Messe: 15.09.2010

IBC2010: Super Hi-Vision

Wieder bei der IBC zu Gast: NHK zeigte in Amsterdam höchstauflösendes Zukunftsfernsehen, das 2020 in den Probebetrieb gehen soll: Super Hi-Vision arbeitet mit 7.680 x 4.320 Bildpunkten.

Bei der IBC war Super Hi-Vision zum ersten Mal im Jahr 2006 zu sehen, damals noch unter der Bezeichnung Ultra High Definition (Meldung). Nun war diese vom japanischen Staatsfernsehen NHK getriebene Entwicklung wieder zu Gast in Amsterdam — und es gab etliche Fortschritte zu sehen.

In der japanischen Kultur und Gesellschaft gilt es — so sagt man — als besonders ehren- und tugendhaft, nicht aufzugeben, immer weiter zu machen, dran zu bleiben, durchzuhalten. Das Wort dafür heißt Ganbaru und die dahinter stehende Haltung soll auch ein ehrgeiziges Projekt des japanischen Staatsfernsehens NHK zum Erfolg führen: Super Hi-Vision (SHV).

Im Rahmen der Expo2005 in der japanischen Präfektur Aichi, wurde das TV-Verfahren erstmals vorgeführt. Seither haben die Entwickler nicht nachgelassen, an dem ambitionierten Projekt weiter zu arbeiten, das 2020 in den Probebetrieb gehen und via Satellit in Japan ausgestrahlt werden soll. Nach 2006 und 2008 wurde das Verfahren nun zum dritten Mal im Rahmen der IBC präsentiert und der aktuelle Entwicklungsstand gezeigt.

Während der Rest der IBC um das Thema Stereo-3D rotierte, setzt SHV auf ein riesiges 2D-Bild und ein aufwändiges Tonverfahren mit 22.2-Kanal-Surround-Sound. Die 7.680 x 4.320 Bildpunkte ergeben bei gleicher Pixelgröße ein 16 mal größere Bildfläche als HD mit seinen 1.920 x 1.080 Bildpunkten. Die dafür nötigen Daten wegzuschreiben und zu verarbeiten, fordert erheblichen Tribut: Noch immer ist deutlich zu spüren und zu sehen, dass das Verfahren an der Grenze des derzeit technisch Machbaren liegt. So hatte etwa der Projektor, mit dem SHV während der IBC2010 vorgeführt wurde, mit toten Pixeln zu kämpfen und zeigte eine feine, aber störende dunkle, horizontale Linie ungefähr in der Bildmitte. Es hatte aber auch niemand behauptet, dass hier etwas Fertiges, Ausentwickeltes präsentiert würde: Man sah »work in progress« und der »progress« gegenüber früheren Demos war deutlich sichtbar. Es ist ein absolut erwünschter Effekt solcher NHK-Projekte, Limits zu brechen und die Technik voranzutreiben.

Das SHV-Equipment ist immer noch größer und unhandlicher als das was heute üblich ist, aber es ist schon deutlich kompakter als bei den ersten Demos. Noch wichtiger als die Entwicklung unter diesem eher hardware-orientierten Aspekt, ist aber wahrscheinlich die Arbeit an den Codecs, Transcoding- und Kompressionsverfahren: So hat NHK ein Kompressionssystem für SHV entwickelt, das acht parallel-geschaltete MPEG-4-Encoder nutzt.

In der neuen Vorführung gab es eine Live-Schaltung innerhalb von Amsterdam. Aufnahmen von einem Marathon-Lauf in Tokio und die Dokumentation »Nagigamas Dream«, in der eine sehr japanische, religiöse Tradition porträtiert wird: Onbashira-matsuri, das rituelle Fällen, Transportieren, Weihen und Aufrichten eines riesigen Baumstamms, der dann an der Ecke eines Schreins aufgestellt wird. (Der Suchbegriff »Onbashirai« ergibt bei Youtube zahllose Treffer, die Super-Hi-Vision-Produktion ist aber natürlich nicht dabei. Anspiel-Tipp: Eines der etwas besseren Youtube-Videos hierzu in 720p mit Eindrücken ab 2:30 und Höhepunkt bei 5:30.)

Um die Live-Bilder vom Amsterdamer Hauptbahnhof ins IBC zu übertragen, kam eine Glasfaserverbindung zum Einsatz, die 16 parallel HD-SDI-Signal verknüpft, um eine Datenrate von 24 Gbps zu realisieren. Die aufgezeichneten Beiträge wurden von einem Festplattenrecorder zugespielt. Alle Bilder wurden mit einem speziellen Projektor vorgeführt, der die volle SHV-Auflösung darstellen kann.

Vor dem Kino präsentierten die Industriepartner von NHK den aktuellen Stand bei der Entwicklung von Technologien und Produkt-Prototypen, darunter auch 58-Zoll-Monitore mit halber Systemauflösung, also 3.840 x 2.160 Bildpunkten und extrem kleinem Pixelabstand von 0,33 mm, wodurch sehr geringe Betrachtungsabstände möglich werden. Um Tonaufnahmen für das Multikanal-Audiosystem realisieren zu können, wurde ein etwa medizinball-großes Mikrofon-Array gezeigt. Die aktuellen Kameras sind schon deutlich kleiner geworden, als bei den ersten Demos, die NHK-Ingenieure gehen davon aus, schon in wenigen Jahren auch einen SHV-Camcorder präsentieren zu können. Die größten Entwicklungssprünge sind erwartungsgemäß beim Aufnahmesystem, beim Codec und dem Down-Konverter zu sehen. Der Down-Konverter kann aus SHV-Bildern 4K– oder HD-Bilder erzeugen.

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