Branche, Broadcast, Live, Report, Sport, Top-Story: 23.08.2012

Olympia bei ARD und ZDF: The Big One in London

Bereits zum dritten Mal fanden die olympischen Sommerspiele in London statt, aber im Jahr 2012 schlugen die Spiele alles bisher Dagewesene – es war ein Event der Superlative. ARD und ZDF übertrugen die Olympischen Sommerspiele in großem Umfang: In den rund zweieinhalb Wochen der Spiele zeigten die beiden Sender täglich rund 15 Stunden Programm, lieferten eine umfangreiche Online-Berichterstattung und versorgten neben TV-Geräten auch Mobiltelefone und Tablets mit Content. film-tv-video.de war vor Ort und hat mit einigen der Produktionsverantwortlichen gesprochen.

Olympia gehört neben der Fußball-WM zu den Top-Sportereignissen, die weltweit die Massen vor die Fernseher ziehen. Die deutsche Berichterstattung von den XXX. Olympischen Spielen der Neuzeit aus London war da keine Ausnahme: die Berichterstattung von der Insel dominierte im Sommer für 17 Tage das Programm von ARD und ZDF, und auch Eurosport berichtete mit deutschem Kommentar und großem Aufwand von den 300 Wettbewerben in 26 Sportarten. ARD und ZDF kamen auf ein Sendevolumen von insgesamt rund 260 Stunden.

Produziert wurde in London wie auch schon bei etlichen Großveranstaltungen zuvor in HD (1080i50), und erst vor der Distribution in Deutschland wurde das 1080i- in ein 720p-Signal gewandelt. Beim Ton entschieden sich ARD und ZDF für eine Stereo-Produktion.

Auch für die Radiosender der ARD war Olympia das Topereignis des Jahres: Rund 50 Hörfunkwellen der ARD berichteten über das Geschehen und informierten mehr als 25 Millionen Hörer.

Die technische Federführung der gemeinsamen Berichterstattung von ARD und ZDF oblag in London dem ZDF (Technische Leitung: Gunnar Darge), innerhalb der ARD war der Norddeutsche Rundfunk (NDR) die federführende Anstalt (Technische Leitung: Dieter Thiessen). Der NDR kümmerte sich um die Planung der Berichterstattung von den Wettkampfstätten (Venues) und war an vier Veranstaltungsorten mit zwei NDR- und zwei ZDF-Fahrzeugen vor Ort. Das ZDF war wiederum für die Planung und Umsetzung der Installation im International Broadcast Centre (IBC) verantwortlich.  

OBS: Weltbild

Host-Broadcaster der olympischen Spiele waren die Olympic Broadcasting Services, 2001 gegründet und seither mit der Übertragung der olympischen Spiele beauftragt. Chef von OBS London ist Paul Mason, der temporär Head von OBS London ist. CEO von OBS ist Manolo Romero, er war unter anderem für die BBC schon in die Produktion zahlreicher Sport-Großereignisse involviert. 

OBS produzierte in London das Weltbild für alle Rechteinhaber, war zudem für Aufbau und Installation des International Broadcast Centre (IBC) verantwortlich und realisierte zahlreiche weitere Services vor und während der Olympischen Spiele.

Insgesamt setzte OBS rund 1.000 Kameras ein, darunter 40 Super-Slow-Motion-HD-Kameras, die zwischen 600 und 1.000 Bildern pro Sekunde aufzeichnen konnten. OBS produzierte in London rund 5.600 Stunden Material in HD. Zum Vergleich: In Peking waren es noch 5.000 Stunden Programm, die damals mit 900 Kameras produziert wurden. Das rund 150köpfige OBS-Stammteam wuchs während der Produktion der Olympischen Spiele auf 5.600 Produktionsmitarbeiter an, wobei diese Zahl auch rund 1.000 Studenten beinhaltet, die ein Medien-Trainingsprogramm absolvierten.

