Top-Story: 28.11.2006

4K: Die Zukunft bei Spielfilmen?

4K-Auflösung ist bei der Postproduktion hochwertiger Spielfilme das Maß aller Dinge. Welche Auswirkungen hat das auf den Postproduktionsmarkt? Steven Owen von Quantel kommentiert diese Entwicklung.

4K entwickelt sich immer mehr zur ersten Wahl in der Filmpostproduktion. Nach Meinung vieler liegt der Grund dafür in der inzwischen aureichend schnellen und finanzierbaren Technologie, die es ermöglicht, dass 4K-Postproduktion in immer mehr Postproduktions-Budgets passt.

Manche grenzen das Thema 4K allerdings auf die Digital-Cinema-System-Specification der Digital Cinema Initiative (DCI) ein. DCI geht von den wichtigsten Filmstudios aus (Disney, Fox, MGM, Paramount, Sony Pictures Entertainment, Universal und Warner Bros.), sie behandelt daher die Distributions-Seite des digitalen Kinos. Dennoch hat DCI auch Auswirkungen auf die Nachbearbeitung von Spielfilmen, auch wenn oft behauptet wird, dass es derzeit noch zu früh sei, über 4K zu diskutieren, da ein finanziell erfolgreicher DI-Arbeitsablauf in 4K immer noch sehr komplex ist.

Wozu also der Schritt in Richtung 4K? Obwohl die hohe Qualität auf der Leinwand — zumindest im Moment — noch nicht sichtbar ist, gibt es zahlreiche Argumente, die für die Umstellung auf 4K sprechen. Einer der am häufigsten vorgetragenen Gründe bei jeder Technologie-Verbesserungliegt darin, dass die Technologie zur Verfügung steht. Das klingt etwas absurd, aber man muss nur ein Blick auf das eigene Handy oder den eigenen Computer werfen und sich dann die Frage stellen »War es wirklich notwendig, das alte Modell gegen die allerneuste Version einzutauschen?« Die Antwort wird ein klares »Ja« sein…

Der Grund für die wachsende Bedeutung von 4K als Standard in der Industrie ist, dass 4K als gleichwertig zu der ursprünglichen Auflösung des originalen Kameranegativs eines 35-mm-Films angesehen wird. Das Scannen eines Original-Negativs in 4K und die Weiterbearbeitung innerhalb eines 4K-DI-Prozesses (vorausgesetzt, dass die Signalverarbeitung in höchster Bildqualität stattfindet) wird ein verlustfreies Resultat liefern, unter Beibehaltung aller Details der ursprünglichen Aufnahme. Das bietet viele Vorteile: Effekte und speziell Composites wirken in hoher Auflösung besser und überzeugender. Es ist schon lange Zeit bekannt, dass Material, das von HD oder 2K auf SD herunter konvertiert wurde, besser aussieht als Material, das direkt in SD abgetastet und für die TV-Ausstrahlung bearbeitet wurde. Da heutzutage jedoch ein Film üblicherweise in zahlreichen unterschiedlichen Formaten vorliegen muss (als Film, für die digitale Projektion auch in 2K und 4K, HD, SD, 16:9, 4:3 Pan und Scan), ist die Chance groß, dass alle Versionen über die beste Qualität verfügen, wenn sie von einem 4K-Original stammen.

Ein häufig vorgebrachten Argument gegen 4K ist, dass Details oberhalb von 2K auf den üblichen Bildschirmen und Leinwänden verloren gehen. Bei der digitalen Archivierung ist das aber irrelevant. 4K bietet Rechteinhabern die Möglichkeit, noch viele Jahre später beispielsweise für eine weitere Nachbearbeitung oder eine Neuauflage den Film erneut nutzen und dabei auf jedes Detail, jede Nuance des Originals zugreifen zu können. Voraussetzung ist natürlich die Archivierung auf einem digitalen Medium, das nicht innerhalb weniger Jahre an Qualität verliert. Wer weiß, ob wir in unseren Wohnzimmern in zehn Jahren nicht alle über 4K-DVD-Player verfügen (oder das entsprechende Äquivalent), mit riesigen 4K-Bildschirmen für die neue Ausgabe von »Spiderman 17« in seiner gesamten 4K-Pracht? Wenn man berücksichtigt, dass computer-ähnliche Displays heute bereits 2K übertreffen, ist dies vielleicht ein recht realistisches Bild unserer zukünftigen, häuslichen Sehgewohnheiten.

