Report, Top-Story: 08.08.2006

Lang Lang in China

Die Produktionsfirma Nightfrog begleitete den Starpianisten Lang Lang auf einer Konzert-Tournee durch acht chinesische Städte. Die HDCAM-Produktion wurde in 5.1 Dolby SR realisiert und für die weltweite DVD-Auswertung optimiert. Bei der Produktion von »Dragon Songs – Lang Lang in China« konnten Star und Produktionsteam auf gemeinsame Erfahrungen zurückgreifen, den Nightfrog hatte auch schon den Mitschnitt des ersten Konzerts von Lang Lang in der New Yorker Carnegie Hall in HD realisiert. (Eine druckoptimierte PDF-Version dieses Artikels mit weiteren Infos steht am Artikelende zum Download bereit, Größe: 6 Din-A4-Seiten, 2 MB.)

Benedict Mirow, Regisseur von »Lang Lang – Live at Carnegie Hall« und »Dragon Songs«, zeigt mit der aktuellen Dokumentation den Starpianisten Lang Lang nicht nur als umjubelten Ausnahmemusiker, sondern auch als Mittler zwischen den verschiedenen Kulturen abseits der öffentlichen Konzertbühnen — und von seiner ganz privaten Seite.

Bei der Produktion von »Dragon Songs« setzte Nightfrog auf das HDCAM-Format und Camcorder des Typs HDW-F900 von Sony, in der zum Drehzeitpunkt aktuellen Version III. Gedreht und nachbearbeitet wurde »Dragon Songs« in HDCAM mit einer Bildrate von 59,94i und 5.1 Audio in Dolby SR. Von Beginn stand die internationale Auswertung für TV, DVD und Kino im Vordergrund der Produktion.

Bereits die mit dem »Klassik Echo« prämierte DVD-Musikdokumentation »Lang Lang – Live at Carnegie Hall« hatte Nightfrog vor zwei Jahren in HDCAM produziert (mehr Infos dazu finden Sie hier). »Mit HDCAM als Masterformat stellen wir die internationale Verwertbarkeit der Musik-Dokumentation sicher«, erklärt Nightfrog-Geschäftsführer Benedict Mirow.

Ein zehnköpfiges Produktionsteam unter der Herstellungsleitung von Marc Schmidt begleitete Lang Lang auf seiner Konzertreise durch China. Die ausführliche Dokumentation der Konzertreise mit zahlreichen Konzertmitschnitten ergänzt der Film mit Aufnahmen traditioneller chinesischer Musik, die der Starpianist gemeinsam mit chinesischen Musikern in einem Studio-Setting einspielte: Im Konzertsaal seiner ehemaligen Musikhochschule in Peking. Für den 24jährigen Klassikstar eine ganz besondere Location, hatte er doch hier der erfolgreichen Aufnahmeprüfung einen seiner wichtigsten Erfolge gefeiert.

Die Tour-Dokumentation wurde mit zwei HDCAM-Camcordern aufgezeichnet, bei den Studioeinspielungen kamen vier HDW-F900 zum Einsatz.

Die durchgängige Produktion in HD ermöglichte nicht nur die internationale Auswertung, sondern eröffnete eine weitere Option: die Ausbelichtung auf Film in hoher Qualität. Noch ist offen, ob dies auch umgesetzt wird, aber technisch stehen alle Möglichkeiten für einen Kinostart offen.

Für den deutschen TV-Markt konnten Nightfrog und Loft Music die ARD als Partner gewinnen.

