Recording, Test, Top-Story: 07.02.2004

Doppelt dickes Ding

In DV auf Band und Festplatte aufnehmen: Der Dockrecorder DR-DV5000 macht aus dem Band-Camcorder GY-DV5001 einen Dual-Drive-Camcorder.

Die Verwandlung des GY-DV5001 zum Dual-Drive-Camcorder ist ganz einfach: Dock-Diskrecorder DR-DV5000E anflanschen, fertig. Beim Neukauf liefert JVC den entsprechend bestückten Camcorder mit DV-Bandlaufwerk und angedocktem Festplattenrecorder fix und fertig aus. Wer schon einen Profi-Camcorder besitzt, kann ihn aber auch nachträglich mit dem Dock-Diskrecorder bestücken. Die dafür notwendigen kleinen Modifikationen kann man ohne Spezialwerkzeug und mit etwas technischem Geschick auch selbst durch führen. Der Netto-Listenpreis für den DR-DV5000E beträgt 2.150 Euro.

Mit angeflanschtem Plattenrecorder kann der Profi-DV-Camcorder derzeit bis zu sechs Stunden Material auf einer 80-GB-Harddisk speichern – und zwar in voller DV-Qualität. Der Recorder arbeitet mit Wechsel-Festplatten, die von oben in einen Slot des Geräts passen. In der Standardausführung ist eine 40-GB-Platte vorgesehen, was für rund 3 Stunden DV-Material reicht. Es lassen sich natürlich auch kleinere Harddisks verwenden.

Der DR-DV5000 besteht also aus zwei Hardware-Komponenten: einem Gehäuse mit seitlichem Display und Bedientasten, das direkt hinten an den Camcorder geschraubt wird, und einer FireWire-Wechselfestplatte, die in einen Slot dieses Gehäuses passt. Der besondere Charme dieser Lösung: Man kann die Platte aus dem Recorder nehmen und direkt an einen Rechner mit FireWire-Buchse anschließen. Weil sich die DV-Daten auf der Platte in verschiedenen Dateiformaten ablegen lassen, können die Daten dann von verschiedenen Schnittprogrammen direkt verarbeitet werden: Umständliches Importieren der Bilder und Töne kann also entfallen.

Wem diese Idee und auch der DR-DV5000E bekannt vor kommen, der hat das Gerät wahrscheinlich schon unter einem anderen Namen gesehen: Focus Enhancement aus den USA hat das Gerät entwickelt und bietet es unter der Bezeichnung FireStore 3 auch selbst an. JVC hat diese Lösung im DR-DV5000 so an die Camcorder GY-DV5000 (Test in der info-Zone)und 5001 angepasst und auf diese Modelle optimiert, dass sich den Besitzern dieser Kombination einige Vorteile und zusätzliche Möglichkeiten eröffnen, wie im Abschnitt Bedienung und Funktion erläutert.

HANDLING
Der DR-DV5000 ist so konzipiert, dass er direkt auf der Rückfront des Camcorders sitzt und an seiner Rückseite wiederum Platz für die Akkuhalterung bietet. Der diskbasierte Dockrecorder ist also im Sandwich-Stil zwischen Camcorder-Rückfront und Akku eingeklemmt. Dadurch wird der Camcorder ziemlich lang und der Schwerpunkt verlagert sich deutlich nach hinten. Weil man ja mit dem Dockrecorder einen zusätzlichen Verbraucher betreibt (Leistungsaufnahme laut Hersteller 7,5 W), liegt es nahe, auch noch einen zweiten Akku an zu flanschen, wie das ohnehin viele Profi-Anwender tun. Dann verstärkt sich die Hecklastigkeit noch mehr, weil der hinterste Akku wegen der Hebelwirkung noch wesentlich mehr nach hinten unten zerrt. Auch bringt der Dockrecorder selbst wegen seiner massiven, robusten Metallausführung 1,1 kg zusätzliches Gewicht auf die Schulter (inklusive 40-GB-Festplatte).

