Nachruf: 05.06.2020

Nachruf: Peter Braun, MAT

Peter Braun, Gründer von MAT und langjähriges außerordentliches Mitglied des BVK, ist am 24. 5. 2020, an einer schweren Krebserkrankung verstorben.

Peter Braun von MAT ist verstorben. Das Foto zeigt ihn bei der Verleihung eines technischen Oscars im Jahr 2015.

Peter Braun gründete mit 25 Jahren seine Firma MAT und verschrieb sich der Verbesserung von Bewegungssystemen für die Bildgestaltung. Seine Firma MAT wurde nun nach 43 Jahren aufgegeben.

Der BVK, dem Peter Braun über lange Zeit angehörte, blickt in einem Nachruf auf sein Leben zurück (Auszug):


»MAT krempelte im Lauf der kommenden Jahrzehnte mit filmtechnischen Innovationen und Ideen eine ganz Branche in Deutschland um. In den 80ern holte Peter Braun den ersten mobilen Kamerakran aus Holland nach Deutschland, es folgten die ersten Remote-Köpfe, die Minimotes aus den USA. Er baute Kranschwenker auf, die sich zum ersten Mal stolz Remote Operator nannten. Er bildete Techniker aus, die zum ersten Mal einen von MAT importierten Teleskopkran bedienten: der erste Technocrane in Deutschland war exklusiv nur bei MAT zu mieten. Dann holte er den Shotmaker aus Los Angeles: ein amerikanisches Kamerafahrzeug für Filmeinsätze kurvte auf Deutschlands Straßen…

Es folgte die Snorkel-Kamera, die es nur viermal auf der Welt gab – eine davon bei MAT. Dieses endoskopische Kamerasystem war eine Oscar-prämierte Entwicklung von Paul Kenworthy aus L.A. Mit ihm verband Peter Braun eine lebenslange Freundschaft. Ebenso befreundete er sich mit Garrett Brown, dem Erfinder der Steadicam. Sie teilten nicht nur ihren Humor, sondern auch ihre Leidenschaft für Kamerabewegung. Von ihm bekam Peter Braun weitere Erfindungen exklusiv für MAT: zuerst die Gocam, ein kleines flinkes Schienensystem und dann die Flycam, das erste Seilsystem, das in Deutschland im Einsatz war.

Peter Braun ist am 24. 5. 2020 verstorben.

In den 90ern entstanden bahnbrechende MAT-Eigenentwicklungen wie Cruisecam und Speedtrack, raffinierte Schienensysteme — inzwischen Klassiker, die beim Sport am Spielfeldrand oder auf Konzertbühnen dahinsausen.

2001 folgte die Eigenkonstruktion der Liftcam — ein völlig neuartiges, weil vertikales Schienensystem. Als erstes System dieser Art damals installiert im Studio der Tagesthemen – heute in modifizierter Form weltweit in TV-Studios präsent.

Einsatz bei der ARD.

2004 gelang der ganz große Coup: die Idee und Entwicklung der Towercam. Diese platzsparende, teleskopische Kamerasäule ermöglicht Perspektiven und Kameraeinstellungen, die so bisher nicht möglich waren, wie z.B. die senkrechte Fahrt in einem Treppenhaus oder das teleskopische Eintauchen von oben in ein Set. Für diese filmtechnische Innovation honorierte die Academy of Motion Pictures Arts and Sciences Peter Braun 2015 mit einem technischen Oscar, dem Technical Achievement Award. Zweifelsohne ein wohlverdienter Höhepunkt in der Karriere von Peter Braun und seinem technikverrückten MAT-Team.

2011 folgte dann eine intelligente neue Version der Towercam als 2 in 1, nämlich nur eine Säule, die sowohl hoch teleskopierend als auch von oben herunterfahrend eingesetzt werden kann.

Schlag auf Schlag folgten weitere Erfindungen wie der Aerodolly, der Lizard-Dolly, der Aviator, der Cosmo-Dolly und so weiter. Die Produktlinie umfasste schließlich ausgefeilte Robotic Camera Systeme, die weltweit im Einsatz sind.

Die Towercam.

MAT schrieb Fernsehgeschichte. Die Namen der damaligen Sendungen versprühen heutzutage einen Hauch Nostalgie. Der gesamte TV-Look mit zahllosen Sportveranstaltungen, Shows und Studiosendungen wurde seit den 80ern von MAT mitgeprägt. Schienensysteme, die schnelle Fahrten möglich machen – Seilsysteme, die das Publikum überqueren, turmhohe Teleskopkräne, die in die Location eintauchen – heute gängige Bilder, die durch Technik von MAT möglich wurden. Auch die Filmbranche weltweit setzte sofort auf die außergewöhnlichen Kamerabewegungs-Angebote von MAT. Filme, die in immer konstruktiver und inspirierender Zusammenarbeit entstanden mit Regisseuren wie Tom Tykwer, Jim Jarmusch, Wes Anderson, Wim Wenders – und DoPs wie Frank Griebe, Robert Yeoman usw. Sie alle drehten besondere Film-Momente mit den von Peter Braun entwickelten Systemen. Auch für »Babylon Berlin« war kürzlich wieder eine MAT-Towercam on Location.

Auch komplette Studioinstallationen mit unterschiedlichsten MAT-Systemen wurden weltweit geliefert. Zu der internationalen Rental–Disposition kam in den vergangenen Jahren der immer erfolgreichere Sales-Bereich der MAT-Produkte dazu. So sind etwa Einheiten der Towercam weltweit im Einsatz.

2017 stellte MAT Cosmo vor.

MAT, hinter diesen drei Buchstaben steckte eine kleine, dynamische Mannschaft, die mit viel Know-How, Leidenschaft, Erfahrung und Vergnügen die Film- und TV-Branche revolutioniert hat. Eine Firma, die immer über das normale Rental-Business hinaus agierte und dadurch bekannt wurde – gerade wegen ihrer individuellen und unkonventionellen Lösungen. Der kreative Kopf hinter alldem war Peter Braun, ein feingeistiger und musikfanatischer Tüftler, der sich keine Ruhe gönnte, bis eine Vision wieder Wirklichkeit wurde. Peter Brauns Prinzip war immer: niemals nachbauen, immer nur die eigenen Ideen weiterentwickeln. Und so blieb er immer auf seiner eigenen Spur der unkonventionellen Ideenfindung, seinem Gespür für den Drehort, die Herausforderungen der Bildgestaltung und die höchsten Ansprüche der Kamerabewegung verfolgend.«