IBC2016: Software-Architektur OnCore von Tools On Air

Virtualisierung und cloud-basierte Dienste sind in vielen Bereichen auf dem Vormarsch. Da liegt der Gedanke eigentlich nahe, dieses Prinzip auch im Broadcast-Bereich zu nutzen. Die Grundidee besteht darin, Workflows am Rechner zu entwerfen, auszuprobieren und dann direkt anzuwenden: etwa um Material zu ingesten, zu transkodieren, mit Grafiken zu versehen, in einer Playlist anzuordnen und diese dann zeitgesteuert auszuspielen. Lösungen hierfür gibt es etwa von Imagine mit der Zenium-Architektur, aber auch von Tools On Air aus Österreich.

Tools On Air ist bekannt für seine »TV station in a Mac«, eine aus verschiedenen, kombinierbaren Modulen bestehende Software-Plattform, mit der ganze Broadcast-Abläufe auf Mac-Basis realisierbar sind: zu weit niedrigeren Kosten, als wenn man dezidierte Hardware dafür verwenden würde. Umfassende Funktionalität für Ingest, Speicherung, Asset-Management, Playout und Echtzeitgrafik steht dabei zur Verfügung.

Das funktionierte und funktioniert für Tools On Air und seine Kunden sehr gut, aber im Angesicht der Tatsache, dass Apple ganz offenbar das Interesse am Broadcast-Markt und an leistungsfähigen Rechnern verloren hat — so wurde schon sehr lange von Apple keine wirklich neue Hardware im oberen Leistungsbereich mehr vorgestellt, weder im Desktop- noch im Laptop-Segment — könnte sich das perspektivisch auch ändern.

Darauf hat Tools On Air reagiert und stellt mit OnCore, MediaCore und OnCore Designer eine linux-basierte Plattform vor, mit der das Unternehmen hardware-unabhängig werden will. Im Grunde soll damit das Gleiche möglich sein, wie mit den Mac-Lösungen von Tools On Air — gleich gut zu bedienen, aber auf einem moderneren Engine und mit leistungsfähigerer Hardware, als Apple sie derzeit im Angebot hat.

OnCore ist also eine Software-Architektur für Broadcast-Aufgaben, deren einzelne Komponenten und Funktionen über eine grafische Oberfläche zu individuellen Workflows kombiniert werden können. Diese grafische Oberfläche stellt der OnCore Designer dar. Die Verarbeitung der AV-Daten übernimmt MediaCore, ein neuer, linux-basierter Media-Engine von Tools On Air.

Klassische Broadcast-Abläufe sollen sich damit ebenso umsetzen und steuern lassen, wie das Publizieren in sozialen Medien. Im Rahmen der Prozessteuerung können etwa ebenso Clip-Rundowns generiert, wie automatisch Mails generiert und Beiträge gepostet werden.

In OnCore Designer kann sich der Anwender seinen Workflow als Flussdiagramm zusammenbauen, und dabei die bisher schon in den Lösungen von Tools On Air verfügbare Funktionalität nutzen — sowie vorhandene Hard- und Software von Drittanbietern einbinden. Mischersteuerung, Transcoding, Ingest, Playout, Monitoring, Automation, Kopiervorgänge, Archivierung, Metadaten-Extraktion, Echtzeitgrafik und vieles weitere, können hier zu einem individuellen Workflow kombiniert und zentral gesteuert werden.

Auf Basis von OnCore und MediaCore bietet Tools On Air einerseits kundenspezifische Lösungen an, andererseits sollen die Kunden aber auch in die Lage versetzt werden, selbst ihre Prozesse und Workflows anzupassen, zu verändern oder zu ergänzen. Kurzfristig auf Marktveränderungen und Trends reagieren und schnell neue Outlets bedienen zu können, möglicherweise auch in neuen Formaten — das soll mit OnCore möglich werden.

Ab November 2016 will Tools On Air die Version 1.0 anbieten, dann sollen in rascher Folge Updates erfolgen und ab Version 1.2 soll es möglich werden, OnCore als cloud-basierten Web-Service zu nutzen. Dabei will Tools On Air auch den sanften Einstieg ermöglichen: Die Anwender können aller Voraussicht nach den OnCore Designer kostenlos downloaden und damit experimentieren und testen, erst für die voll anwendbare, voll funktionsfähige Version muss dann eine Lizenz erworben werden.