Produktionsvorteile von HD

»In HD kann man die Bilder ganz anders komponieren. Das ist ein Faktor, der gerade bei einer Musikdokumentation wie der unseren sehr viel Spaß macht. Man sieht einfach mehr«, sagt Benedict Mirow. »Lang Lang ist irre schnell unterwegs. Wir mussten uns wahnsinnig beeilen, um mit ihm Schritt zu halten. Da war HD auch ästhetisch die richtige Entscheidung. Die Bilder stehen ruhig und kraftvoll; sie ruhen in sich. In SD funktioniert das nicht so einfach! Ich kann die einzelnen Einstellungen in HD länger stehen lassen. Man sieht, wie Lang Lang – von Bodyguards und Fans umgeben – jemandem zuwinkt, und hat im selben Bild auch die Person, die er grüßt. Nicht schemenhaft, sondern gestochen scharf. Man lehnt sich zurück und lässt die Augen durch das Bild wandern. Wohlgemerkt: Im Fernseher und nicht auf der Leinwand!«

HD-Produktion in China

Florian Rettich, der Technische Direktor der Produktion erinnert sich: »Klar war von Anfang an, dass wir wieder in HD produzieren würden. Sowohl für die DVD-Auswertung als auch für den internationalen Programmaustausch bot uns HDCAM schon bei »Lang Lang – Live at Carnegie Hall« mehr als zufriedenstellende Ergebnisse.«

Mit ersten Recherchen technischer und inhaltlicher Art, begann das Team bereits im Spätsommer 2005.

Die Produktion in China lässt sich aus technischer Sicht in zwei Teile untergliedern, einen Dokumentations- und einen Konzertteil.

Der Dokumentationsteil begleitet Lang Lang sowohl auf seiner Konzerttournee durch China, zeigt aber auch einen sehr privaten Lang Lang im Kreise seiner Familie und im Umgang mit seinen Fans. Dabei muss erwähnt werden, dass sich Lang Lang in etlichen Aspekten von anderen Musikern der klassischen Musikszene unterscheidet — etwa dadurch, dass er auch eine wachsende Zahl junger Fans anzieht. Dadurch entstehen Situationen, die man eher von Popstars wie Robbie Williams kennt, inklusive kreischender Teenies und tumultartiger Verhältnisse. Auch aufgrund dieser Erwägungen sollte für diesen Teil des Filmes möglichst kompaktes, aber hochwertiges Equipment eingesetzt werden.

In Zusammenarbeit mit dem Kameramann Atul Jain und dem Tonmeister André Zacher stellte das technische Team um Florian Rettich ein schlankes Setup mit hohem Anspruch zusammen: zwei HDW-F900/3-Camcorder von Sony, ein Astro-HD-Waveform-Monitor, drei HD-ENG-Zooms von Canon, ein reduziertes Licht-und ein cleveres Ton-Setup.

Durch den Einsatz eines separaten Audio-Harddisk-Recorders (Cantar X von Aaton) stand außerdem ein von beiden Kameras unabhängiges System zur Aufnahme von Surround-Sound unter dokumentarischen Bedingungen zur Verfügung.

Im Konzertteil spielte Lang Lang gemeinsam mit anderen chinesischen Musikern im Konzertsaal seines früheren Musikkonservatoriums, dem Central Music Conservatory in Peking. Vom ürsprünglichen Konzept, hierfür einen kleineren HD-Ü-Wagen anzumieten, musste sich Florian Rettich recht früh verabschieden: ein passender Wagen war zu vertretbaren Kosten nicht verfügbar.

Also wurde auch der Konzertteil mit HD-Camcordern gedreht, allerdings mit vier statt zwei Geräten. Zum Einsatz kamen: Ein Camcorder mit Weitwinkelobjektiv als Krankamera, ein Camcorder auf dem Dolly, ein Camcorder mit 40fach-HD-Teleobjektiv für die Nahaufnahmen, sowie ein »normaler« Camcorder mit besonders leichtem, kleinem Stativ ganz nah an der Klaviertastatur.

Die Regie führte Benedict Mirow bei der Konzertaufzeichnung aus einem Regieraum, ausgestattet mit 14-Zoll-HD-Vorschau-Monitoren. Die technische Qualität überwachte Florian Rettich auf einem 24-Zoll-HD-Monitor, schaltbar über eine kleine HD-SDI-Matrix von Luxmediaplan und mit einem Leader 5750 HD-Waveform-Monitor.

