Report, Top-Story: 05.11.2004

Schulungen live per Satellit

Vom Standort Stuttgart-Vaihingen aus operiert jetzt das Global Training von Daimler-Chrysler. Aus zwei modernen Studios in dem neuen Gebäude schult der Konzern europaweit Mitarbeiter im Automobil-Bereich mit dem eigenen TV-Programm »Akubis«: per Live-TV-Ausstrahlung und Videokonferenz.

Akubis steht als Kurzform für den etwas sperrigen Begriff »Automobil kundenorientiertes Broadcast-Informationssystem« und bezeichnet das Schulungsfernsehprogramm des Global Training Centers von DaimlerChrysler. »Wir erreichten mit Akubis bislang rund 20.000 Teilnehmer pro Jahr, überwiegend im deutschsprachigen Raum. Das werden wir künftig auf rund 40.000 Teilnehmer aus Europa und angrenzenden Ländern ausweiten. War das Programm bisher ausschließlich auf Mercedes-Mitarbeiter abgestimmt, so kommen künftig auch Smart- und Chrysler-Mitarbeiter dazu,« erläutert Willi Kaufmann, der als Manager innerhalb der Abteilung Global Training von DaimlerChrysler für Akubis verantwortlich ist. »Mit den beiden neuen Studios erweitern sich unsere Möglichkeiten gegenüber dem, was wir bisher schon vom Standort Esslingen-Brühl aus realisieren konnten.«

Die zentralen Elemente der Technik wurden weitgehend vom früheren Standort übernommen, wo eine auf Digital Betacam basierende Ausstattung den Betrieb in hoher Qualität sicherstellte. Dennoch war eine detaillierte Planung nötig, um neue Möglichkeiten zu eröffnen und Arbeitsabläufe zu verbessern. »Die Technik war am früheren Standort über mehrere, historisch so gewachsene Einrichtungen verteilt. Nun verfügen wir über zwei völlig flexible Studios, die wir getrennt nutzen oder zusammenlegen und dann gemeinsam als ein großes Studio betreiben können. Zwei identische Regien sind dafür eingerichtet, die auf einen gemeinsamen, zentralen Technikraum zugreifen,« führt Willi Kaufmann aus.

Technical Manager Christian Rehberg von der DaimlerChrysler tv.media GmbH, erarbeitete im Zusammenspiel mit den Stuttgarter Firmen Mevis.tv und Wireworx das Konzept für die Verlegung und die neue Installation der Technik, mit der das Studio auch völlig neu aufgestellt wurde. »Bautechnisch gab es einige Herausforderungen, so etwa die akustische Trennung der Studios voneinander, so dass man tatsächlich in beiden Studios gleichzeitig unabhängig voneinander produzieren kann. Trotzdem sollte eben die Möglichkeit bestehen, aus den beiden Hälften auch ein großes Studio kombinieren zu können,« erläutert Christian Rehberg. 730 Quadratmeter hat das kombinierte Studio, bei Bedarf kann locker ein ganzer Truck an der Stirnwand stehen, was auch regelmäßig passiert, denn im Rahmen von Akubis finden auch Lkw-Schulungen statt.

Nicht nur die akustische Trennung der Studios voneinander war erforderlich und stellte eine Herausforderung dar, es gibt am neuen Standort des DaimlerChrysler Global Training durchaus noch andere akustische Einflussquellen, die den Live-Betrieb stören könnten und deshalb weitestgehend eliminiert werden mussten: Tiefgarage und normaler Bürobetrieb im gleichen Haus gehörten dazu, aber auch die stark befahrene Hauptstraße, die direkt am Gebäude vorbei führt und der Lkw- Leistungsprüfstand gegenüber des Studios. »Diese akustischen Herausforderungen wurden gemeistert«, resümiert Christian Rehberg.

In der Mitte des großen und bei getrenntem Betrieb jeweils am Ende der kleineren Studios, hängen insgesamt acht Dolmetscherkabinen unter der Decke. Jede der Kabinen bietet zwei Dolmetschern Platz, die sich beim simultanen Übersetzen der Live-Sendungen alle 10 bis 15 Minuten abwechseln. »Bislang konnten wir gleichzeitig in fünf Sprachen produzieren, nun sind es acht«, freut sich Willi Kaufmann.

»Eigentlich wurden im Rahmen von Umzug und Modernisierung auf der medientechnischen Seite nur die Kommandoanlage, die Kreuzschienen und die Möbel für die Regien neu angeschafft. Aber es musste natürlich alles neu verkabelt werden, wozu insgesamt rund 8 km Video- und 10 km Audioleitungen verlegt wurden. Wir haben einen hohen technischen Studio-Standard und sind sehr flexibel«, erklärt Matthias Adler, der technische Leiter der Akubis-Studios.

Zielgruppe der Akubis-Sendungen sind in den meisten Fällen die Werkstattmeister, die in Niederlassungen und bei Vertragshändlern beschäftigt sind. Seltener werden auch Vertriebsmitarbeiter per Akubis geschult. Gruppen aus bis zu 15 Mitarbeitern, die sich vorher dafür angemeldet haben, sehen die Sendungen, die live via Satellit ausgestrahlt werden. Damit nur die gewünschten, akkreditierten Teilnehmer zusehen können, wird das Programm verschlüsselt ausgestrahlt und kann nur mit einer speziellen MPEG-2-Decoder-Box betrachtet werden.

