Editorial, Kommentar, Top-Story: 10.01.2008

Das fängt ja gut an

Kaum ist das Jahr 2008 zehn Tage alt, überschlagen sich schon die Meldungen: Die Blu-ray Disc hat demnach die HD-DVD aus dem Rennen geworfen, der HD-DVD droht der Todesstoß. Aber so drastisch und eindeutig, wie es die Marktschreier der Branche derzeit darstellen, ist die Situation in Wahrheit natürlich nicht.

Aber der Reihe nach: Zur Consumer Electronics Show in Las Vegas — einer Messe, die man am ehesten als amerikanische Mischung aus IFA in Berlin und Cebit in Hannover betrachten kann — gab Warner Brothers bekannt, dass man die HD-Versionen der eigenen Spielfilme künftig nur noch auf Blu-ray Discs veröffentlichen werde. Bisher hatte sich Warner neutral verhalten und die HD-Versionen der eigenen Spielfilme sowohl auf Blu-Ray Disc wie auch auf HD-DVD veröffentlicht. Vor gut einem Jahr hatte Warner mit der THD sogar eine eigene Wendescheibe vorgestellt: auf einer Seite Blu-ray und auf der anderen HD-DVD (siehe Meldung).

Warum sollte Sie das interessieren? Weil sich hieraus eine neue Dynamik in der Verbreitung von HD-Videoinhalten ergeben könnte. So wie einst VHS, Betamax und Video2000, blockieren und behindern sich nun HD-DVD und Blu-ray Disc gegenseitig, denn aus Furcht, aufs falsche Pferd zu setzen, kauft die Masse der Endkunden derzeit lieber keins von beiden. Erst als sich VHS als dominierendes Format durchgesetzt hatte, hob der Home-Video-Markt richtig ab. Ähnliches erhofft sich die Branche für HD, wenn sich eines der beiden konkurrierenden Disc-Formate klar gegen das andere durchgesetzt hat.

Tatsächlich hat hierbei die Entscheidung von Warner Bros. etliches Gewicht. Disney hat sich schon länger auf Blu-ray festgelegt — und Warner und Disney veröffentlichen zusammen genommen rund 70 % aller Hollywood-Spielfilme. Mit der Entscheidung von Warner werden also künftig wohl drei Viertel der HD-Kaufvideos ausschließlich auf Blu-ray angeboten. Im Blu-ray-Lager stehen außerdem auch Sony und 20th Century Fox, während nur noch zwei Studios die HD-DVD unterstützen: Universal und Paramount — wobei Paramount derzeit als Wackelkandidat gilt, der vielleicht auch noch das Lager wechseln könnte.

Bei der bisher im Markt vertretenen Hardware sieht es derzeit so aus: 2007 wurden in den USA laut Marktforschung rund 500.000 Stand-Alone-Player und drei Millionen Blu-ray-fähige Sony-Spielkonsolen verkauft. Das ist weniger als bei HD-DVD angegeben wird, was seine Ursache wohl hauptsächlich im deutlich höheren Preisniveau der Blu-ray-Geräte haben dürfte. Laut der deutschen Marktforschungseinrichtung GfK hat Blu-ray dagegen in Europa bei der HD-Consumer-Hardware derzeit mit rund 56 % Marktanteil schon einen knappen Vorsprung.

Bei den Scheiben fällt die Auswertung auch jetzt schon eindeutiger aus. Ein Indiz für die Volumina, über die man hier derzeit spricht: Die Sony-Tochter Sony DADC hat nach eigenen Angaben zwischen April 2006 und April 2007 weltweit rund 110 Millionen Blu-ray-Discs hergestellt.

Beim Vertrieb von HD-Filmen hat die Blu-ray-Disc auch in den USA einen Vorsprung. Hierbei erreicht Blu-ray laut Marktforschung mit dem Verkauf von 5,6 Millionen HD-Film-Discs in den USA 64 % Marktanteil. Ein möglicher Grund dafür: Die in den USA weit verbreiteten Blockbuster-Videotheken sowie der US-Einzelhändler Target bieten HD-Filme nur auf Blu-ray-Scheiben an. Weltweit erreicht Blu-ray beim Verkauf von HD-Videofilmen sogar 66 % Marktanteil.

Es deutet also derzeit einiges darauf hin, dass 2008 das Jahr von Blu-ray werden und sich damit der Einzug von HD-Bildern in die Wohnzimmer beschleunigen könnte. Aber natürlich gibt das HD-DVD-Lager keineswegs klein bei und mit Microsoft und Toshiba als federführenden Unternehmen sind hier auch nicht gerade unbedeutende Player vertreten. Es könnte also leicht passieren, dass das Rennen, das viele nun vorschnell für beendet erklären, durchaus noch die eine oder andere Wendung nimmt — wenngleich wohl niemand die momentane Führung von Blu-ray bestreiten wollte. Aber: It’s not over till it’s over.

Sie werden sehen.