aus, und da kommt die dritte Meldung ins Spiel: Dass, wie kürzlich als Investitionsmeldung verbreitet, ein Softimage-DS-System ganz normal verkauft wird, darauf mussten die Interessenten jahrelang warten, denn immer wieder verschob sich der Lieferstart.

Nun soll an dieser Stelle keine der genannten Firmen als besonders positiv oder negativ herausgestellt werden: Schließlich hat Fast mit dem Schnittsystem Blue eine Marketing-Leiche im Keller, Discreet ließ seine Jünger schon mehr als einmal deutlich länger als versprochen auf Neuerungen warten und mittlerweile haben sich auch Sony-Kunden an ausgedehnte Kunstpausen zwischen Ankündigung und Vollzug gewöhnt.

Diese Betrachtung wäre eine gute Gelegenheit, über die verluderten Sitten herzuziehen und den Hoffnungsschimmer hervorzuheben, dass von nun an alles besser würde. Aber: Im Redaktionsarchiv liegt ein rund fünfzehn Jahre alter Prospekt, in dem ein Field-Editor von Bosch im Quartercam-Format angekündigt wurde, der nie zur Auslieferung kam. Ganz ähnlich wie das Sony-Schnittsystem Destiny oder die schnucklig kleinen DVCPRO-Geräte mit ausklappbarem LCD-Schirm, die Panasonic bei der ersten Vorstellung dieses Formats noch als Modelle zeigte.

Das Problem existierte also schon bevor die meisten der Software-Firmen überhaupt gegründet wurden – und es zieht sich bis heute durch. Allenfalls das Ausmaß hat sich geändert. Und die IBC2000 wird als europäische Topmesse der Branche mit absoluter Sicherheit beweisen, dass dieses Thema in keinster Weise ausgestanden ist. Sie werden sehen.