Bei den Premium-Wettkämpfen mit höchstem Publikumsinteresse, also etwa der Leichtathletik, hatte der Host bis zu 80 Kameras gleichzeitig im Einsatz, um die zahlreichen unterschiedlichen Disziplinen abbilden zu können, sodass vier, teilweise fünf Ü-Wagen an den Venues vor Ort waren.

An bestimmten Spielstätten, etwa beim Tennis oder Badminton, waren statt Ü-Wagen mobile Produktionseinheiten im Einsatz. Insgesamt hatte OBS 52 Stück dieser LPUs (Light Production Unit) im Einsatz. Sie wurden an den Venues teilweise mit Audiofahrzeugen ergänzt.

OBS musste natürlich ganz unterschiedliche Sportarten an unterschiedlichen Spielstätten produzieren. Dennoch gab es bei den Venues letztlich immer ein Grundschema bezüglich der Aufteilung: für die multilaterale Produktion waren neben den Kamerapositionen immer Kommentator-Kabinen (CCR), das Technical Operation Center (TOC) sowie der Broadcast-Compound mit Office vorgesehen.

Für die Produktion unilateraler Signale waren neben Kommentator-Position (fully equipped oder unequipped) auch Positionen in der Mixed Zone, weitere Kamerapositionen sowie Announce- und Standup-Positionen, aber auch ENG-Bereiche vorgesehen.

Insgesamt lieferte OBS während der Spiele 90 HD-Feeds inklusive Ton in 5.1- Surround an die Rechteinhaber. Bei der Grafik orientierte sich der Host-Broadcaster an den Vorlagen und Grafikelementen, die erstmals in Vancouver eingesetzt worden waren. Virtuelle Grafikelemente, wie etwa die Linien bei den Schwimmwettkämpfen, gab es in diesem Jahr auch bei zahlreichen anderen Sportarten, unter anderem auch beim Rudern, Segeln und beim Tennis.

Um den Aufwand etwas greifbarer zu machen, den OBS für die TV-Inszenierung der Spiele trieb, könnte man viele Zahlen nennen, aber vielleicht bringt die Beschränkung auf ein Beispiel hier mehr, als ein Wust von Informationen: Im Vergleich zu den Spielen in Peking hat OBS die Kapazität der Server, auf denen das Material in HD-Qualität zur Verfügung gestellt wurde, deutlich aufgestockt — betrug sie in Peking rund 1.500 Stunden, lag sie in London bei rund 5.600 Stunden. Das ist der gesamte Umfang des von OBS während der Spiele in HD produzierten Materials. Es stand also stets das komplette, bis dahin produzierte, offizielle Bewegtbildmaterial zur Verfügung – in Peking waren jeweils nur die drei zurückliegenden Tage im direkten Zugriff, älteres Material musste aus Platzgründen von den Servern gelöscht werden.

Für die Rechteinhaber stellte OBS das Material in Form diverser Kanäle vorsortiert zur Verfügung: Der News Channel lieferte etwa rund um die Uhr Highlight-Beiträge, Interviews mit Athleten und spezielle Olympia-Features. Diese 460 Stunden Programm waren im IBC und als Teil des Multichannel Distribution Service (MDS) verfügbar. Letzterer enthielt insgesamt elf sendefertige HD-Kanäle, die von den Rechteinhabern direkt übernommen und ausgestrahlt werden konnten.

OBS: Signalführung

Alle multi- und unilateralen Signale der Venues wurden über ein voll redundantes Glasfasernetzwerk und Satellitenverbindungen von den Venues zum Technical Operations Centre (TOC) geliefert, dort geprüft und an die Rechteinhaber weitergegeben. Im Distributionszentrum wurden die Signale synchronisiert und bearbeitet, sodass SD- und HD-Signale zur Verfügung standen. Alle internationalen Signale wurden von OBS zentral aufgezeichnet und archiviert.

