Broadcast, Top-Story: 30.03.2001

Ü-Wagen fürs Web: Wige-Streamliner

Auf Basis eines Mercedes-Transporters ließ die Wige Media AG von der Protec GmbH einen neuen, kompakten Ü-Wagen bauen, der für die Live-Übertragung ins Internet optimiert ist. Streamliner nennt Wige das Web-TV-Mobil. Ein Blick auf das Konzept und die Technik.

Bei der Konzeption des Streamliners standen die Ingenieure der Wige Media AG vor der Aufgabe, die professionellen Standards einer Fernsehproduktion mit einer für das Internet adäquaten Technik und Kostenstruktur zu verbinden. Herausgekommen ist dabei ein von der Protec GmbH für Wige gebautes Web-TV-Mobil, das schon kurz nach der Ankunft am Produktionsort sendebereit ist und zu bisher unerreicht niedrigen Kosten professionelle Live-Übertragungen erlaubt.

Im Vergleich zu den üblichen Broadcast-Ü-Wagen, die mit vergleichweise geringem zusätzlichem Technik-Aufwand natürlich ebenfalls einen Webstream absetzen können, sinken die Produktionskosten mit dem Streamliner um bis zu 75 %. Die niedrigeren Kosten ergeben sich vorrangig aus dem wesentlich geringeren Personalaufwand. Dazu kommt die kostenbewußte Zusammenstellung des verwendeten Broadcast-Equipments. Stefan Gehrke, Leiter New Media bei Wige: »Mit dem Webmobil verfügen wir jetzt über Equipment, das auf ideale Weise Wige-Media-Knowhow aus den Bereichen TV und Web-Streaming verbindet. Damit bewegen wir uns auf völlig neuen Wegen und eröffnen nebenbei auch einen ganz neuen Markt.« Dabei ist aus Sicht von Stefan Gehrke klar: »Es ist wichtig für uns, am Anfang dabei zu sein. Wir werden Erfahrungen sammeln, die uns den entscheidenden Vorsprung geben, wenn es dann so richtig los geht.«
Die Wige Media AG ist besonders durch TV-Produktionen im Sportbereich bekannt, wie etwa die Formel-1-Übertragungen für RTL. Zudem realisierte das Unternehmen auch ohne den Streamliner schon zahlreiche Web-TV-Übertragungen.

KONZEPT UND TECHNIK DES STREAMLINERS
Als autarke Produktionseinheit konzipiert, ist der Streamliner von externer Stromzufuhr ebenso unabhängig, wie von ISDN- oder DSL-Verbindungen. Er ist daher an jedem beliebigen Drehort innerhalb kürzester Zeit einsatzbereit. Zum Equipment gehören zwei fernsteuerbare CCD-Kameras mit motorisiertem Schwenk/Neige-Kopf, zwei Triax-Kameras, eine komplett PC-basierte AV-Produktionsstrecke, sowie die Webstreaming-Technik inklusive Encoder und Satelliten-Uplink.
Der Ü-Wagen verfügt über maximal vier Arbeitsplätze. Das Team besteht aus einem Regisseur, der gleichzeitig für Bild- und Audiomischung, Streaming und Endbild-Kontrolle zuständig ist, einem Spezialisten für Editing und Postproduction, der den Highlight-Schnitt und eventuell notwendige Slowmotion-Zuspielung realisiert, sowie einem Redakteur, der auch den Web-Service abwickelt. Dazu kommt bei Bedarf ein Assistent. Außerhalb des Ü-Wagens werden dann noch bis zu zwei Kameraleute eingesetzt.
Die gesamte Bearbeitung der von den vier Kameras gelieferten Bilder erfolgt auf Rechnerbasis. Werner Habering, als Projektingenieur für die technische Ausstattung des Streamliners verantwortlich, erläutert: »Das Kernstück unseres Streamliners ist StreamGenie2, ein Industrie-PC der gleichzeitig als Videomischer, Effektgerät, Schriftgenerator und Streaming-Encoder fungiert.«
Ergänzt wird das StreamGenie-System von Pinnacle durch zwei kombinierte, vernetzte PCs und ein RAID-Array für Aufzeichnung und Bearbeitung (Editing, Slowmotion) des Bild- und Tonmaterials. Die gesamte Signalverarbeitung erfolgt im DV-, MPEG-2– oder M-JPEG-Format.
Drei DV-Recorder für Aufzeichnung und Zuspielung stehen im Streamliner ebenfalls bereit. Fürs Monitoring sind 15- und 18-Zoll-LCD-Monitore eingebaut.

ÜBERTRAGUNG INS INTERNET
Um den Videostream zu versenden, wird ein Antennensystem mit motorischem Drehstand verwendet. Werner Habering: »Das System ist in der Lage, sich selbst auszurichten und bucht sich automatisch ein. Über den Satelliten-Uplink können Streams mit einer maximalen Datenrate von 2 Mbps abgegeben werden. Mit Realvideo und Windows Mediastehen die derzeit marktbeherrschenden Videostream-Formate zur Verfügung.« Bis zu sechs Streams gleichzeitig lassen sich mit frei skalierbarer Bandbreite absetzen, darunter mit passenden Datenraten für 56k-Modem, ISDN und DSL-768k.«
Für die Weiterleitung des Videostreams auf die Internet-Seite des jeweiligen Kunden stehen drei Varianten zur Verfügung. Das Signal kann in Schweden über eine Downlink-Anlage vom Satelliten abgeholt und in einen Internet-Backbone eingespeist werden. Verfügt der Kunde über eine eigene Downlink-Anlage, kann er diesen Schritt auch selbst durchführen. Die dritte Möglichkeit: Wige Media übernimmt nicht nur die Produktion des Streams, sondern auch das komplette Hosting der Webpage.

ZIELGRUPPEN, EINSATZGEBIETE
Für Stefan Gehrke, Leiter New Media bei Wige, sind die ersten Einsätze für den Streamliner klar: »Wir beginnen naturgemäß mit Sportübertragungen. In diesem Bereich verfügen wir über eine spezifische Kompetenz, ohne die eine professionelle Berichterstattung nicht möglich ist.« Der Streamliner eignet sich aber auch für viele andere Einsätze, etwa um die Jahreshauptversammlungen von Aktiengesellschaften ins Netz zu übertragen. News- und Breitbandportale können mit dem Streamliner ebenso Live-Streams anbieten, wie Veranstalter von Konzerten und Events aller Art.
Den Qualitätssanspruch von Wige hat Stefan Gehrke klar im Blick: »Es geht nicht darum, irgendwelche Bilder von irgendwelchen Ereignissen ins Netz zu stellen. Dafür braucht man keinen Ü-Wagen, dafür braucht man auch keine ausgebildeten Kameraleute und Redakteure. Uns geht es immer darum, relevante Inhalte intelligent und professionell aufzubereiten.«

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