Messe: 17.04.2012

NAB2012: Sony reißt die Latte

Die Erwartungen waren hoch — und Sony hat sie, zumindest in der Pressekonferenz, ganz klar enttäuscht: Die große Neuigkeit, auf die viele spekuliert hatten, weil das Unternehmen viele Produktnews schon vor der Messe kommuniziert hatte, sie blieb aus. Stattdessen wurde ein ungewohnt rauer Ton angeschlagen.

Alec Shapiro, der Chef von Sony Broadcast in den USA, hatte in seine Präsentation während der NAB2012 einen ungewöhnlichen Schlenker eingebaut. Er dankte für den Verkaufserfolg im Bereich der High-End-Kameras dem Vertriebspartner Band Pro und erwähnte dann, scheinbar ganz nebenbei, dass ja Band Pro nun gegen Arri klage. Der Hintergrund: Der frühere Band-Pro-Mitarbeiter Michael Bravin hat in einer Zeit, als er leitender Mitarbeiter bei Arris US-Tochter war, illegal die Mails von Amnon Band, dem Firmenchef und Gründer von Band Pro gelesen (siehe früherer Bericht dazu). Würden sich in dem nun anstehenden Verfahren zwischen Band Pro und Arri entsprechende Anhaltspunkte ergeben, werde auch Sony gegen Arri klagen, erklärte Alec Shapiro dann vor der versammelten Fachpresse.

Wie man den Sachverhalt der »Bravin-Affäre« bewertet, ist die eine Sache. Es ist auch nicht ganz ungewöhnlich, dass Unternehmen juristische Auseinandersetzungen führen. Befremdlich ist jedoch, dass Sony in der NAB-Pressekonferenz solche Drohgebärden gegenüber einem Konkurrenten einnimmt: der Ton wird rauer — und guter Stil sieht anders aus.

Sonst nahm die Sony-Pressekonferenz den üblichen Verlauf: Es wurden Kunden auf die Bühne gebeten, die von ihrer Zusammenarbeit mit Sony bei jüngeren Projekten berichteten und es gab Ausschnitte aus Stereo-3D- und 4K-Produktionen zu sehen. Besonders interessant: Fernando Bittencourt, Director of Engineering bei TV Globo in Brasilien, berichtete, dass seine Sendergruppe mittlerweile alle ihre Soaps mit F35-Kameras von Sony produziere und dass auch schon mehrere Produktionen mit der F65 in 4K realisiert wurden. Für 4K sieht Bittencourt schon in naher Zukunft viele Einsatzgebiete und er wünscht sich auch eine baldige Möglichkeit, 4K-Bilder bis zum Zuschauer nach Hause zu senden.

Einige neue Produkte wurden in der Pressekonferenz ebenfalls vorgestellt, darunter der neue Camcorder NEX-FS700, ein neues Archivsystem auf Optical-Disc-Basis und eine IP-Übertragungseinheit für die Live-Produktion.

Alec Shapiro, der Chef von Sony Broadcast in den USA, stellte unter anderem den neuen Camcorder NEX-FS700 vor.

Weitere Infos zum NEX-FS700 finden Sie hier.

Optical Disc Archivsystem: ODS-D55U

Das Optical Disc Archivsystem besteht aus dem neu entwickelten Laufwerk ODS-D55U und dazu passenden Medien in Form von Cartridges. Dabei handelt es sich um ein reines Datenspeichermedium. Bis zu zwölf Discs passen in das Laufwerk und werden gegenüber dem angeschlossenen Host-Rechner wie ein einziges großes Speichermedium angezeigt. Robustheit und Zuverlässigkeit der Discs qualifizieren diese Lösung aus Sicht des Herstellers für die Langzeitarchivierung jeder Art von Daten, auch von file-basierten Mediadaten.

Das Laufwerk kann laut Sony problemlos via USB 3.0 an einen Mac, PC oder an einen Server angeschlossen werden. Die Cartridge selbst ist file-foramt-unabhängig, schreibt ankommende Files einfach als Daten auf die Scheibe. Bis zu 1,5 Terabyte passen laut Sony auf jede Cartridge.

Für die Fertigung der Cartridges hat Sony in TDK schon einen Lizenznehmer gefunden, der ebenfalls passende Cartridges herstellen wird.

IP-Übertragungseinheit NXL-IP55

Die Videonetzwerkeinheit NXL-IP55 von Sony überträgt HD-Bildsignale, Audiosignale und Steuerungssignale über ein einziges Netzwerkkabel. So sollen die Vorteile der IP-Technologie für Live-Produktionen nutzbar gemacht werden.

Live-HD-Produktionen mit mehreren Kameras erfordern meist mehrere HD-SDI-Verbindungen via Koaxkabel. Für die Synchronisierung und Steuerung werden weitere Kabelstrecken benötigt. Das IP-Übertragungssystem NXL-IP55 von Sony verbindet hingegen mehrere Kameras über ein Standardnetzwerk. Das vereinfacht das Setup der Kameras und ermöglicht effizienten Betrieb.

Die NXL-IP55 unterstützt bidirektionale IP-Bildübertragung, so dass jede Bildumschaltung, die im Regieraum vorgenommen wird, mit sehr geringer Verzögerung an die an der Bühne oder am Spielfeldrand installierten NXL-IP55 zurückgesendet wird. Auf diese Weise können auch hochwertige Leinwandprojektionen umgesetzt werden.

Die NXL-IP55 ist zudem mit der neuen Studiokamera HDC-2000 von Sony kompatibel. Ein HDC-2000-Setup besteht aus einem Kamerakopf und einer Kamerakontrolleinheit (CCU), die über eine Gigabit-Übertragungsstrecke miteinander verbunden sind. Durch den Anschluss einer NXL-IP55 an jede Signalstrecke können Bildsignale von bis zu drei Kameras übertragen werden. Auf diese Weise können in Summe bis zu vier HD-Bilder über ein einziges Glasfaserkabel gesendet werden, über das die Kameras mit der CCU verbunden sind.

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