Editorial, Kommentar, Top-Story: 17.04.2013

Touch me!

Das hat Jim Morrison von den Doors sicher nicht gemeint, als er den Song »Touch me« sang. Und auch Samantha Fox hatte bei ihrem gleichnamigen Titel definitiv anderes im Sinn. »See me, feel me, touch me, heal me« steuerten The Who zu diesem Thema bei und Salt’n’Pepa werden mit der Anweisung »touch me in the right spot« in »Whatta Man« noch etwas genauer.

Immer öfter aber hat das Berühren heutzutage mit einem Bildschirm zu tun: Berühren, wischen, schieben, zoomen — ohne Touchpanels scheint bei neuen Produkten nichts mehr zu gehen. Kameras werden per Touchpanel ferngesteuert, Dailies per iPad gesichtet und etwa auch EVS greift das Touchpanel-Konzept auf und stellt mit LSM Connect eine App mit der Funktionalität eines klassischen LSM-Bedienpanels vor. Was man nicht bloß per iPad fernbedienen kann oder will, das bekommt eben selbst ein Touchpanel, so wie der jüngste Mischer von Grass Valley und die Mischer- und Streaming-Kombi Anycast Touch von Sony. Im Grunde wird neuerdings überall auf Bildschirme getippt und drübergewischt, was das Zeug hält.

Angesichts der großen Verkaufserfolge von Smartphones und Tablets liegt es natürlich nahe, die Bedienkonzepte dieser Produkte auch in die Profitechnik zu übertragen und sie zumindest ergänzend zu den bisher gängigen Tools anzubieten. »It’s for people with hair«, kommentierte der nun wieder in seinen Heimathafen gerufene Grass-Valley-Chef Tim Thorsteinson das hier innewohnende Generationenthema — mit Blick auf das neue »nonlineare Live-Produktionssystem« aus eigenem Haus, das auf ein Touchpanel und eine app-artige Bedienung setzt. Ein wirklich cooler Spruch von einem Firmenchef, der selbst schon längst den größten Teil seines Haupthaars eingebüßt hat und dessen kahlgeschorener Marketing-Chef neben ihm steht, als er das sagt. 

Wird in Zukunft also alles mit Touchpanels, Apps oder sonstigen Tools aus der Welt der Tablets und Smartphones (fern-)bedient? Das »Internet der Dinge« es kommt in allen Lebensbereichen immer stärker zur Geltung: Den heimischen AV-Receiver kann man heute ebenso vom Smartphone aus bedienen, wie den Heizungsthermostat und die Markise. Wieso also nicht auch mal den Videomischer und die Kamera, wenn es nicht auf die Millisekunde ankommt?

Um so mehr freut man sich aber auch, wenn man etwa mal eine Kamera in die Hand nehmen darf, die ihre Tasten dort hat, wo man sie erwartet, die sich gut anfasst, haptisch und ergonomisch gelungen ist  — und nicht nur ein viereckiger Kasten mit abgerundeten Ecken und einem Touchscreen.

Sie werden sehen.