Auf der Empfängerseite wird zwischen 56 aktiven und 50 passiven Empfangsstationen unterschieden: Die Aktiven verfügen auch über ein Videokonferenzsystem, können sich also per Rückkanal an der Sendung beteiligen, die Passiven verfügen nur über einen Empfänger und können Akubis wie einem Fernsehprogramm folgen. Am Ende eines jeden Sendeabschnitts können die Teilnehmer mit aktiven Akubis-Systemen direkt per Videokonferenzsystem Fragen stellen. Diese Videokonferenz-Rückmeldungen werden dann direkt live in die Sendung integriert, ähnlich, wie wenn in einer Nachrichtensendung zu den Korrespondenten geschaltet wird. Die Moderatoren und Trainer beantworten die Fragen dann sofort für alle Zuschauer.

Das Programm ist in Sendeblöcke zu bestimmten Themen unterteilt. Einen solchen Block stellte etwa die Schulung der Mitarbeiter für die neue Mercedes A-Klasse dar. Schritt für Schritt erklären dabei Experten und Trainer die Besonderheiten, etwa von Elektronik, Bremsensystem oder Getriebe des jeweiligen Fahrzeugtyps und die notwendigen Service- und Reparaturschritte. Das wird anhand von konkreten Arbeiten an Autos im Studio, an einzelnen Teilen und Baugruppen, mit Funktionsmodellen und Grafiken, aber auch mit vorproduzierten Einspielern gezeigt.

Der gesamte Sendeblock wird jeweils so lange wiederholt, bis ihn alle Mitarbeiter, die sich dafür angemeldet hatten, auch sehen konnten. Auch bei den Wiederholungen handelt es sich um Live-Sendungen, um auf die Fragen und Rückmeldungen der Mitarbeiter in den Niederlassungen eingehen zu können. So kommen bei DaimlerChrysler pro Jahr zwischen 600 und 700 Live-Sendestunden aus dem Akubis-Studio zusammen, im Durchschnitt wird jeden zweiten Werktag gesendet.

»Den Sendeblock zur neuen A-Klasse wollten insgesamt rund 3.500 unserer Mitarbeiter sehen, wir haben die Sendung 12 mal wiederholt, in bis zu fünf Sprachen parallel. Wegen der maximalen Teilnehmerzahl in den Niederlassungen sind nur 300 bis 400 Teilnehmer gleichzeitig möglich, was aber sinnvoll und gewünscht ist, um den Schulungscharakter zu erhalten und die Interaktion per Videokonferenz effektiv handhaben zu können,« führt Akubis-Manager Kaufmann aus.

Vier Blöcke über Pkws, vier über Lkws und dazu noch Sondersendungen: so setzte sich in den vergangenen Jahren das Akubis-Programm zusammen. Neben diesen »klassischen« Akubis-Übertragungen gibt es noch den Akubis-Dialog: mit Sendungen, die weniger Schulungs- sondern eher Info-Charakter haben, etwa über Diagnose- und Abwicklungssysteme oder über Zubehör. Zu jeder Akubis-Sendung gibt es auch einen Online-Auftritt mit Zusatzinfos, PDFs, Grafiken, Clips sowie einer schriftlichen Version der Frage/Antwort-Passagen.

»Wir produzieren hier in Stuttgart-Vaihingen, übertragen das Programm per ATM-Verbindung in das DaimlerChrysler-Sendezentrum nach Esslingen-Brühl, dort findet das Multiplexing und der Uplink zum Satelliten statt,« erläutert der technische Leiter Adler.

»Die Schulungen per Akubis sind der schnellste, effektivste und anschaulichste Weg, um in kurzer Zeit eine große Zahl von Mitarbeitern auf den neuesten Stand zu bringen. Meist bleiben zwischen Start der Serienproduktion und dem Zeitpunkt, an dem erste Kunden das Auto erhalten, nur vier bis fünf Wochen Zeit, um die Mitarbeiter mit dem aktuellen, letzten Stand der Fahrzeuge und der Service-Schritte vertraut zu machen: In dieser kurzen Zeit geht das nur mit Akubis,« stellt Willi Kaufmann die Stärken des Systems heraus.

In der nächsten Ausbaustufe soll Akubis auf der Empfängerseite aufgerüstet werden: Neue Receiver/Decoder-Boxen mit integrierter Harddisk sollen das Mitschneiden und Wiederholen des Programms vor Ort erlauben.

Pro Sendeblock stehen im Studio drei bis vier Tage Vorbereitungszeit zur Verfügung, um den notwendigen Aufbau zu realisieren und Ablaufproben durch zu führen. Der Sendeblock kann einen oder mehrere Tage Programm umfassen, das jeweils in 60- bis 90minütige Abschnitte untergliedert ist und sich mit Praxisübungen vor Ort abwechselt. Der gesamte Sendeblock wird dann so lange wiederholt, bis alle angemeldeten Interessenten ihn gesehen haben, dann schließt der nächste Sendeblock an. Die für die Live-Sendungen nötigen Vorproduktionen in Form von Einspielern und Grafiken werden bei DaimlerChrysler inhouse hergestellt, dafür ist die DaimlerChrysler tv.media GmbH mit Sitz in Esslingen-Brühl zuständig. Das Personal für die Live-Sendungen kommt ebenfalls von dieser Firmentochter. Das Studio selbst gehört aber nicht der DaimlerChrysler-Medientochter, sondern dem Mutterkonzern, der das Studio teilweise auch für andere Zwecke als die Akubis-Sendungen nutzt.

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T_1004_Akubis.pdf

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