Damit dieses Szenario Realität wird, ist es notwendig, das gesamte Quellmaterial in 4K zu scannen – nicht nur ausgewählte Aufnahmen für das anschließende Online-Editing. Das bedeutet bei einem einzelnen Film einen Anstieg der benötigten digitalen Speicherkapazität für das 4K-Material von 8 TB auf 200 TB bei einem knapp bei 25:1 liegenden Aufnahmeverhältnis.

Ein berechtigte Gedanke zwischendurch: Da die Lebensdauer digital archivierten Materials in der Regel viel kürzer ist, als das bei einer Filmrolle der Fall ist (die bei korrekter Archivierung bis zu 100 Jahre alt sein kann), stellt sich die Frage, wieso man nicht einfach die Filmrollen archiviert und bei Bedarf in der dann gewünschten Auflösung neu abtastet.

Ist 4K also wirklich der »heilige Gral«? Warum beschränken wir uns auf die allem zugrunde liegende Auflösung des 35-mm-Films? Parallel zu der wachsenden Bedeutung von 4K in der Postproduktion ist ein signifikanter Anstieg bei der digitalen Aufnahme zu erkennen. Aktuell ist dies meist limitiert auf Log-basiertes 10 bit HD-RGB (1920 x 1080). Doch 2K ist bereits in Sicht und es gibt keine technischen Gründe, warum sich die Technologie nicht bis 4K oder darüber hinaus entwickeln sollte. Wenn Bilder in 4K besser wirken als in 2K, ist dann bei 6K oder sogar 8K erst recht ein sichtbarer Qualitätssprung zu erwarten? Mit Blick auf die digitalen Fotokameras ist die Antwort auf diese Frage »vermutlich ja«. Vorausgesetzt, dass es eine Detailvielfalt gibt, die über fotorealistisch hinausgeht, sollte doch »echt-realistisch« unser eigentliches Ziel sein. Wenn man andererseits die aktuellen Untersuchungen zur Auflösungskraft des menschlichen Auges in Betracht zieht, könnte man auch argumentieren, dass 2K absolut ausreichend ist.

Ein weiteres Argument in dieser Diskussion ist die Filmkörnung oder deren Nichtvorhandensein bei der wahrgenommenen Bildauflösung. Bilder, die mit digitaler Cinematography aufgenommen wurden und bei 1920×1080 sehr klar und sauber wirken, erfordern im Vergleich zu traditionellen 35-mm-Drehs eine Optimierung des Drehortes und des Film-Make-Ups. Was sind dann erst die Anforderungen für Filmauflösungen über 2K?

Was für einen Vorteil hat also der durchschnittliche Kinobesucher von 4K? Die traurige Wahrheit ist, dass dies für die 4K-Postproduktion nicht relevant ist! Denn für den Kinobesucher ist kein Unterschied sichtbar, nachdem der Film auf der großen Leinwand den üblichen Prozess der optischen Filmvervielfältigung und –distribution auf dem Weg zum Kino hinter sich hat. Der Großteil der 4K-Auflösung ist da bereits verschwunden und übrig bleibt ein Bild mit nicht mehr als 1.200 Pixel Auflösung. Selbst Filmproduzenten, die den Vorteil haben, eine Version des Films in der ersten Generation in einem gehobenen Kinosaal vorgeführt zu bekommen, sehen weniger als ein Viertel der ursprünglichen 4K-Detailfülle des Originalmaterials, also maximal 2K. Auch diejenigen, die den Film in der aktuellsten digitalen Kinoprojektion sehen, sehen nicht die echte 4K-Projektion, weil es schlichtweg zu wenige und nur vereinzelt 4K-Projektoren gibt. Es gibt also noch genügend zu tun auf dem Weg zu 4K…