Kurznachrichten: 10.12.2020

News: Kurz und knackig – KW 50/2020

Rundfunkbeitrag: Eine Koalition rettet sich ohne Rücksicht auf Verluste. SR: Existenzielle Gefahr. Fernsehen: Springer-Verlag mit Bild TV künftig linear? Kinofenster: Gegenwind zur Warner-Schließung. Berlinale: Couch oder Kinosessel? Gescheitert: DAB+-Privatradios im Saarland. Weiterbildung: Kulturfrauen im Fokus.

Rundfunkbeitrag

Tom Buhrow (ARD), Thomas Bellut (ZDF) und Stefan Raue (Deutschlandradio) kündigten wie erwartet den Gang vor das Bundesverfassungsgericht an. Durch Sachsen-Anhalt »ist die bedarfsgerechte Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender ab 2021 nicht mehr gesichert«, so Raue. Bellut: Indem die Beitragsanpassung zum politischen Streitthema wurde, ist die Unabhängigkeit der Sendeanstalten gefährdet.
Die schwarz-rot-grüne Landesregierung Sachsen-Anhalts hat die Vorlage zum 1. Medienänderungsstaatsvertrag zurückgezogen. Damit vermeidet die CDU einen parlamentarischen Schulterschluss mit der AfD und rettet die Koalition mit Grünen und SPD. Gleichwohl hat die AfD ihr Ziel erreicht, die erste Erhöhung des Rundfunkbeitrags seit 2009 zu verhindern – nun mit Hilfe der Koalition, die ihre Entscheidung u.a. mit staatspolitischen Interessen begründete.
Scheitert die Erhöhung, ist »die bedarfsauftragsgerechte Finanzierung des öffentlichen Rundfunks nicht mehr gesichert«. 2021 bis 2024 fehlten allen Anstalten dann 1,5 Mrd. €, und der Gang nach Karlsruhe werde unvermeidlich, so MDR-Intendantin Karola Wille vor der Entscheidung.
Ohne Beitragserhöhung ist die Anstalt »existenziell bedroht«, so Verwaltungsrat-Chef Michael Burkert. Die Einnahmen des Senders stiegen seit 2000 nur um etwa 8% – das sind rund 25% unter dem Lebenshaltungsindex, so Intendant Thomas Kleist.
Der Sender plant 2021 bei Ausgaben von 1,4 Mrd. € einen Bilanzverlust von 149 Mio. €. 60 Mio. € operativer Verlust sind aus Rücklagen gedeckt. Die Beitragserhöhung ist berücksichtigt.
Der Wirtschaftsplan 2021 schließt trotz kalkulierter Beitragsanpassung mit buchhalterischem Minus von 112 Mio. € wegen Niedrigzinsen und der Kosten der Altersversorgung. Geplant sind Erträge von 511 Mio. € und Ausgaben von 623 Mio. €. Corona verursache hohen Mehraufwand.
Die Radiofamilie geht mit 265,5 Mio. € Einnahmen, einem Aufwand von 286,4 Mio. € und einem Fehlbetrag von  knapp 21 Mio. € nach 2021. Gegenüber 2020 steigen die Erträge um 16,8, die Kosten um 6,8 Mio. €.
Die Produzentenverbände warnen vor »einem deutlichen Verlust an Programmqualität und Programmvielfalt« sowie vor den Folgen für Zehntausende freischaffende Filmmitarbeitende, wenn es CDU und AfD gelingt, die Beitragserhöhung zu verhindern.

Unternehmen

Plant Springer SE einen linearen TV-Sender? Darauf könnte die Ankündigung eines 22 Mio. €-Investments und von 70 Mitarbeitern deuten, so Berichte.
Die Redaktionen des Hamburger Radios 90,3 und des TV-Magazins »Hamburg Journal« samt der Online-Redaktion werden am Standort HH-Lokstedt zusammengefasst. Im Neubau des Hauses 24 stehen ab Herbst 2023 11.500 qm für 550 Arbeitsplätze zur Verfügung.
Die Gruppe übernimmt nach 30 Jahren Partnerschaft die Minderheiten-Anteile ihrer belgischen Radio- und TV-Aktivitäten. Die TV-Familie erreichte 2019 einen Marktanteil von 34,5%.
Der Sendenetzer Arqiva steigt im März bei Digital UK aus. Man wolle nicht in die neue HbbTV-basierte Hybridplattform für die Freeview-Platfform investieren, werde deren terrestrisches Sendenetz aber weiter betreuen. BBC, ITV und Channel4 bleiben Partner.

