Coppola realisiert »Live Cinema« mit Dyvi-Mischer
Bei seinem »Live-Cinema«-Projekt mit dem Titel »Distant Vision« setzte Francis Ford Coppola einen Dyvi-Mischer von EVS ein.
Der Kinoregisseur Francis Ford Coppola realisierte vor kurzem einen ersten Teil seines Großprojekts »Distant Vision«. Dieses Projekt will er in einer neuen Produktionsweise umsetzen, die er selbst als »Live Cinema« bezeichnet.
Dabei bereitete er die Umsetzung eines Drehbuchs so vor, wie man das klassischerweise für einen Kinofilm macht, produziert wurde »Distant Vision« dann aber live mit 40 Kameras — und es wurde parallel online verbreitet. Das Ergebnis ist eine Mischform aus Kinofilm, Theater und Live-TV-Übertragung.
»Distant Vision« erzählt die Geschichte einer italo-amerikanischen Familie über drei Generationen hinweg, parallel zur Entwicklung des Fernsehens in dieser Zeit. Coppola geht davon aus, dass die Produktion dieser breit angelegten Saga mehrere Jahre in Anspruch nehmen wird. Der Regisseur will dabei mit ganz neuen Erzählweisen, neuer Technik und neuen Workflows experimentieren. Das Projekt soll — so der aktuelle Plan — im Rahmen von Workshops umgesetzt werden.
Auf der technischen Seite spielte bei der Produktion des nun umgesetzten ersten Teils, ein Dyvi-Mischer von EVS eine wichtige Rolle. Der Bildmischer Dyvi kombiniert Standard-IT-Komponenten und Glasfasertechnik zu einem völlig neuen, skalierbaren Mischerkonzept, das zudem verteilte Strukturen erlaubt und somit ganz neue Produktionsmethoden unterstützt, etwa unterschiedlichste Varianten von Remote Production (mehr Infos dazu geben zwei Messevideos: von der NAB2015 und von der IBC2014). Von einem Bedienpanel aus werden dabei abgesetzte Processing-Module gesteuert, die Kontrolle und Übersicht behält der Anwender über einen integrierten Multiviewer und eine Menüsteuerung.
Francis Ford Coppola erläutert: »Ich spürte, dass ich experimentieren muss, um die tatsächliche Methodik des Live Cinema zu erlernen, die einen Hybrid aus Theater, Film und Fernsehen darstellt. Die Einstellung ist das Grundelement, wie beim Film; das Live-Schauspiel kommt aus dem Theater; die fortschrittliche Fernsehtechnik, die das Ganze ermöglicht, stammt aus der TV-Sport-Übertragung.«
Vor gut einem Jahr hatte Coppola erste Tests durchgeführt und einen ersten »Proof of Concept« realisiert. Nun erfolgte der nächste Schritt und dabei wurde als Höhepunkt eines zweimonatigen Workshops eine Produktion von Coppolas Filmstudio Zoetrope umgesetzt, die einen ersten Teil des insgesamt 500 Seiten langen Drehbuchs umfasst.
Rund 70 Studenten aus den Bereichen Theater, Film und Fernsehen der Universität UCLA in Los Angeles wirkten an der Produktion mit.
Technical Director Teri Rozic hatte für die Umsetzung den Dyvi ins Gespräch gebracht und nutzte ihn als Teil des Live-Cinema-Workflows im Rahmen der Produktion an der UCLA.
Der entstandene Film umfasst 17 Szenen mit jeweils eigenen, komplexen Kameraanforderungen. Die Inputs und Quellen jeder Szene wurden dabei im Dyvi als eigene Presets gespeichert, was den Setup beschleunigte und den Produktionsprozess insgesamt vereinfachte.