OBS: Technische Besonderheiten

Super Hi-Vision: OBS produzierte gemeinsam mit der BBC und NHK auch einige der Wettkämpfe in Super Hi-Vision, kurz SHV, das auf ein riesiges 2D-Bild und ein aufwändiges Tonverfahren mit 22.2-Kanal-Surround-Sound setzt. Die 7.680 x 4.320 Bildpunkte ergeben bei gleicher Pixelgröße eine 16 mal größere Bildfläche als HD mit seinen 1.920 x 1.080 Bildpunkten. Die dafür nötigen Daten wegzuschreiben und zu verarbeiten, ist sehr aufwändig. Die SHV-Produktion fand im Olympiastadion, im Schwimm- und Radstadion, wie auch bei den Basketballfinals statt. Dabei waren jeweils mehrere SHV-Kameras im Einsatz.

Stereo-3D: OBS beschäftige während der olympischen Spiele ein Stereo-3D-Produktionsteam mit bis zu drei Ü-Wagen und sechs ENG-Crews, das mit 33 Kameras in Stereo-3D aufzeichnete und produzierte. Insgesamt kamen so rund 230 Stunden Stereo-3D-Programm zusammen. Im IBC hatte OBS einen Stereo-3D-Bereich eingerichtet, der die entsprechenden Signale empfing, verteilte und zudem täglich ein Stereo-3D-Highlight-Programm produzierte. Neben der Eröffnungsfeier konzentrierte sich OBS in der Stereo-3D-Produktion unter anderem auf die Eröffnungs- und Schlussfeier, Leichtathletik sowie Turnen.

Zusammenarbeit ARD/ZDF

ARD und ZDF waren in London mit einem Team von rund 480 Personen und aus den Bereichen Redaktion, Technik und Programm vertreten. »Im Vergleich zu den olympischen Spielen in Peking ist das ein deutlich kleineres Team.«, erläutert Dieter Thiessen. Schließlich gibt es auch bei den öffentlich-rechtlichen Sendern klare Sparvorgaben: So wurde beispielsweise die Euro 2012 ausschließlich mit eigenen Ü-Wagen bestritten.

Im IBC belegten die beiden öffentlich-rechtlichen Sender eine Fläche von rund 2.700 Quadratmetern. Auf dieser Fläche waren Redaktionsräume, aber auch die gesamte Produktionstechnik und das gemeinsame Olympia-Studio von ARD und ZDF untergebracht.

Venues

Im Zentrum der Berichterstattung aus London stand auch bei ARD und ZDF der vom Veranstalter eigens errichtete Olympic Park im Osten Londons. Der beherbergte neun Venues, darunter das Schwimmstadion, das neu gebaute Olympiastadion und das Velodrom. Zusätzlich gab es noch etliche abseits des Olympic Parks gelegene Veranstaltungsorte, etwa die Beachvolleyball-Arena auf dem Horse Guards Parade im Zentrum Londons. Aber auch deutlich außerhalb Londons gab es Venues: etwa die Ruderstrecke in Eton Dorney, und die Fußballstadien, die über ganz England und Schottland verteilt waren.

»Für die Berichterstattung von ARD und ZDF konzentrierten wir uns auf vier Venues, an denen wir mit eigener Ü-Wagen-Technik vertreten waren«, berichtet Dieter Thiessen. Dass dabei natürlich die publikumswirksamen und mit deutschen Medaillenhoffnungen verbundenen Sportarten abgedeckt wurden, versteht sich von selbst: Neben dem Schwimmstadion gehörten die Ruder- und Kanustrecke, das Olympiastadion und die Reitstadien und -strecken zu den bevorzugten Venues.