Dieses Messgerät benutzte Rettich auch, um die Camcorder im Vorfeld so genau wie möglich aufeinander abzustimmen. »Die genaue Überprüfen der videotechnischen Parameter ist besonders bei stark komprimierenden Aufzeichnungsformaten wie HDCAM nötig«, erläutert Rettich: »Nur so kann man sicherstellen, dass für eventuelle Korrekturen in der Nachbearbeitung überhaupt ausreichend Farbinformationen zur Verfügung stehen«, erklärt Florian Rettich und weist auf die Eckdaten von HDCAM hin: »8 Bit, 3:1:1 on Tape.«

Einiges Zubehör, darunter das 40fach-Zoomobjektiv und bessere Sucher, brachte das Team aus Deutschland mit, da sie vor Ort nicht verfügbar waren.

Im Gegensatz zur Videotechnik erwies sich der Lichtleihpark vor Ort annährend als Schlaraffenland. Gepflegtes Material in ausreichender Stückzahl ließen unserem Oberbeleuchter und lichtsetzenden Kameramann Björk Kurt fast vollkommen freie Hand in der Auswahl der Scheinwerfer. Nur Sicherungsseile für die Montage an den Traversen ließen fragende Blicke aufkommen – gibt’s einfach nicht.

Der Ton wurde von der Crew der Deutschen Grammophon unter Leitung vonTonmeister Stephan Flock separat auf Festplatte aufgezeichnet und unter Einsatz von Ambient Recordings Lockit-TC-Generatoren zu den Camcordern synchron gehalten.

Praxiserfahrungen

Florian Rettich resümiert: »Neben verschiedenen Schwierigkeiten bis kurz vor Produktionsbeginn, stellte sich besonders die Kommunikation als außerordentlich schwierig heraus. Die Kontaktaufnahme zu chinesischen Unternehmen oder Partnern im Vorfeld blieben oft schlicht unbeantwortet. In vielen Fällen blieb uns nichts weiter übrig, als uns direkt vor Ort um die meisten Dinge zu kümmern.

Auch der späte Wechsel des Produktionspartners in Peking — ohne Partner ist sowieso gar nichts möglich — machte die Planung nicht gerade einfacher. Mit dem Team von Asia News Peking unter deutscher Leitung haben wir dann aber ein sehr motivierten und flexiblen Partner gefunden, der uns durch die wirklich harten Bedingungen geholfen hat.

Auf Anhieb klappte eigentlich gar nichts. Als Beispiel möchte ich die technischen Qualität der zugemieteten Kameras erwähnen: Nach den Aufnahmen des Dokumentationsteils im Dezember 2005 — bei denen es mehrfache Camcorder-Komplettausfälle gab — verweigerten die Geräte auch im Januar regelmäßig ihren Dienst – in weiser Voraussicht hatten wir aber insgesamt sechs Camcorder zur Verfügung, aus welchen wir dann durch teilweise recht abenteuerlichen Tausch von Komponenten immerhin vier funktionstüchtige Geräte zusammenbauen konnten. Es gab eigentlich keinen Vorbereitungs- oder Produktionstag ohne einen nächtlichen Tausch/Umbau an den Camcordern im Hotelzimmer.

Alles dauerte in Peking sehr lange — schon für die Anreise zum Drehort brauchten wir mindestens eine Stunde, der Wechsel zwischen zwei Locations bedeutete oft eine weitere Stunde, auch wenn sie scheinbar um die Ecke liegen. Eine Kamera, die für 8:00 Uhr morgens versprochen wurde, wird um 15:00 Uhr des darauf folgenden Tages geliefert — und ist bei Anlieferung defekt. Alle Fahrräder in Peking scheinen durch Autos ersetzt worden zu sein, entsprechend staut es sich fast durchgehend auf den Straßen von Peking.

Trotz allem: Wir haben mit einem kleinen Team aus Peking und Deutschland eine zeitweise unmöglich erscheinende Produktion in China realisiert. Im Nachhinein betrachtet vergisst man schnell die langen Tage und die teilweise frustrierende Hilflosigkeit — und geht dazu über, romantische Anekdoten aus der fernöstlichen Kultur zu berichten.«

Downloads zum Artikel:

T_0706_Lang_Lang.pdf

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