Interview, Unternehmen: 03.11.2025

Warum dveas und netorium ihre Kräfte bündeln

Jürgen Firsching, bisher Inhaber der dveas, jetzt Mitvorstand in der netorium AG erklärt die Hintergründe dieser strategischen Entscheidung.

Nach Jahren als unabhängige Player in der Postproduktions und der Broadcast-Branche haben sich die dve advanced systems und die netorium AG zusammengeschlossen. film-tv-video.de sprach mit Jürgen Firsching über die Hintergründe.

Der Konsolidierungstrend: Aktiv gestalten statt reagieren

Auf die Frage, ob netorium und dveas mit ihrer Fusion dem Konsolidierungstrend in der Branche zuvorgekommen sind, antwortet Firsching eindeutig: »Die Zahlen von netorium sind veröffentlicht, die Zahlen von der dveas sind veröffentlicht. Wir waren in keinem Moment, selbst in den schweren Corona-Jahren, in den roten Zahlen.«

©Nonkonform
Jürgen Firsching, bisher Inhaber der dveas, jetzt Mitvorstand in der netorium AG.

Es handelt sich also um eine strategische Entscheidung aus einer Position der Stärke heraus. »Diese Überlegung lag vor ein paar Jahren schon mal auf dem Tisch«, sagt Firsching. Damals habe er das noch kategorisch abgelehnt. »Doch die Marktanforderungen haben sich seit dem geändert«, sagt Firsching, und nennt ein Beispiel: Große Kunden, die aufgrund ihrer langjährigen Zusammenarbeit mit Firsching verbunden waren, signalisierten zunehmend: »Eigentlich bist du zu klein.« Firsching beschreibt diese paradoxe Situation, die sich bisweilen ergab: »Teilweise war es so, dass wir 20 Prozent unseres Gesamtumsatzes mit einem Kunden gemacht haben. Und genau diesen Kunden war aber diese Abhängigkeit zu groß.«

Technologische Synergien

Den Anstoß in Richtung Fusion gab schlussendlich das dveas-Business im Bereich Live-Sport. »Wir sehen nach wie vor einen Wachstumsmarkt im Live-Sport, aber der findet eben schwerpunktmäßig von Freitag bis Sonntag statt«, erklärt Firsching. »Und wenn du da keinen 24/7-Support garantieren kannst bzw. keinen Support in diesen 24 Stunden, in denen die Sport-Events stattfinden, ist das schwierig.« Solche Anforderungen konnte dveas als kleine Firma nur schwer erfüllen – aber netorium wiederum leistet genau das für zahlreiche Projekte seit vielen Jahren.

©LiveU
Live-Sport ist ein Wachstumsmarkt.

Die technologischen Synergien zwischen dveas und netorium gehen aber noch weiter: »Wir sind extrem stark im Storage- und High-Speed-Netzwerk-Bereich«, beschreibt Firsching die dveas-Kernkompetenz. Netorium hingegen betreut in diesem Segment eher große Sender-Installationen. Beide Firmen ergänzen sich also sehr gut.

Das gilt auch für andere Bereiche: Die Expertise der dveas im Bereich 3D, VFX und Pipeline-Systeme erweitert das netorium-Portfolio erheblich. Auf der anderen Seite kann die dveas nun auf die Vertriebsprodukte, Infrastruktur und den Support von netorium zurückgreifen, um größere Projekte zu stemmen.

Neben den sich ergänzenden Portfolios waren auch die komplementären Kundenstämme der dveas und netorium entscheidend: Hier sieht der Vorstand der netorium AG enormes Cross-Selling-Potenzial.

Flexibilität und neue Geschäftsfelder

Ein oft unterschätzter Vorteil des Zusammenschlusses liegt zudem in der Entscheidungsflexibilität, betont Firsching.

©Netorium
Der Netorium-Vorstand: Jürgen Firsching, Peter Frantz und Frank Herrmann.

Diese Agilität ist in einer Branche, die sich so schnell verändert wie die Medientechnik, Gold wert. »Im Post-Umfeld ist es einfach so: Du verkaufst im Januar ein Produkt, das den totalen Hype erlebt, das aber im Juni keinen mehr interessiert, weil es dann schon etwas Neues, Besseres gibt. Darauf musst du schnell reagieren können«, erklärt Firsching die Marktdynamik.

Die Fusion erschließt auch neue Projekte, die vorher aufgrund begrenzter Ressourcen nicht für die dveas realisierbar waren. Firsching nennt ein Beispiel: »Wir haben für einen großen Industriekunden eine Workflow Pipeline mit Autodesk Shotgrid gebaut. Solche Dinge können wir zukünftig auch den Broadcast und Industriekunden von Netorium anbieten.«

Resümee

»Für uns geht es im ersten Schritt nach der Fusion darum, dass wir unsere Kundenbasis verbreitert haben und die Produkte, die schon im Haus sind, nun auch den Kunden anbieten, die vielleicht vorher etwas anderes gekauft haben. Daraus werden dann sukzessive weitere Ziele und Projekte entstehen«, sagt Firsching.

Er bilanziert: netorium und dveas bilden ab sofort gemeinsam unter der Marke netorium ein schlagkräftiges Team, das bereit ist, die Herausforderungen einer sich rasant verändernden Medienbranche anzunehmen – mit der Flexibilität eines mittelständischen Unternehmens.

»Ich habe meine dveas Anteile gegen Aktien der netorium AG getauscht. Da ist kein extra Geld geflossen« erklärt Firsching das Konstrukt des Deals. Es war also kein klassischer Exit, sondern eine echte Fusion auf Augenhöhe.