Editorial, Kommentar: 24.08.2016

Monokultur in der Medienwirtschaft

In der Landwirtschaft ist die Monokultur weit verbreitet, in manchen Bereichen ist sie die klar dominierende Anbauform. Monokultur in Verbindung mit Agrarchemie und Gentechnik bietet Vorteile, unter anderem auch wirtschaftliche, bringt aber auch negative Aspekte mit sich. Die Nachteile sind im Unterschied zu den Vorteilen allerdings oft nicht in allen Aspekten schnell, einfach und offensichtlich erkennbar. Das gilt auch für Monokultur im Medienbereich.

Was hat dieses Thema im Newsletter einer Online-Plattform zu suchen, die sich mit Film- und Videotechnik beschäftigt? Eine rhetorische Frage, denn man muss nicht lang suchen, um in der deutschen Medienlandschaft auf das Thema Monokultur und die damit verbundenen Assoziationen zu stoßen.

Nochmal zurück zur Landwirtschaft und zur Natur: Hier wurde der Ruf nach Alternativen und nach Diversität über die Jahre immer lauter, selbst die Vereinten Nationen verabschiedeten 1993 eine Biodiversitäts-Konvention und es gibt mit dem Weltbiodiversitätsrat eine UN-Behörde, die sich diesem Thema widmet. Credo: Wir brauchen Vielfalt.

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Monokultur in den Medienwirtschaft.

Und was sehen wir in der Medienwirtschaft und in der digitalen Gesellschaft insgesamt? Zunehmende Konzentrationsbewegungen und die Entstehung riesiger Monokulturen.

Ein paar Beispiele: Das erfolgreichste Smartphone-Betriebssystem, die erfolgreichste Suchmaschine, der am weitesten verbreitete Browser, alle kommen aus dem gleichen Haus. Wie viele Smartphone-Hersteller fallen Ihnen spontan ein? Wenn Sie online Waren bestellen, wie viele verschiedene Portale nutzen sie dafür?

Die digitale Wirtschaft wird de facto von ein paar wenigen Großkonzernen dominiert, die uns in ihre jeweilige Welt ziehen und uns zunehmend auch dazu bringen wollen, uns komplett von ihnen bemuttern zu lassen: Sie ermitteln dann unsere Bedürfnisse und versorgen uns dann ganz gezielt mit Informationen und Produkten, die angeblich perfekt zu uns passen. Einmal eingelullt, wird es immer schwerer, diese komfortable Blase zu verlassen. Wer aber seine digitalen, gesellschaftlichen und sonstigen Kreise nie verlässt, der wird keine grundlegend neuen Erfahrungen mehr machen und lebt in seiner eigenen Monokultur.

Die Tendenz zur Monokultur geht aber weiter: So leben wir zwar in einer Zeit, in der Informationen so schnell und frei verfügbar sind, wie nie zuvor. Dennoch walzen immer öfter globale Trends phasenweise alles nieder. Alle schreiben dann voneinander ab, posten, teilen, leiten weiter, was sie in der Regel gar nicht überprüfen können — oft auch gänzlich ohne darüber nachzudenken. Hauptsache schnell, Hauptsache ganz vorne mit dabei.

Was uns hingegen nicht gefällt, was wir nicht wissen wollen, was uns nicht interessiert — und das dennoch zu uns vorgedrungen ist — das wischen wir weg: im wörtlichen, wie im übertragenen Sinn. Vielleicht sagt diese Geste, die man bei Smartphone-Nutzern in vielen Ausführungsvarianten beobachten kann, mehr über uns aus, als uns lieb ist: Wie lästige Insekten, Bettler, aufdringliche Verkäufer oder andere Nervensägen, verjagen wir die Infos mit einer abfälligen bis lässigen Bewegung vom Display und damit vermeintlich auch aus unserem Leben.

Dabei sind sie in Wahrheit nicht nur weiterhin da, sondern letztlich unabdingbar: Wir brauchen Vielfalt. Wir müssen Stechmücken und Wespen nicht lieben, aber sie haben eine Funktion.