Messe, Top-Story: 07.06.2004

NAB2004: Es geht wieder was

Die Kurzanalyse der NAB2004 ist simpel: Die Stimmung war deutlich besser als im Vorjahr, es waren mehr Besucher da, an den Ständen herrschte wieder viel mehr Betriebsamkeit, es gab Weg weisende, visionäre Produktpläne und klarere Firmenstrategien. Es herrschte das positive Gefühl vor: Jetzt geht wieder was.

Die bessere Emotionslage während der NAB2004 hatte in vielen Fällen auch ganz handfeste Gründe: Eine wachsende Zahl von Firmen sieht einen positiven Trend, kann wieder bessere Quartalsergebnisse vorweisen. Die Nachfrage und das konkrete Interesse steigen, mehr Kunden investieren wieder. Natürlich beziehen sich diese im Rahmen einer amerikanischen Messe in Las Vegas gemachten Aussagen überwiegend auf den US-Markt, aber in etwas abgeschwächster Form konnte man Ähnliches auch von den meisten deutschen Messeteilnehmern hören.

Von denen waren allerdings wesentlich weniger über den Atlantik gereist als bei früheren NABs: Viele deutsche Broadcaster etwa waren offiziell gar nicht oder mit deutlich geschrumpfter Mannschaft in Las Vegas. Wo früher ganze Senderdelegationen aus Deutschland in Mannschaftsstärke auf den Ständen unterwegs waren, bewegten sich in diesem Jahr durchweg nur kleinere Grüppchen.
Das ist ganz sicher ein gutes Zeichen für das europäische Gegenstück zur NAB, die IBC. Dort werden sich im Herbst in Amsterdam dann zweifellos auch wieder mehr deutsche Broadcaster auf den neuesten Informationsstand bringen.

Das dominierende Thema der NAB war HD – wie nicht anders zu erwarten. Der amerikanische Markt schien sich mit der NAB2004 auf eine rasante, positive Trendwende ein zu stellen. Kaum ein Hersteller, der in Pressekonferenz oder Einzelgespräch nicht betonte: »HD is here«, »HD is a reality« oder Ähnliches.Viele sehen »enormes Wachstum im HD-Bereich«, betrachten HD als »significant source of revenue in the coming year« und beschwören die HD-Welle. Passend wählte Sony als eigenes Messemotto: »Ride the HD wave«. Dieser Slogan hatte aber tatsächlich für die ganze Messe Gültigkeit: HD ist eine Welle, die viele NAB-Besucher mitreißen konnte.

»Das mag für die USA stimmen, aber in Europa sieht das ganz anders aus«, wenden Leute ein, die man je nach persönlicher Haltung als skeptische Pessimisten oder Realisten betrachten kann. Wie rasch die Welle über den Atlantik läuft und wie hoch sie am Ende ihrer Reise noch ist, das lässt sich in der Tat noch nicht wirklich abschätzen, ist eher Glaubenssache, als auf Fakten gegründet: auf Seiten der Nein-, wie der Ja-Sager. Die fürs Geschäft so wichtige Grundstimmung der Branche hellte sich mit dieser Messe aber ganz klar auf, war wieder viel positiver.

Die Hersteller jedenfalls taten alles Notwendige, um die HD-Welle mit Kampfpreisen nach Kräften auf zu peitschen. Um nur zwei herausragende Beispiele zu nennen: Sony zeigte einen HDCAM-Camcorder, der mit einem Preis von rund 40.000 Euro billiger ist, als ein Digital-Betacam-Camcorder. Panasonic präsentierte einen DVCPROHD-Recorder mit Firewire-I/O für rund 25.000 Dollar.

Allen scheint allmählich klar zu werden, dass man mit HD wohl nicht richtig Kasse machen kann, wie das in früheren Boom-Zeiten mal ging, aber dass HD der Schlüssel sein könnte, um wieder normales Geschäft in Gang zu bekommen. »HD darf letztlich nicht viel mehr als SD kosten, dann läuft das Business wieder an«, diese Erkenntnis verbreitet sich, wurde während der Messe an verschiedensten Stellen offen ausgesprochen und zunehmend werden nun auch Möglichkeiten gesucht und gefunden, das in die Realität um zu setzen.

Wie real ist HD in Europa? »Das Interesse an HD ist während dieser Messe viel konkreter als je zuvor. Auch die europäischen Broadcaster fragen konkret nach HD-Produkten, haben entsprechende Projekte in der Planung, die nicht mehr in weiter Ferne liegen, sondern im Zeitraum eines Jahres.« So oder ähnlich war es in Gesprächen mehr als einmal zu hören, oder auch: »Jeder größere Broadcaster braucht in Zukunft auch mindestens ein Studio oder einen Ü-Wagen in HD, entweder selbst, oder zumindest im Zugriff – auch in Deutschland. Sonst koppelt er sich von der Zukunft ab. Diese Erkenntnis setzt sich langsam durch.«
Dass die Branche den daraus resultierenden Schub brauchen kann, soviel ist sicher. Könnte gut sein, dass die NAB2004 und die kommende IBC hier eine Wende markieren.

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