»Die Leichtathletik- und die Schwimmwettbewerbe wurden von zwei NDR-Ü-Wagen begleitet, während beim Rudern und beim Reiten zwei ZDF-Fahrzeuge im Einsatz waren«, so Dieter Thiessen. Für die ARD waren beim Schwimmen der Ü1 (NDR) im Einsatz und bei der Leichtathletik der Ü2. »Zusätzlich haben wir uns für die Leichtathletik vom ZDF den MPS-R – Container ausgeliehen, den wir als EVS-Subregie nutzen«, erläutert Dieter Thiessen. Mit drei EVS-Plätzen und einem Redaktionsplatz wurde damit das zusätzliche Leichtathletik-Material aufbereitet. »Eine weitere SNG des ZDF holten wir ebenfalls noch nach London, um damit unser Backup zu realisieren«, ergänzt Gunnar Darge.

Beim Reiten waren der HD-SNG1 (ZDF), der als Ü-Wagen genutzt wurde, nicht aber für den Uplink, und beim Rudern der neue MP6 (ZDF) im Einsatz. Weil sich die Ruderstrecke außerhalb von London befand, entschied man sich dazu, nur dort noch ein Avid-Schnittmobil vom NDR zu platzieren und die Bearbeitung des Materials direkt vor Ort zu realisieren. Damit bildete die Ruderstrecke allerdings eine Ausnahme, bei den anderen Events fand die Bearbeitung des Materials im IBC statt:

Andere Sparmaßnahmen im Vergleich zu früheren Sportübertragungen: Es gab kein unilaterales Studio mehr, wie etwa im Deutschen Haus in Peking. »Die andere Form der Berichterstattung, die wir in London realisierten, war aber auch dem geringeren Zeitunterschied zwischen Veranstaltungs- und Ausstrahlungsort geschuldet. Es könnte etwa durchaus sein, dass wir von der WM aus Brasilien dann wieder ganz anders berichten«, sagt Gunnar Darge. Dennoch: An den Venues reduzierten die beiden Sender den Produktionsumfang alle mal, »und die Summe all dieser Maßnahmen führt letztlich zum gewünschten Umfang der Einsparungen«, erläutert Dieter Thiessen.

Eingesetzte Ü-Wagen

Der MP-6 (gebaut von BFE) verfügt über zwölf Ikegami-HD-Kameras und zwei Sony Super-Slomo-Kameras. Als zentrale Komponenten sind Snells Kahuna-Bildmischer, eine Kreuzschiene des Typs Miranda NVision 8500 mit 387 Ein- und 612 Ausgängen eingebaut. Die eingebauten Multiviewer Kaleido Densité und Kaleido X stammen ebenfalls von Miranda, und bei den Displays hat sich das ZDF für Penta-Modelle entschieden. Hauptaudiokomponente ist ein Tonmischpult vom Typ mc²66 von Lawo, als Havariemischer ist ein Yamaha DM1000 vorgesehen. Die interne Kommunikation wird über ein Riedel KDO-System mit drei Artist 128 Frames mit 55 Sprechstellen abgewickelt.

Ü1& Ü2: Die NDR Ü-Wagen sind mit einem Sony MVS-8000-Mischer und einem Stagetec-Aurus –Audiomischer ausgerüstet. Er arbeitet mit Grass-Valley-Kameras, einem Clearcom-Intercom-System, Evertz-Multiviewern, EVS-Harddisk-System sowie Penta-Displays.

Verwendete Signale, eigene Positionen

Bei der Berichterstattung aus London bildete das Weltbild, das OBS lieferte, die Grundlage der Berichterstattung von ARD und ZDF. »Wir hatten das maximale Paket gebucht, das umfassendes Material aller Sportarten der Olympischen Spiele lieferte«, erläutert Dieter Thiessen. Dieses umfangreiche Material kombinierten die beiden Sender mit eigenen Aufnahmen aus den vier aus deutscher Sicht wichtigsten Venues (Leichtathletik, Schwimmen, Reiten, Rudern). »Wir waren beispielsweise im Olympiastadion mit vier eigenen Kameras vertreten und konnten damit das Weltbild mit Bildern ergänzen, die für die deutschen Zuschauer von besonderem Interesse waren.« Konkret waren dies: eine Führungskamera, eine Kamera in der Mixed Zone, eine Head-On-HD-Superslomo fürs Laufen und eine Kamera, die sich auf Weit- und Hochsprung und Laufwettbewerbe konzentrierte.