Erstes Resümee: Man kann damit arbeiten, aber bequem und komfortabel fühlt sich anders an. Nach längerem Schulterbetrieb nervt die Hecklastigkeit ziemlich und ist recht ermüdend. Vielleicht wäre dieser Effekt mit einem anderen, schwereren als dem von JVC im Set angebotenen 14fach-Fujinon-Objektiv weniger stark ausgeprägt. Aber dann wächst eben noch einmal das Gesamtgewicht.

Die Bedienung im laufenden Betrieb erwies sich dagegen bei der JVC-Kombination als unproblematisch. Neben der guten funktionalen Intergration der beiden Geräte verdienen auch die beiliegenden Fernbedienungen (Kabel- und IR-Bedienung) eine lobende Erwähnung, weil sie den Bedienkomfort deutlich steigern, etwa wenn man mal schnell am Drehort sehen will, was man schon im Kasten hat.

BEDIENUNG UND FUNKTIONEN
Der DR-DV5000 verfügt über ein seitliches Display, unterhalb dessen die Bedientasten liegen. Damit lassen sich alle Funktionen des Diskrecorders direkt am Gerät einstellen und kontrollieren. Nicht alle Menüs erschließen sich auf den ersten Blick, es ist schon hilfreich, einen Blick in die Bedienungsanleitung zu werfen, bevor man loslegt. Ein etwas höherwertiges Display, das auch weniger spiegelt, wünscht man sich aber schon nach kurzer Zeit: Das wäre in jedem Fall eine sinnvolle Verbesserung des Geräts.

Wichtiger Schritt vor dem Aufzeichnen: Man muss die grundlegenden Eckdaten im Set-Up-Menü einstellen: Zeit, Datum, verwendeter Camcorder-Typ, Art der Timecode-Aufzeichnung und ähnliches.

Ist das alles erledigt, wird auf Wunsch der Status der Festplatte im Sucher des JVC-Camcorders angezeigt und es stehen nicht nur Funktionen wie Dump-to-Tape und Dump-to-Disk für das problemlose Kopieren zwischen den Aufnahmemedien zur Verfügung, sondern auch erweiterte Steuerfunktionen.

Im Record-Menü findet sich etwa eine Vielzahl unterschiedlicher Aufzeichnungsmöglichkeiten zur Auswahl: Ganz generell ist es möglich, die Aufnahme am Diskrecorder direkt zu starten, aber auch eine Synchronisierung mit den Start/Stopp-Tasten des Camcorders ist möglich. Dann startet der Disk-Camcorder zeitgleich die Aufzeichnung auf Band und Disk, sobald der Kameramann die Start-Taste des Camcorders drückt. Man kann aber auch einstellen, dass die Disk erst dann aufzeichnet, wenn das Band nur noch fünf Minuten Restlaufzeit hat — und es gibt noch weitere Betriebsmodi.

Sehr schön und nützlich ist die Time-Lapse-Funktion, mit der sich Zeitraffer-Aufnahmen realisieren lassen. Dazu stellt man vorher im Record-Menü ein, nach welcher Zeitspanne der Diskrecorder jeweils ein Frame aufzeichnen soll. Von diesem Zeitpunkt an kann der Disk-Camcorder gewissermaßen selbstständig arbeiten und etwa vorbeiziehende Wolken im Zeitraffermodus aufzeichnen, was ja mit rein bandbasierten Camcordern nicht funktioniert (es sei denn, sie haben ein Speicher-Board eingebaut wie der AJ-SDX900 von Panasonic, Test in der Info-Zone von www.film-tv-video.de).

Auch Funktionen, die von Camcordern aus der News-Berichterstattung bekannt sind, bietet der DR-DV5000. So lässt er sich in den Modus RetroCache versetzen und schreibt dann zehn Sekunden Video in einer Endlosschleife kontinuierlich in einen Speicher. Drückt der Kameramann auf den Start/Stopp-Knopf des Camcorders, dann hat er auch die zehn Sekunden vor dem ersten Knopfdruck »im Kasten« und es wird sofort weiter aufgezeichnet, bis die Aufnahme mit einem zweiten Knopfdruck gestoppt wird. (Das entspricht der Funktion, die von anderen Herstellern als RetroLoop bezeichnet wird.)

