Technology Innovation Days: IP und HDR
Rohde & Schwarz, Lawo und Sony luden während der Berlinale zu den »Technology Innovation Days«. Die Veranstaltung im 3IT-Center des Berliner Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institutes vermittelte Erfahrungen mit großen IP-Vernetzungsprojekten und beleuchtete die Bildverbesserungsmöglichkeiten mit HDR in 2K und 4K.
Hersteller, aber auch Anwender und Kunden berichteten bei dem Event über aktuelle Projekte und tauschten sich in Vorträgen und Diskussionsrunden aus.
IP-Installationen
Berater Alain Polgar stellte einleitend fest, dass viele Technik-Unternehmen aktuell mit ganz unterschiedlichen Entwicklungen zu kämpfen haben: die B2C-Geschäftsmodelle und das Konsumentenverhalten der Kunden haben sich gravierend verändert, und die traditionell linear ausstrahlenden TV-Sender haben neue, mächtige und vor allem reiche Wettbewerber bekommen, so Polgar: So könnte Amazon mit seinen Ressourcen alle TV-Stationen aufkaufen, meint Polgar, und Netflix investiere mehr in Inhalte als die restliche Fernsehwelt zusammen. Außerdem arbeiteten diese großen internationalen Kapitalgesellschaften intern nach wie vor mit der Agilität von StartUps. Beides berge Gefahren für die arrivierten Wettbewerber.
Die Streamer nutzen die technologische Transformation, die auf datengetriebene Umsätze aufsetzt und u.a. den Telekoms den Zugang zu den Geschäftsmodellen der Bewegtbildverbreitung öffnet. In die technische Ausstattung haben TV-Sender früher investiert, um laufende Ausgaben zu sparen, erinnerte Polgar. Heute muss man Technik austauschen, um noch schneller noch mehr Kunden zu akquirieren. Denn in der datenzentrischen Welt wird die Zeit zum kritischen Faktor. Eine Lösungsmöglichkeit dafür sei die IP-Vernetzung.
Alles IP! Praxisbeispiele aus Portugal, Australien und der Schweiz
Die neue Zentrale der portugiesischen Senderfamilie SIC ist intern und einschließlich vieler Außenverbindungen mit IP-Strukturen vernetzt. Laut Claus Pfeifer, Sony, wird dabei auf dem SMTPE-Standard ST2110 aufgesetzt. Der Auftraggeber orderte u.a. einige HDC-1700 Kameras und XVS7000-Mischer und setzt das Steuersystem VSM von Lawo ein. Die Rede ist unter anderem von »shared Production«, was letztlich auf die Fernbedienung verschiedener Geräte von der Zentrale aus hinausläuft. IP-Vernetzung, so die Erfahrung, schafft ein Höchstmaß an Flexibilität, das vergleichsweise einfach zu operieren ist.
Auch beim australischen Produktionsdienstleister NEP werden z.B. für Fußball-Liveproduktionen für Fox mehrere feste Standorte und die Einsatzstellen der neuen 4k Trucks (mit 28 Kameras Sony HDC-3100) komplett mittels IP-Infrastrukturen verbunden. SDI-Kabel gibt es an Bord der OB-Vans nicht mehr. Netzwerk-Zentralen wurden in Sydney und Melbourne eingerichtet; dort sind die anderen Firmenstandorte angeschlossen. Für Fußball-Liveproduktionen wird nicht mehr das komplette Personal an den Ereignisort geschickt. Etliche erledigen ihre Aufgaben in der für die Produktion zuständigen Zentrale, und zwar via IP-Anbindung. Das spare u.a. Reisekosten in erheblichem Umfang; Mitarbeiter werden nicht mehr zum Produktionsort geschickt.
Ähnlich sieht es Andreas Lattmann, CTO der tpc. Der Schweizer Dienstleister hat kürzlich einen 24 Kamera 4k HDR Ü-Wagen in Betrieb genommen (siehe Beitrag). Auch der Neubau des Sport-, News- und Technikcenters Metechno in Zürich, das demnächst gemeinsam mit der SRG genutzt wird, ist komplett IP-basiert (siehe Beitrag). Sämtliche Verbindungen basieren auf SMPTE ST211, auf hybride Komponenten wurde verzichtet. Auch Lattmann hob unter anderem die hohe Flexibilität im Umgang mit den Ressourcen hervor. Zwangsläufig werden nach außerhalb aber Gateways für andere Standards vorgehalten. Der Gewinn bestehe in der Flexibilität der Produktionsweise und der Produktions- und Ausgabeformate: Man kann z.B. von 1080i/25 bis UHD HDR produzieren und die Signale parallel auf verschiedenen Wegen ausgeben. IP werde mittelfristig zu sinkenden Kosten führen, ist Lattmann überzeugt. Abgesehen davon, dass der Neubau in dem gegebenen Kostenrahmen mit konventioneller Technik nicht realisierbar gewesen wäre.
IP sei der richtige Ansatz – vor allem, wenn es um nachträgliche Erweiterungen um andere technische Standards (z.B. von 2K auf UHD) gehe, ergänzte Johannes Kuhfuß (Lawo). 2K HDR könnten problemlos produziert werden. Die Möglichkeiten für das Routing seien erheblich besser als die von SDI. Der SMTPE -Standard integriere die spezifischen Broadcast-Anforderungen in existierende IP-Protokolle. Das werde dem Bedarf der Broadcast-Branche gerecht, auch wenn die Arbeit an einigen Unterpunkten von ST2110 noch abzuschließen ist.
Markus Ruoff (Rohde & Schwarz) vermisste allerdings universelle Messtechnik-Produkte für das Monitoring. Die Lösung müsse so flexibel sein, dass neben den üblichen Ausspielungen mit DVB, Livestreams, MPEG-Dash usw. auch befristete Eventkanäle messtechnisch erfasst werden.
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