Bei den Schwimmwettkämpfen hatten ARD und ZDF zwei zusätzliche Kameras auf einer Presenter-Position platziert. »Diese Plattform, die wir dafür nutzten, war relativ klein«, berichtet Gunnar Darge, »und es war auch die einzige Presenter-Plattform, die wir im Rahmen der Olympia-Berichterstattung einsetzten.« Zusätzlich gab es im Schwimmstadion noch eine Kamera in der Mixed Zone, eine eigene Führungskamera und eine Head-On-Kamera, die hauptsächlich aufs Schwimmbecken blickte. Die Kameras stammten aus dem Pool von NDR (Grass Valley-Kameras) und ZDF (Ikegami-Kameras).

Weiter waren für ARD und ZDF auch eigene ENG-Teams im Einsatz, die von den Sportstätten berichteten, wobei die NDR-Teams mit XDCAM und die ZDF-Teams mit P2 arbeiteten. Der Umfang der ENG-Teams im Einsatz variierte, abhängig von den Wettkämpfen, die gerade liefen.

Für den Einsatz in den live fähigen Mixed Zones baute Presteigne Charter mobile Boxen, sogenannte VandAs Boxen, um Video- und Audiosignale sowie Kommando von Interviews aus den Mixed-Zones ins Londoner IBC übertragen zu können. In maßgefertigten 19-Zoll-Flightcases wurden unter anderem Aja-Embedder/De-Embedder des Typs HD10AMA sowie AIB-1-Mikrofonverstärker von Zähl, Testsignalgeneratoren von Lynx (PTG3610B/D) und Audiosignal-Splitter des Typs SP 31 von Millenium. Darüber hinaus wurden die Boxen mit einer 3-HE-Schublade versehen, um Headsets, Mikrofone, In-Ear-Monitoringsets, XLR-Kabel und diverse Manuals platzsparend verstauen zu können.

Zum Thema Stereo-3D-Produktion sagt Dieter Thiessen: »Unser Fokus lag in London darauf, dem Zuschauer ein schönes, sauberes HD-Signal und einen vernünftigen Stereoton zur Verfügung zu stellen. Für Stereo-3D-Bilder benötigen Sie eine ganz andere Infrastruktur. In der Zukunft mag das einmal ein Thema sein, aktuell aber ganz sicher nicht.«. Gunnar Darge ergänzt: »Die meisten Zuschauer sind heute technisch noch nicht in Lage, 3D entsprechend zu empfangen, selbst wenn wir das produzieren würden. Aufwand und Nutzen stünden somit in einem krassen Missverhältnis, deshalb ist das für uns aktuell keine Option.«

Diskutiert wurde im Vorfeld von den Broadcastern und während der laufenden Spiele von manchen Zuschauern auch die Frage, wie denn der Ton der Olympischen Spiele produziert werden sollte: 5.1 oder Stereo? Bei den Winterspielen in Vancouver hatten sich ARD und ZDF für die 5.1-Variante entschieden. »Beim Wintersport haben Sie aber auch eine andere Berichterstattung und sind viel länger bei einer Sportart dabei«, erläutert Dieter Thiessen, »während es bei Sommerspielen viel mehr zeitgleiche Sportarten und auch Überschneidungen bei den Wettkämpfen gibt. Wenn man hier einen durchgängigen, hochwertigen 5.1-Ton produzieren will, benötigt man in der Bearbeitung bis zu 16 Audiospuren, das ist sehr ambitioniert.« Deshalb habe man sich schlussendlich für die Produktion in Stereo entschieden.

