Branche, Top-Story: 04.12.2003

DV und Videojournalisten-Pool beim Hessischen Rundfunk

Jan Metzger, Projektleitung Digitalisierung Fernsehen beim hessischen Rundfunk, fasst zusammen, wo und wie DV-Equipment an verschiedenen Stellen in die Produktionsabläufe des HR integriert wird.

Zu den vorrangigen Zielen der Digitalisierung-Strategie im Fernsehen des Hessischen Rundfunks gehört eine einfachere und preiswertere Beschaffung von Bildmaterial. Damit soll zweierlei erreicht werden: Größere Aktualität und Attraktivität des »hessen fernsehens« und zugleich eine kostengünstigere Produktionsweise.

Das ursprüngliche Consumer-Format DV hat sich in den letzten Jahren zu einer »Prosumer«-Technik weiter entwickelt: Die Geräte sind immer leistungsfähiger geworden und eignen sich inzwischen auch zum Einsatz im Fernsehen. Dabei sind die Gerätekosten erheblich niedriger als bei der bisher eingesetzten Betacam-Technik. Außerdem machen DV-Geräte andere, schlankere Produktionsverfahren möglich, bei denen »Videojournalisten« ihre Beiträge recherchieren, selbst drehen und schneiden.

Der Einsatz von DV im Fernsehen des Hessischen Rundfunks wird zur Zeit an drei Stellen aufgebaut:

* VIDEOREPORTER
Das Projekt »Videoreporter« hat seit 2001 ein inzwischen flächendeckendes Netz von Videoreportern in ganz Hessen aufgebaut. Genutzt werden dabei vor allem die vorhandenen HR-Studios und HR-Büros. Regionalreporter, die sich für diese Arbeit interessieren und eignen, versorgen neben ihrer eigentlichen Tätigkeit für den Hörfunk, das Fernsehen mit Nachrichtenbildern aus ihren Regionen. Die vom Reporter lediglich vorgeschnittenen Nachrichtenbilder werden entweder als Datei über Datenleitung auf einen Server im Frankfurt übertragen oder als Kassette per Kurier überbracht. Die Ausrüstung eines Videoreporters in der Region besteht aus einem DV-Camcorder mit Zubehör wie Akkus, Handmikrofon und Stativ sowie einem Rechner mit einer einfachen Schnitt-Software.

* VIDEOJOURNALISTEN
Zur Zeit wird in einem »Pilotversuch Videojournalisten (VJ)« erprobt, in welchem Maße der Einsatz von »selbst drehenden« und »selbst schneidenden« Reportern auch außerhalb der Nachrichtenproduktion möglich ist. Im Unterschied zum Videoreporter dreht der Videojournalist vorwiegend längere Beiträge für Magazinsendungen und schneidet diese selbst.

Für den Pilotversuch wurden 30 ausgewählte Reporter und Produktionsmitarbeiter mit DV-Equipment ausgerüstet. Da diese Produktionsweise für alle Beteiligten neu ist, liegt ein besonderer Schwerpunkt des Projekts auf der Schulung der Videojournalisten. Das Schulungskonzept besteht aus mehreren Elementen:

– In einem dreiwöchigen Intensivkurs im September 2003, wurden die angehenden Videojournalisten mit hoher Intensität in der neuen Produktionsweise trainiert. Das Intensivtraining wurde im Auftrag des HR von der Firma Michael Rosenblum Associates aus New York durchgeführt, die weltweit Erfahrungen in der Ausbildung von Videojournalisten hat und zur Zeit auch ein großes Projekt mit der BBC durchführt.
– Dem Basis-Traing schließt sich eine Phase des »Training on the Job« von Herbst 2003 bis Sommer 2004 an.
– Außerdem gibt es ein individuell abrufbares Angebot an Aufbau-Kursen, mit denen dem unterschiedliche Hintergrund der Videojournalisten aus Redaktion und Produktion Rechnung getragen wird.
– Schließlich bietet der HR Orientierungs-Kurse für Redakteure an, um den abnehmenden Redaktionen die nötigen Kenntnisse der Arbeitsweise von Videojournalisten zu vermitteln.

Der Pilotversuch soll Aufschluss darüber geben, wie Videojournalisten im Programm einsetzbar sind. Teil des Projektauftrages ist es außerdem, eine Aussage über die wirtschaftlichen Effekte des Einsatzes von Videojournalisten zu machen.

Der »Pilotversuch Videojournalisten« dauert bis Juni 2004. Auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse wird dann über das weitere Vorgehen entschieden.

* DV-25 IN DER PRODUKTION
Der HR stellt zur Zeit einen Teil seines Produktionsbetriebes auf DV-25-Technik um und zwar zunächst vorrangig die Bildbeschaffung und Bildbearbeitung für tagesaktuelle Sendungen. Diese Umstellung hat zum Ziel, an Stelle der bisher verwendeten Ausrüstung preiswertere Kameras und Schnittplätze zu nutzen und in der aktuellen Produktion den durchgängigen Einsatz des Formats DV-25 zu erreichen. Um die Bildbeschaffung für tagesaktuelle Sendungen mit preiswerten DV-Kameras abzudecken, werden zunächst zehn DV-EB-Einheiten eingeführt. Diese Geräte genügen den Anforderungen und Fähigkeiten professioneller Kameraleute und sind entsprechend besser ausgestattet, als die DV-Camcorder für Videoreporter und Videojournalisten. Um die Bildbearbeitung mit DV-Geräten abzudecken und damit in der gesamten Bearbeitungskette die Verwendung von DV-Material zu ermöglichen, wurden außerdem DV-Recorder beschafft. Diese werden an Sichtplätzen, nonlinearen Schnittplätzen, in der Farbkorrektur, in der Grafik, im Archiv-Kopierwerk, in den Außenstudios und in den Übertragungswagen eingesetzt.

AUSBLICK
Indem der Hessische Rundfunk DV-Technik einführt und deren Einsatzmöglichkeiten erprobt, setzt er einen Prozess in Gang, der auf mittlere Sicht zu einer erheblich wirtschaftlicheren Bildbeschaffung und Bildbearbeitung führen wird. Da der Einsatz von DV-Technik im Fernsehen noch am Anfang steht und entsprechende Erfahrungen noch gesammelt werden müssen, lassen sich diese Wirtschaftlichkeitseffekte zur Zeit noch nicht abschließend quantifizieren. Es kann jedoch jetzt schon als gesichert gelten, dass der Einsatz von DV-Technik der Einstieg in eine deutliche Senkung der Kosten bei wichtigen Produktionsschritten im Fernsehen ist.

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T_1103_HR_DV.pdf