Postproduction, Test: 16.11.2009

Lückenfüller für Final Cut Pro: Tracking

Plug-Ins und Zusatzprogramme von Drittanbietern können die Funktionalität von Final Cut Pro sinnvoll und effektiv ergänzen. Dieser Teil des Tests befasst sich mit dem Thema Tracking.

Wem die Möglichkeiten innerhalb von FCP nicht immer ausreichen, der kann das Apple-Schnittprogramm mit Plug-Ins von Drittanbietern »pimpen«. Im Folgenden finden Sie eine Auswahl von Plug-Ins für Tracking-Aufgaben, die in der täglichen Produktion sinnvoll sind und eine wichtige Rolle spielen können.

Tracking
Mocha (rund 150 Euro)

Mocha von Imagineer Systems ist ein 2,5-D-Tracker, der die Raumposition anhand geometrischer Verformungen bestimmt. Genau genommen ist Mocha kein echtes Plug-In, sondern ein eigenständiges Programm mit einer eigenen Oberfläche: Leider ist die Integration auf halbem Wege stecken geblieben und die Clips müssen zunächst aus dem Finder in Mocha geladen werden. Die Weitergabe der von Mocha aus diesen Clips ermittelten Daten an FCP funktioniert dann über XML — auch in Final Cut Express.

Welche Daten Mocha bereitstellt, hängt davon ab, ob man nur Mocha, oder zusätzlich das optional erhältliche Shape-Plug-In für weitere rund 80 Euro besitzt. Tracking-Daten, wie man sie zur Ermittlung von Bewegungspfaden oder zur Bildstabilisierung braucht, können ohne Shape in FCP übertragen werden. Wenn es allerdings darum geht, Rotosoping-Masken als Shapes zu nutzen, beispielsweise für eine selektive Farbkorrektur, benötigt man das Plug-In.

Mocha ist den Tracking-Fähigkeiten von Apples Software Motion weit überlegen. Selbst ohne Shapes sind die Fähigkeiten, Spline-Masken einzusetzen sehr viel umfangreicher. Außerdem kommt Mocha auch mit schwierigem, eigentlich ungeeignetem Material, sehr viel besser zurecht.

Grundsätzlich wird bei dem Import der XML-Datei aus Mocha die Filmdatei mit geladen, die Bewegungs-Daten sind dann als Keyframes in den Attributen angelegt. Die Bewegungsdateien können vom importierten Clip kopiert und auf einen anderen übertragen werden. Shape-Dateien werden als neues Projekt angelegt. Der Import der fertigen Bewegungspfade und Roto-Masken ist dadurch einfach, das Tracken selbst ist komplexer.

Die Oberfläche, die vom Look and Feel an Color erinnert, bietet eine große Fülle an Einstellmöglichkeiten und Optionen, sie ist nicht gerade intuitiv zu bedienen. Zunächst muss man sich durch den umständlichen Freischaltprozess über das Internet hangeln, dann ist ein Blick ins Manual unvermeidlich. Dank der zahlreichen Schulungsvideos und des guten Handbuchs ist es aber möglich, binnen einer halben Stunde die Grundlagen so zu erlernen, so dass man den weitaus größten Teil aller Aufgaben erledigen kann. Die wichtigsten Beispiele für Bewegungspfade, Bildstabilisierung und selektiven Farbkorrekturen werden gut erklärt. Die restlichen, vielleicht 10%, befassen sich mit aufwändigen Korrekturoptionen und haben es in sich: Nur wenn das Bildmaterial von sehr schlechter Qualität ist oder wirklich komplizierte Aufgaben anstehen, ist es nötig, so tief einzusteigen. Dann allerdings muss man sich schon einige Stunden mit dem Handbuch beschäftigen und einige Übungen durchführen um den Großteil der Optionen und Strategien einschätzen und verwenden zu können. Aber auch diese hohen Anforderungen unterstützt das Handbuch sehr gut.

Sehr angenehm überrascht ist man, wenn mit einigermaßen ordentlichem Material dann die ersten Ergebnisse ganz ohne manuelle Korrekturen schon fast perfekt gelingen. Weitere großer Pluspunkt: Das Tracking in Mocha ist signifikant schneller als in Color, die grundlegende Bedienung einfacher und man hat bei Bedarf mehr Möglichkeiten in der Hinterhand.

Selbst wenn ein oder zwei der Tracking-Punkte über mehrere Frames von der Bildfläche verschwinden und erst später wieder auftauchen, oder bei perspektivischen Verzerrungen, arbeitet Mocha sehr exakt. Dabei helfen eine Matte-Ansicht, Masken, eine automatische Zoomansicht und ein Grid für perspektivische Verzerrungen.

Das Stabilisieren einer Aufnahme ist bei Einsatz von Mocha mit mehr Arbeit verbunden, als mit der dafür in FCP vorgesehenen Funktion Smoothcam. Dafür benötigt Mocha weniger Zeit in der Berechnung. Wenn man »quick and dirty« arbeitet, ohne alle Möglichkeiten ausgelotet zu haben, waren die Ergebnisse aber nicht besser als mit Smoothcam. Hat man mehr Zeit um ins Feintuning zu gehen, bietet Mocha in Kombination mit Shape mehr Optionen zur Kontrolle der Parameter, so dass es einfacher ist, nur die schlimmsten Wackler auszugleichen und die grundsätzliche, gewünschte Dynamik der Kamerabewegungen beizubehalten.