Streaming

Die neue Streaming-Plattform soll am 4. Januar in 25 Staaten starten. Abonnenten von DPlay werden automatisch umgeschrieben. In einigen Regionen gibt es Partnerschaften mit Sky oder lokalen Sendern.
Die Nutzer sind im Schnitt 49 Jahre alt und damit »schon deutlich jünger« als das lineare Publikum. Man bemühe sich weiter um die um die 30-jährigen, so Channelmanager Florian Hager. Der Oktober 2020 zeigte die bisher beste Nutzung. Herausragend schnitt »Babylon Berlin« mit 20 Mio. Abrufen (40 Mio. für alle drei Staffeln) ab.
In Europa sowie Lateinamerika ersetzt die Plattform im zweiten Halbjahr 2021 die bisherigen HBO-Marken. Das Warner-Streaming will sein Programmangebot für Europa verdoppeln.

Filme, Kino, Festivals

Das Hollywood-Studio brüskiert Kinos und Verleiher und streicht in den USA das »Kinofenster«: 17 Filme starten 2021 zeitgleich im Kino und einen Monat lang bei HBOmax. Das beginnt am 25.12. mit »Wonder Woman 1984« und geht u.a. mit »Dune« und »Matrix 4« sowie aus 2020 verschobenen Titeln weiter. 
»In diesem Moment zerstören sie alles«, kommentiert Kinoregisseur Christopher Nolan zu Warner. Statt für das beste Studio habe man für den schlechtesten Streamer gearbeitet. Wie US-Branchenblätter melden, hält Legendary Pictures am Kinovorrang für seine Produktionen »Dune« und »Godzilla vs. Kong« fest und droht dem Studio mit einer Klage.
2,8 Mio. € für Restaurierung und Digitalisierung von 75 Filmen – vom Stummfilm »Karl Valentin, der Sonderling« bis zum Oscargewinner »Jenseits der Stille«. Konservatorische und kuratorische Gründe galten für46 Produktionen, Auswertungspläne für 22 Spiel- und 7 Kurzfilme. Beantragt war für 94 Titel mit einem Gesamtvolumen von 3,54 Mio. €.
Politik und Macher diskutieren: Das Team will die Berlinale »auch 2021 als Ort des Austauschs und der Begegnung« durchführen. Berlins Kultursenator Lederer ist jedoch wegen der Corona-Situation skeptisch.

Radio, Audio

Die Energy-Gruppe startete ihre internationale Programm-Marke 3 Wochen vor angekündigtem Termin. Es ist der dritte Sender im 2. bundesweiten DAB+-Multiplex mit einem ähnlichen Musikprofil.
Kein Privatradio-Mux für das Saarland: Die Medienanstalt LMS und Plattformbetreiber Divicon Media geben das Projekt wegen des 2. nationalen DAB+-Mux und Corona auf. Dem gingen seit mehr als einem Jahr Probleme mit der Finanzierung und der gewünschten Sendefrequenz voraus.

International

Der europäische Verbund der Medienregulierer verabschiedete neue Regeln für das Vorgehen bei grenzüberschreitenden Rechtsverletzungen durch AV-Mediendienste und Videosharing-Plattformen. Beteiligt sind 27 EU-Staaten, Norwegen, Island und Liechtenstein.

Weiterbildung

Der Potsdamer Weiterbilder lädt zu »shift_culture« ein, einem Programm zur Qualifizierung von Frauen in Führungspositionen von Kulturbetrieben. Die Workshops finden im März, Mai und August statt. Anmeldungen sind bis zum 11. Februar möglich.

Personalia

Die Deutsche ProduktionsUnion holte Jan-Philip Senfft als Head of Development/Factual. Er war zuvor zehn Jahre mit gleicher Aufgabe bei der Produktionsfirma Fandango tätig.
Manfred Loppe, seit 1992 dabei und seit 1998 Sportchef, verlässt den Sender. Zugleich wird der Sportbereich innerhalb der RTL News GmbH neu organisiert. Die Stelle ist noch nicht neu besetzt.
Programmdirektorin Gabriele Holzner wurde zur stellvertretenden Intendantin gewählt. Berthold Tritschler, Betriebsdirektor und Vizechef, geht zum Jahreswechsel in den Ruhestand.