Editorial, Kommentar, Top-Story: 13.01.2011

Stereo-3D: Gestern Top, heute Flop?

Die Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas gilt — wegen ihrer schieren Größe und ihres Termins im Januar — als wichtiges Trendbarometer und als Indikator für die Consumer-Elektronik. Hier werden neue Produkte und Technologien gezeigt, hier werden Trends geboren — und genauso schnell auch wieder begraben.

Letzteres geschah in diesem Jahr mit dem Thema Stereo-3D, das noch im vergangenen Jahr die CES dominiert hatte. Die im Vorjahr auf breiter Front präsentierten Stereo-3D-Displays wurden damals — wie üblich — von einem eindrucksvollen Konzert wohlklingender Verkaufsprognosen für 3D-Produkte aller Art begleitet. Die Begeisterung übertrug sich teilweise auch auf die Profiabteilungen der Elektronik-Hersteller und plötzlich fragten auch deren Kunden nach, ob die Hersteller denn Antworten auf den aktuellen Stereo-3D-Trend parat hätten. Hektische 3D-Betriebsamkeit und Pilotproduktionen waren die Folge.

Mit dem Weihnachtsgeschäft 2010 kam nun jedoch die große Ernüchterung: Die Endkunden kauften sehr viel weniger Stereo-3D-Geräte als erhofft. Und noch schlimmer: Besserung scheint nicht in Sicht, denn glaubt man einer neuen Studie von Nielsen, sind in Nordamerika nur drei Prozent der Consumer bereit, im laufenden Jahr einen Stereo-3D-Monitor zu kaufen.

Und außerhalb des zweifellos sehr wichtigen, größten Elektronikmarkts Nordamerika? Laut Financial Times Deutschland war hierzulande lediglich ein Achtel aller im Weihnachtsgeschäft verkauften Fernseher mit 3D-Technik bestückt. Auch das ist deutlich weniger, als prognostiziert worden war — zudem gehen andere Quellen von niedrigeren Raten aus. Außerdem wurde in Deutschland im Schnitt weniger als eine 3D-Brille pro 3D-Fernseher verkauft: Das lässt den Schluss zu, dass die 3D-Technik den Käufern der 3D-fähigen Geräte gar nicht so wichtig war. Schließlich ist Stereo-3D ja auch nur eines von vielen Features moderner Fernsehgeräte — neben W-LAN, USB-Recording und vielem, vielem mehr.

Weltweit betrachtet, lag der Anteil der 3D-fähigen TV-Geräte bei rund 3 Prozent. 3D ist somit im Consumer-TV-Bereich ein Flop — oder hat zumindest erhebliche Startschwierigkeiten.

Weil aber nichts so alt und out ist, wie die Prognosen von gestern, und weil alles, was sich nicht sofort bewährt, heute nicht mehr analysiert und verbessert, sondern gleich durch andere Aktivitäten rasch beiseite geschoben wird, hat die CES in diesem Jahr das Thema Stereo-3D nahezu geräuschlos beerdigt. Weiter geht’s zur nächsten Technologie: Die heißt — Apple sei’s gedankt — Tablet-PC, also iPad-Kopie. Das nennt sich mal Galaxy Pad, mal EeeSlate, mal Xoom oder sonstwie, und bietet immer eine hochglänzende Display-Oberfläche, die einlädt in eine Welt voller Apps. Von 80 neuen Tablet-PCs zur CES berichtet etwa Spiegel Online.

Weil Apple von seinem iPad im Vorjahr geschätzte 13 Millionen Stück verkauft hat, kann es kaum verwundern, dass nun sehr viele andere Elektronikhersteller versuchen, auf diesen Zug aufzuspringen. Panasonic etwa versucht, die Brücke zwischen Tablet-PC und TV-Gerät zu schlagen: Drahtlos sollen sich Inhalte zwischen Viera-Tablet und Fernseher austauschen lassen, außerdem eigne sich das Tablet als Multifunktions-Fernbedienung fürs Heimkino.

Die passenden Prognosen für den neuen Flachcomputermarkt gibt es  — was für eine Überraschung — auch schon: 55 Millionen Tablet-PCs sollen im aktuellen Jahr verkauft werden. Mal sehen, was die Branche über diese Zahlenvoraussagen im nächsten Jahr denkt. Noch interessanter ist vielleicht eine andere Frage: Was werden die Käufer denn mit ihren Tablet-PCs — über die Bedienung ihres Heimkinos hinaus — wohl alles tun?

Sie werden sehen.