Trotz der mangelhaften Integration in Final Cut ist Mocha eine sehr gute Ergänzung für jeden, der Tracking-Daten für Compositing-Aufgaben benötigt. Auch für die selektive Farbkorrektur ist es eine Alternative mit der man schneller ans Ziel kommt als mit Color, wenn einem die 3-Wege-Farbkorrektur dafür reicht.

Boris Continuum Units: Motion Tracker (rund 180 Euro)

Das Motion-Tracker-Set aus der Sopftware-Familie Boris Continuum Units beinhaltet vier Filter. Grundlage für das Erstellen von 4-Punkt-Trackings ist der Filter Corner Pin. Anders als Mocha verfügt Corner Pin nicht über keine eigene Oberfläche, sondern muss im Finder und im Canvas eingestellt werden. Die Bedienungsoptionen in Listenform sind reichlich — und auch reichlich unübersichtlich. Das PDF-Handbuch erklärt viele Arbeitsschritte nur sehr knapp und so ist man gezwungen, viele Schritte durch Trial-and-Error herauszufinden. Das gilt auch für die anderen drei Plug-Ins: Witness Protection, Wire Remove und Matchmove. Bei Letzterem wird beispielsweise hauptsächlich die Anwendung für After Effects beschrieben, während die für Final Cut — die sich doch erheblich unterscheidet — nur sehr kurz und ohne Bilder abgefertigt wird. Hat man das grundlegende Prinzip aber einmal verstanden, wird es einfacher, denn es kommt in allen vier Filtern zum Einsatz.

Der Matchmove-Filter ist ein Tracker mit einem Punkt — o.k., wenn es schnell gehen muss. Witness Protection verbindet diesen Tracker mit vier Methoden, einen Bildausschnitt unkenntlich zu machen. Ein Offset erlaubt es, für das Tracking auch einen signifikanten Punkt zu verwenden, der außerhalb des abzudeckenden Bereichs liegt, sich aber gleich bewegt. Bei kontrastreichem Material und eindeutigen Punkten, die den Bildschirm nicht verlassen, kommt man rasch zu guten Ergebnissen. Manuell nachbessern mussten die Tester aber bei den Boris-Plug-Ins — anders als bei Mocha — dennoch bei fast jedem Einsatz. Bei geringem Kontrast und ruckartigen Bewegungen im Bild etwa, bleibt es nicht aus, dass man sich durch viele Einstellungen arbeiten und manuell nachbessern muss. Mit ein bisschen Übung erhält man aber mit vertretbarem Zeitaufwand ganz gute Tracking-Ergebnisse: Den Zeitaufwand, Bewegungspfade manuell zu erstellen, unterbietet Boris Motion Tracker jedenfallls bei weitem. Das Gleiche gilt allerdings auch für den Motion-Tracker im Apple-Programm Motion, das zudem einfacher zu bedienen ist. So bringt das Boris-Paket letztlich nur den Vorteil, dass man das Tracking direkt innerhalb von FCP erledigen kann und man sich den Umweg über Motion sparen kann.

Der Wire Remover lässt sich mangels direkter Bearbeitung im Videobild nicht gut handhaben. Funktionen wie Cover Mask und das Clone-Feature ermöglichen es aber, die Wires oder andere schmale Objekte bei Bluebox-Aufnahmen ganz einfach verschwinden zu lassen. Bei Aufnahmen in realer Umgebung erhält man aber durchaus hin und wieder mal an den abgedeckten Stellen den Eindruck von Pixelfehlern.

Fazit Tracker

Mocha ist kein echtes Plug-In sondern eine über XML mit Final Cut verknüpftes, eigenes Programm. Es würde also gut zu den anderen Programmen im Studio-Paket von Apple passen. Die Bedienung ist nicht ganz einfach, doch dafür ist Mocha die perfekte Ergänzung zu Final Cut Studio um Rotoscoping- und Tracking-Aufgaben zu erledigen — noch dazu mit einem sehr guten Preis/Leistungs-Verhältnis. Wer sein Final Cut mit den besten Tools ergänzen will, für den ist Mocha die Kaufempfehlung.

Die Tracking Units von Boris schaffen es ebenfalls, eine Lücke von FCP zu schließen, wenn die Sammlung von Boris auch nicht ganz so umfangreich und durchdacht ist wie Mocha. Zudem ist das Boris-Paket nicht für das Rotoscoping geeignet. Die Filter können aber, auf Kosten des Bedienkomforts, direkt in FCP eingesetzt werden. Als Ergänzung gibt es von Boris noch eine Bildstabilisierung für rund 90 Euro. Für die gebotene Leistung sind die Tracking-Units aber im Vergleich zu anderen Paketen — auch von Boris selbst — zu teuer.

Hier gelangen Sie zu den weiteren Teilen des Plug-In-Test:

Keying
Look-Gestaltung, Color Grading
Lensflare

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