Kamera, Test, Top-Story: 28.11.2017

C200 im Praxistest: Die große Kleine

Die Canon-4K-Kamera C200 ist nun schon seit ein paar Wochen verfügbar, der Online-Nettopreis hat sich bei 6.700 Euro eingependelt. Zeit für einen Praxistest.








Canon, C200, Totale
Was die Bildqualität und die Möglichkeiten in der Postproduktion angeht, konnte der 4K-Raw-Modus der C200 voll und ganz überzeugen.
C200 Fazit

Speziell was die Bildqualität und die Möglichkeiten in der Postproduktion angeht, konnte der 4K-Raw-Modus der C200 voll und ganz überzeugen. Das Bearbeiten von Helligkeit, Kontrast und Farben und auch das Anwenden von LUTs und bestimmten Looks geht mit dem Raw-Material tatsächlich sehr gut von der Hand. Artefakte und Banding-Effekte werden erst bei ziemlich extremen Veränderungen sichtbar. Die Ergebnisse, die im 4K-Raw-Modus mit der C200 erzielen werden konnten, waren wirklich sehr beeindruckend.

Canon, C200, Totale
Obwohl sie auch viele sinnvolle Features für andere Anwendungsbereiche mitbringt, ist die C200 nach Ansicht der Tester eher eine Kamera für szenische Produktionen.

Allerdings soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Nachbearbeitung des 4K-Raw-Footage im Test-Workflow relativ zeitaufwändig war, da die einzelnen Raw-Clips zunächst nach ProRes 4444 kodiert werden mussten, um sie dann anschließend in der Editing-Software weiterverarbeiten zu können.  Natürlich ist hier zu vermuten, dass Canon demnächst Plug-Ins für die gängigen Editing-Programme anbieten wird, mit denen sich der Cinema-Raw-Light-Codec direkt im Editor verarbeiten lässt.

Um die beeindruckenden 4K-Raw-Möglichkeiten der C200 aber wirklich ausschöpfen zu können, sollte aber dennoch ein sehr leistungsfähiger Rechner zu Verfügung stehen. Aufgrund der hohen Datenraten von 1 GBit/s wird zudem viel Speicherkapazität benötigt, die gleichzeitig einen hohen Datendurchsatz bieten sollte, um das Material noch flüssig abspielen zu können. Auch die noch relativ teuren CFast-2.0-Speicherkarten sind ein Punkt, den es zu bedenken gilt, wenn man sich für den 4K-Raw-Workflow interessiert.

Canon, C200, Totale
Anwender, die dokumentarisch, reportage-artig oder auch tagesaktuell drehen, werden einen hochwertigeren Codec zur HD-Aufzeichnung definitiv vermissen

Das größte Manko der C200 ist aus Sicht der Tester der sozusagen künstlich gedrosselte H264/MP4-Codec mit einer Farbabtastung von lediglich 4:2:0 bei 8 Bit, den Canon im HD- und UHD-Betrieb einsetzt. Hier kann man heutzutage definitiv mehr erwarten. So bieten direkte Konkurrenzmodelle wie die Sony PXW-FS5, die FS7 oder auch die Panasonic AU-EVA1 hier mit interner 4:2:2-Aufzeichnung bei 10 Bit deutlich mehr.

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Beispielhafte Suchereinblendungen der C200.

Anwender, die dokumentarisch, reportage-artig oder auch tagesaktuell drehen, werden einen hochwertigeren Codec zur HD-Aufzeichnung definitiv vermissen, denn in einem solchen Arbeitsumfeld wird die 4K-Raw-Aufnahmefunktion wohl kaum eine Rolle spielen – schon allein wegen der oft sehr kurzen Produktionszeiten ist hier ein 4K-Raw-Workflow nicht wirklich praktikabel. Die Alternative, einen externen Recorder zu nutzen, macht das Setup größer, umständlicher und kostet zusätzliches Geld.

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Handling und Bedienung sind gut, für VJ-mäßiges Arbeiten mit kompaktem Setup ist die C200 aber im Grunde einen Tick zu groß.

Insgesamt ist die C200 nach Ansicht der Tester somit eher eine Kamera für szenische Produktionen. Dafür spricht aber nicht nur der hochwertige 4K-Raw-Modus mit interner Aufzeichnung: Auch was das Handling betrifft, sehen die Tester die C200 eher bei Anwendungen, wo es nicht zuallererst auf Kompaktheit ankommt. Denn was das Gewicht angeht und auch die Abmessungen, war die Kamera den Testern für das VJ-mäßige Arbeiten mit kompaktem Setup einen Tick zu groß. Wäre der Formfaktor etwas näher an der C100 als an der C300, würde das dem Handling und der Ergonomie gut tun.

Canon, C200, Totale
Hat wirklich viel zu bieten: die »kleine Große« von Canon.

Was hingegen beim Einsatz in dokumentarischen und »spontanen« Drehsituationen echte Power-Features der Kamera sind, das sind die sehr ausgereiften AF-Features. Die C200 bietet dank Dual Pixel CMOS AF sehr gut funktionierendes Gesichts- und Objekt-Tracking, was eine große Hilfe sein kann, wenn man in gewissen Drehsituationen nicht manuell fokussieren kann. Auch der AF-unterstützte MF konnte im Test voll überzeugen. Fokussiert man komplett manuell, ist der »Focus Guide« eine sehr gute Hilfe, um die Schärfe zuverlässig zu finden. In puncto Zeitlupe gilt, was man hier praktisch immer sagen kann: mehr wäre besser.

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Vieles ist in der C200 angelegt — was man daraus macht, muss der einzelne Anwender entscheiden.

Bleibt die Frage, wo die »kleine Große« von Canon nun am besten einsetzbar ist. Eine wirklich befriedigende Antwort darauf kann sich der jeweilige Anwender nur selbst geben: Vieles ist in der C200 angelegt, manches könnte sich mit kommenden Firmware-Upgrades noch ändern — probieren geht über studieren.

Seite 1: Übersicht C200
Seite 2: Funktionen, Ergonomie, Handhabung
Seite 3: Ergonomie, Handhabung
Seite 4: Bedienung, HD- und UHD-Aufnahme
Seite 5: 4K-Aufnahme in Cinema Raw Light
Seite 6: Zeitlupe, Autofokus, Sucher
Seite 7: Anschlüsse, Audio, andere Features
Seite 8: Fazit

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