Editorial, Kommentar, Top-Story: 13.05.2005

Mehr TV-Programme für Deutschland

Pay-TV in Deutschland, das ließ sich – außer vielleicht unter TV-Nerds – bis vor kurzem im Wesentlichen mit einem Wort umschreiben: Premiere. Dann verlegte Kabel Deutschland im Kabelnetz ein paar Programme auf andere Kanäle und startete auf dem frei geräumten Platz digitales Abo-Fernsehen. Nun kündigt DPC, das mittlerweile zu Astra gehörende, frühere Play-Out-Center der KirchGruppe mit Sitz in Unterföhring an, man werde in der zweiten Jahreshälfte 2005 Pay-TV als Dienstleistung für neue Marktteilnehmer anbieten.

Damit wird es neben Premiere dann weitere Abo-TV-Anbieter im deutschen Raum geben, die ihr Programm via Satellit verbreiten. Allerdings will DPC kein eigenes Programm offerieren, vielmehr rede man mit verschiedenen Sendern, deren Inhalte man dann verschlüsselt ausstrahlen werde. Für den Empfang sollen sich die gleichen Set-Top-Boxen nutzen lassen, wie bei Premiere.

Apropos Premiere: Der deutsche Abo-TV-Pionier muss sich natürlich von dieser wachsenden Konkurrenz absetzen, was er unter anderem durch den Start von HDTV im Herbst des Jahres tun will.

Gleichzeitig schreitet auch die Digitalisierung des antennengebundenen Empfangs in Deutschland voran: Am 30. Mai wird etwa in München, Nürnberg und der jeweiligen Umgebung die analoge terrestrische TV-Ausstrahlung abgeschaltet und durch DVB-T ersetzt. Es wird viel Geld ausgegeben und Aufwand getrieben für eine Minderheit von Haushalten, die TV-Programme noch terrestrisch empfangen. In München bedeutet das für die Antennen- Konsumenten die Anschaffung einer DVB-T-Set-Top-Box und dann einen Sprung von 11 auf 24 TV-Programme im engeren Sinn, ergänzt durch zusätzliche Mediendienste.

In diesem Themenkomplex steckt Sprengstoff – was nebenbei bemerkt das französische Kürzel für DVB-T viel besser zum Ausdruck bringt: TNT, was für Télévision Numérique Terrestre steht.

Wer braucht das alles? Wer erklärt den Endkunden die neue Fernsehwelt? Wer schaut sich die ganzen Programme noch an? Ergibt das alles noch irgendeinen Sinn oder wäre es nicht höchste Zeit, diesen ganzen unübersichtlichen Quatsch bleiben zu lassen und endlich ein individuell konfigurierbares TV-on-Demand zu etablieren? Aber dann könnte man ja gar nicht mehr zufällig in ein Programm reinzappen, das man niemals aktiv ansteuern würde, das einem aber dann doch einen ganz neuen, oft schockierenden, aber ab und zu sogar lehrreichen Blick auf die Welt vermittelt?

Außerdem: Bei all den neuen Standards. Formaten, Bildraten und Abtastverhältnissen, die es auf der Produktionsseite gibt, wer konnte da erwarten, dass der Rest der TV-Welt einfacher und übersichtlicher werden könnte?

Sie werden sehen.