Das ist besonders interessant für Nachrichten-Journalisten oder Dokumentarfilmer, die auf ein Motiv halten und nicht genau voraussagen können, wann sich die entscheidende Szene abspielen wird.

Eine ähnliche Funktion, aber mit längerer Schleifenzeit, heißt beim DR-DV5000 RetroLoop. Hier wird nicht kontinuierlich in einen 10-Sekunden-Cache, sondern direkt auf die Harddisk gespeichert. RetroLoop ist für alle interessant, die längere Loop-Zeiten als zehn Sekunden benötigen – etwa Naturfilmer.

DATENTRANSFER INS NLE-SYSTEM
Als besonderes Feature hebt JVC hervor, dass der DR-DV5000E in allen gängigen File-Formaten aufzeichnen kann, mit denen DV-basierende NLE-Systeme arbeiten. Zur Auswahl stehen etwa Avids OMF-DV, Quicktime-DV, RawDV, AVI Type 1-DV/2-DV, Canopus AVI-DV und Matrox AVI-DV.

Großer Vorteil hierbei: Wenn der Camcorder die DV-Daten schon im passenden Format aufzeichnet, müssen sie vor der Bearbeitung nicht mehr kopiert oder konvertiert werden. Statt dessen kann das Schnittsystem sofort und direkt auf die Daten zugreifen, die auf der Wechselplatte liegen, sobald diese an den Rechner angeschlossen wird. Das spart enorm viel Zeit und funktionierte im Test auch wirklich tadellos. So konnten die Tester die aufgezeichneten Quicktime-Files etwa problemlos mit Apples Editing-Software Final Cut Pro (Test in der Info-Zone) aufrufen und bearbeiten.

Besonders bequem hierbei: Man kann die Platte einfach aus dem Dockgehäuse entfernen, per FireWire an den Rechner anschließen, und schon stehen die Files zur weiteren Bearbeitung bereit. In diesem Fall ist nicht einmal ein zusätzliches Netzgerät für die Festplatte notwendig, sie holt sich ihren Saft direkt über die FireWire-Verbindung. Für andere Fälle bietet JVC optional ein externes Netzgerät für die Platte an, so dass sie sich ganz normal hochfahren lässt und vom Rechner als externes Laufwerk erkannt wird.

Der Datentransfer ins nonlineare Editing-System funktionierte mit dem DR-DV5000 im Test absolut zuverlässig, hier zeigt sich, dass die Technologie des FireStore, die dem DR-DV5000 ja zugrunde liegt, mittlerweile sehr ausgereift und auch praxiserprobt ist. Selbst provozierte »Abstürze« konnte der Dockrecorder verkraften, etwa wenn einfach die Stromzufuhr gekappt wurde.

FAZIT
JVCs DR-DV5000 ist für bestimmte Applikationen ganz sicher eine sinnvolle und praktikable Ergänzung für den Profi-DV-Camcorder DV5000/5001 und auch für andere Camcorder, auch wenn sie das beim Andocken entstehende Gesamtgerät etwas unhandlich werden lässt. Mit ihren unterschiedlichen Aufzeichnungsfunktionen eröffnet die JVC-Kombination nämlich im Gegenzug auch Anwendern mit kleinerem Budget neue Möglichkeiten und Einsatzbereiche dort, wo man bisher nur mit wesentlich mehr Aufwand und zu höheren Kosten das Gewünschte erreichen konnte. Der Netto-Listenpreis für den Recorder inklusive 40-GB-Platte beträgt 2.150 Euro. Das ist nicht billig, aber die derzeit preisgünstigste Möglichkeit, einen Harddisk-Camcorder sein eigen zu nennen.

Der simple und schnelle Transfer der Aufzeichnungen zum NLE-System ist ein weiterer, großer Pluspunkt, der besonders bei zeitkritischen Einsätzen zählt. Letztlich verbindet der Dual-Drive-Camcorder zwei Welten: Er erzeugt auf Wunsch gleichzeitig einen Bandmitschnitt fürs Archiv und Files für die schnelle Verarbeitung.

Downloads zum Artikel:

T_0401_DR_DV5000.pdf

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