Web, Tablet, Handy: Neue Kanäle zum Zuschauer

Die Olympischen Spiele in London markierten bei vielen der berichterstattenden Sender den Beginn einer intensiven Live-Berichterstattung jenseits der TV-Kanäle. ARD und ZDF boten aus London bis zu sechs parallel gesendete, teilweise kommentierte Livestreams in den jeweiligen Online-Angeboten, die das Olympia-Live-Programm beider Sender im Netz ergänzten. Die Angebote im Web stießen auf großen Anklang: Das ZDF etwa ermittelte aus den Gesamt-Views am 28. Juli, dass über 1,6 Millionen auf die Nutzung der Highlight-Videos entfielen, während die Live-Nutzung bei knapp über einer Million lag. Das zeigt, dass die Nutzer Live- und On-Demand-Angebot gleichermaßen intensiv nutzten.

Bis zu 60 Stunden streamten ARD und ZDF täglich auf ihren Olympia-Websites. Die Internet-Streams von Olympia wurden redaktionell begleitet, wenngleich sie zwar nicht moderiert, aber teilweise mit Grafiken hinterlegt wurden. Die Aufbereitung fand beim NDR in Hamburg und beim ZDF in Mainz statt. »Wir haben für die Streams letztlich ein klassisches Broadcast-Signale abgegeben, das in Deutschland dann fürs Streaming weiterverarbeitet wurde« beschreibt Gunnar Darge den Workflow. Ergänzt wurden die Livestreams vom klassischen Online-Angebot der beiden Sender, das in Videos, Audiobeiträgen und Bildergalerien sowie in zahlreichen Blogs aus London berichtete.

Studio, IBC

Im IBC betrieben ARD und ZDF auf einer Fläche von rund 120 Quadratmetern ein gemeinsames Studio. Hier waren insgesamt fünf Kameras im Einsatz: eine Handkamera, eine auf einem Kran montiert, eine an der Decke und zwei auf Pedestals. Das Equipment hierzu stammt aus dem MPE-Pool, dem gemeinsamen Equipment-Pool, den ARD und ZDF bei Großevents einsetzen und mit dem Studios, Schalträume und Regien ausgerüstet werden. Zusätzlich wurde weiteres Equipment angemietet.

Das Produktionssystem von ARD unde ZDF basierte auf einem komplett bandlosen Workflow. Im Kern bestand das System aus einer vernetzten Umgebung aus Avid- und EVS-Lösungen für Ingest, Editing und Playout. Wellen+Nöthen lieferte als Verleiher umfangreiches Equipment für die Installation.

»Für den zentralen Materialtransfer und die Bearbeitung setzten wir auf eine bewährte Kombination aus EVS IP Director, Avid Airspeed MultiStream, einem Avid-Isis-Zentralspeicher, Interplay sowie neuesten EVS XT3-Sportproduktionsservern für den Highlight-Schnitt und den Playout«, so Gunnar Darge. »Von allen mit Media Composer Nitris DX ausgestatteten nonlinearen Schnitt-Suiten und iNews-Redaktionsplätzen aus ließ sich Material vom zentralen Speicher abrufen, editieren und wieder file-basiert ablegen, bevor es an die Playout-Server übergeben wurde. Bereits in der Vergangenheit haben wir mit dieser Zusammenstellung gute Erfahrungen bei Sport-Events gesammelt.«

Auch in den übrigen Produktionsstufen setzt ARD und ZDF auf Technik bekannter Hersteller. So kamen für das Monitoring unter anderem mehr als 50 17-Zoll- und 25-Zoll-Oled-Displays von Sony der Typen PVM-1741 und PVM-2541 zum Einsatz. Die Verteilung der Bildsignale wurde mit Multiviewer-Systemen der neuesten Generation von Evertz gelöst.

