»Jazzfieber«: Eine Reise durch 80 Jahre Musikgeschichte
Wie Reinhard Kungel mit Adobe Premiere Pro einen Dokumentarfilm über deutschen Jazz erschuf.
Phase 1: Vorsortieren
Reinhard Kungel begann damit, zunächst das umfangreichste Material zu bearbeiten: die Konzertaufnahmen.

Diese wurden jeweils mit vier bis sechs Kameras gedreht. Seine Strategie: »Ich habe zuerst die Konzerte vorgeschnitten, die einzelnen Musiknummern, ganz roh im Mehrkamera-Modus, den Premiere bietet.« So entstanden Rough Cuts der Konzerte und der musikalischen Darbietungen der Protagonist*innen.
Parallel dazu sortierte Kungel alle Interviews und O-Töne in unterschiedliche Bins nach Themen, beispielsweise »Jazz im Dritten Reich«, »Jazz in der Nachkriegszeit« oder »Jazzszene Frankfurt«, um nur einige zu nennen.
Im nächsten Schritt ging es dann darum, das Archivmaterial grob vorzuschneiden und den entsprechenden Kategorien zuzuordnen. Das Archivmaterial lag in verschiedensten Formaten vor, von MXF über ProRes bis hin zu H.264. »Aber Premiere schluckte alles, das war wirklich toll«, so Kungel.

Fürs Vorsortieren nutzte Kungel intensiv die Premiere-Pro-Tools Marker und Farbkodierung. So erhielt jedes Kapitel eine eigene Farbe, und innerhalb der Kapitel erhielt Archivmaterial eine andere Farbe als beispielsweise O-Töne. » Diese visuelle Struktur half mir sehr gut bei der Navigation durch das komplexe Projekt«, so Kungel.
Bei den Markern wünscht sich Kungel noch bessere Export-Möglichkeiten, die über die Kapitelmarker hinausgehen.

Phase 2: Der erste große Schnitt
Mit dem so vorsortierten Material erstellte Kungel seinen ersten Schnitt – eine vierstündige Version. »Diese Version war noch weit von der finalen Fassung entfernt, aber sie zeigte bereits die Struktur des Films«, sagt Kungel.
Phase 3: Kollaborative Verdichtung
Den vierstündigen Schnitt bearbeitete Kungel intensiv mit Co-Produzent Andreas Heinrich: »Wir haben den Schnitt zusammen angesehen, wir haben gestritten, wir haben diskutiert und uns irgendwie immer geeinigt«, so Kungel. Für die dramaturgische Entwicklung des Films war dies eine entscheidende Phase.

Reinhard Kungel sagt: »Wenn man – so wie ich – Regie führt und auch an der Kamera ist, tut man sich manchmal schwer, sich von bestimmten Bildern oder Szenen zu lösen. Aber wenn ich bei einer Szene auch nur den Anflug des Gefühls habe, ‚Das ist gar nicht so toll‘, haue ich das sofort raus .« Kill Your Darlings nennt man das beim Schreiben und es bedeutet, dass man sich von Sätzen oder Charakteren löst, die man zwar liebt, die aber an dieser Stelle einfach nicht passen. Jeder weiß: Das ist nicht einfach.

Die gekillten Darlings speicherte Kungel in einem weiteren Bin, einer Art Zwischenlager für Szenen, die später vielleicht doch noch zum Einsatz kommen könnten.
»So entstand ein Rohschnitt von zwei Stunden und 15 Minuten und diesen Schnitt haben wir unserem Editor Thomas Holzhäuser als komplettes Adobe Premiere Projekt mit allen Originaldaten übergeben«, erzählt Kungel.

Phase 4: Professioneller Feinschliff
Thomas Holzhäuser, ein erfahrener Editor und ehemals im Team von Uwe Bendixen tätig, übernahm das Projekt »Jazzfieber« und arbeitete weitere vier Monate daran. Kungel und Heinrich wollten bewusst diesen externen Blick: »Uns war es wichtig, dass ein Editor einen Blick darauf wirft.« Thomas Holzhäuser brachte dabei nicht nur technische Expertise, sondern auch profundes Musikwissen und eigene kreative Ideen mit.
Seite 1: Idee und Workflow
Seite 2: Schnittphasen
Seite 3: Autotranskription, Fazit
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