Ein Beispiel verdeutlicht das genauer: Es wurden natürlich nicht bei jeder Szene alle 40 Kameras eingesetzt, sondern immer nur einige dieser Kameras. Also wurde im Dyvi gespeichert, welche Szene welche Kameras nutzt und auch nur diese wurden dann per Mutiviewer in einem sinnvollen Layout auf einem der drei angeschlossenen Großbildschirme im Kontrollraum der UCLA dargestellt. Auf den anderen Schirmen konnte derweil das Setup der kommenden Szene gezeigt und diese dann entsprechend eingerichtet werden.
Die individuelle Multiviewer-Darstellung jeder Szene wurde also im Dyvi gespeichert und dann nacheinander aufgerufen und dargestellt. Um sofort auf einem Blick sehen zu können, welches Layout die jeweilige Live-Szene mit allen zugehörigen Kamerasignalen zeigte, wurde dieses jeweils mit einem roten Hintergrund markiert — sozusagen als virtuelles Tally.
Eine solche Installation mit rasch aufeinanderfolgenden, wechselnden Multiviewer-Layouts und Mischer-Setups wäre mit einem traditionellen Mischer einerseits nur schwer zu realisieren gewesen, sie hätte andererseits auch bei weitem nicht die Übersicht geboten, die mit dem Dyvi realisiert werden konnte. Die logische Gruppierung der einzelnen Kamerabilder fanden die Beteiligten sehr hilfreich und passend für den Live-Cinema-Workflow.
»Ich denke die dynamische Multiviewer- und Bedienfeld-Zuweisung waren aus Sicht eines Regisseurs die beiden wichtigsten Elemente«, resümiert Francis Ford Coppola mit Blick auf den Dyvi. »Die jeweils gezeigten Quellen konnten im System zu jedem Zeitpunkt der Produktion dynamisch umarrangiert werden. Dadurch konnte ich mich stets auf die Quellen fokussieren, die ich zu einem bestimmten Punkt der Produktion benötigte — und unser Technical Director konnte schneller und direkter umschalten. Die Art und Weise, wie wir den Dyvi einstellen und benutzen konnten, wäre mit einem konventionellen Mischer einfach nicht möglich gewesen.«
Technical Director Teri Rozic ergänzt: »Die Flexibilität, die wir durch Dyvi erreichten, indem wir die Kamera-Inputs und Quellen jeder Szene vorkonfigurieren konnten, machten die ganze Produktion sehr viel effizienter und einfacher zu handhaben.«
Jürgen Obstfelder, bei EVS als Senior Product Specialist und Software Designer des Dyvi tätig, freut sich über diese Rückmeldungen: »Die Art und Weise auf die der Dyvi-Mischer in diesem Projekt genutzt wurde, entspricht exakt dem, was wir uns vorgestellt hatten, als wir mit der Entwicklung begannen. In den vergangenen Jahren ging es bei Mischern fast ausschließlich darum, immer mehr Quellen verarbeiten zu können. Dadurch, dass der Dyvi auf IT-Software basierend entwickelt wurde, kann er für eine nahezu unbegrenzte Zahl an Setups konfiguriert werden — oder in diesem Fall für Szenen. Bildingenieure oder Technical Directors können dann zwischen diesen Konfigurationen auf Knopfdruck wechseln.«
Im Zusammenspiel mit dem Dyvi kam bei der Produktion auch ein XT3-Server von EVS zum Einsatz. Alle 17 Szenen der Produktion wurden während der Proben mit diesem 12-Kanal-Server aufgenommen und geschnitten.
Wäre während der Live-Übertragung etwas schiefgegangen, hätte Teri Rozic jederzeit auf diesen voraufgezeichneten Content zugreifen können — und ihn während der Live-Übertragung so verwenden, dass das Publikum zuhause dennoch ein störungsfreie Inszenierung hätte miterleben können.
»Ich möchte EVS für die große Hilfe während dieser experimentellen Produktion danken — und für ihre unschlagbare Tradition aus Präzision und Zuverlässigkeit«, lobt Francis Ford Coppola.