Avid/EVS-Netzwerk im IBC  

Für die Nachbearbeitung hatten ARD und ZDF im IBC zwei große Avid- und EVS-Netzwerke errichtet. Die Idee dahinter: mit den Avid-Systemen produzierten die Sender längere Formate, während die EVS-Installation für kurze und aktuelle Beiträge genutzt wurde.
Im Avid-Netzwerk war ein Avid-Isis-System in Kombination mit Interplay (V 2.4) im Einsatz. Dabei wurde intern im MXF Avid DNxHD-120-Format gearbeitet. Das Material wurde auf einem redundant ausgelegten 112-TB-Storage gespeichert. »Über alles kamen wir auf eine Speicherkapazität von etwa 1.700 Stunden«, so Dieter Thiessen.

Innerhalb des Avid-Netzwerks waren 18 Media-Composer-Schnittplätze verteilt: sechs davon beim ZDF, fünf bei der ARD und sieben, die als Multiplätze ausgelegt waren und von der jeweils sendenden TV-Anstalt zusätzlich genutzt werden konnten. Für In- und Outgest waren 11 Avid Airspeed Multistream im Einsatz Weiteres Element der Avid-Installation waren 16-High-Res-Browsingplätze für die Redakteure.

Das zweite große Netzwerk im IBC war das EVS-Netzwerk, das intern ebenfalls in DNxHD 120 arbeitete, sodass Material auf File-Basis zwischen den beiden Welten hin und her transferiert werden konnte. »Wir hatten insgesamt sechszehn EVS XT3-Maschinen installiert«, erläutert Dieter Thiessen, »aufgeteilt auf 50 Recorderkanäle, was für über die gesamten Spiele betrachtet eine Aufzeichnungskapazität von rund 3.000 Stunden entsprach«.

Der Transfer zwischen der Avid- und der EVS-Welt wurde so optimiert, dass »wir bis zu acht Live-Streams aus der EVS- in die Avid-Welt streamen konnten, wenn Material dort gebraucht wurde.«

Mit der Avid/EVS-Installation arbeiten ARD und ZDF schon seit einigen Jahren bei den Großveranstaltungen. »Die Basis für diesen Workflow wurde in Peking geschaffen und über die Jahre konnten wir das immer weiter verfeinern«, resümiert Dieter Thiessen.

Einen detaillierteren Beitrag über die Postproduktion gibt es hier bei film-tv-video.de.

Grafik

Im Grafikbereich wurde einheitlich mit Vizrt-Systemen gearbeitet. »ARD und ZDF arbeiten nun beide mit Vizrt-Systemen«, erläutert Gunnar Darge. Am Vortag der Produktion konnte die Redaktion jeweils an zwei Offline-Plätzen die Vorlagen erstellen, zusätzlich waren in der Regie zwei Vizrt-Systeme im Einsatz. Die generelle Grafik, wie auch zusätzliche Einblendungen lieferte der Host Broadcaster OBS.

Leitungsführung

Die Signale nach Deutschland wurden über eine STM16-Leitung übertragen: aus dem IBC in London nach Frankfurt, von dort weiter nach Mainz und Hamburg. Realisiert wurde das teilweise mit dem Dienstleister Media Broadcast, teilweise auch mit eigenem Equipment von ARD und ZDF.

Remote Production

Remote Production ist derzeit bei vielen Broadcastern in der Diskussion. Dabei geht es letztlich darum, nur noch mit vergleichsweise kleinen, auf Nötigste reduzierte Teams am Veranstaltungsort zu sein und Material mit geeigneten Systemen so an die Heimatredaktionen zu liefern, dass die Bearbeitung überwiegend zuhause in den Funkhäusern erfolgen kann.

Auch bei ARD und ZDF ist das durchaus ein Thema. »Für London haben wir uns aber aufgrund der räumlichen Nähe aber doch dazu entschieden, mit eigenen Ü-Wagen anzureisen und vor Ort zu produzieren«, sagt Dieter Thiessen..

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