Editorial, Kommentar, Top-Story: 12.01.2007

Neues Jahr, neues Glück, neues Geld?

Für die ARD begann das neue Jahr mit einem Schlag ins Kontor: Günter Jauch gab bekannt, dass er nun doch nicht für die Nachfolge der Christiansen-Talk-Show zur Verfügung steht und bei RTL bleiben wird.

Was vorab schon als großer Coup des öffentlich-rechtlichen Senderverbunds inszeniert worden war, findet nun also gar nicht statt. Am Schluss durchkreuzten Eitelkeit, Machtgier und Profilierungssucht der Provinzfürsten in einzelnen ARD-Anstalten den ursprünglich groß aufgeblasenen »Masterplan«, mit Jauch im Senderverbund der Länderanstalten punkten zu können — so sehen es zumindest zahlreiche Kommentatoren und Insider.

Unabhängig davon, was man generell von Jauch hält, wie man seine Eignung für eine politische Talkshow bewertet und wie man die exzessive Personalisierung im deutschen Fernsehmarkt generell sieht: In der Crux der ARD spiegelt sich die Crux der Politik. Die Parallelen sind unübersehbar: Hier wie dort wird ständig vollkommen undiszipliniert von selbstherrlichen Egomanen quer geschossen. In beiden Bereichen tut man sich außerordentlich schwer mit der Bestimmung, Bestellung und Wahl von Führungskräften. Viel zu oft lähmen Vetternwirtschaft und Kungeleien in Gremien, Lobby-Gruppen und »Freundeskreisen« die Sacharbeit und dringend nötige Reformen. Letztlich sind sich Politik und öffentlich-rechtliches Fernsehen noch ähnlicher, als man ohnehin schon denkt.

In der Fixierung der ARD auf Jauch wurde auch ein anderer Aspekt deutlich: Inhalte werden offenbar immer unwichtiger, es geht nur noch um Personen. Immer mehr Fernsehsendungen heißen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen — offiziell oder inoffiziell — nur noch wie ihre Moderatoren, also »Kerner« und »Beckmann«, »Christiansen«, »Maischberger«, »Schmidt« oder »Bublath« — wir warten noch auf »Knopp« und »Gottschalk«. Man versucht eigentlich nur noch, Menschen und Marken aus einem Guss zu formen. Statt zu diversifizieren, werden monolithische Allzweckwaffen aufgebaut, die sich ihre Omnipräsenz und ihren geliehenen Ruhm dann gern auch anderweitig versilbern lassen. Ihr Wegfall reißt sogar dann schon ein Loch, wenn sie noch gar nicht da waren – wie nun im Fall »Jauch bei der ARD« zu besichtigen.

Hauptgrund für Jauchs Entscheidung soll die Furcht vor Eingriffen in seine journalistische Arbeit gewesen sein — beim Polit-Talk-Format, das als Nachfolge der Christiansen-Show kommen sollte, ist diese Furcht ganz sicher nicht unbegründet. Am Geld, zum Beispiel in Form von Werbeverträgen, habe es nicht gelegen.

Wie auch immer die Fakten hierbei letztlich gelagert sein mögen, sie werfen ein Bild auf ein weiteres aktuelles Problem bei den öffentlich-rechtlichen Sendern: Schmidt, Kerner, Beckmann, Kachelmann und andere von den Sendern aufgebaute Galionsfiguren versüßen sich ihre TV-Bekanntheit mit teilweise stattlichen Werbeverträgen. Selbst wenn alle Formalien eingehalten werden — was bekanntlich auch nicht immer der Fall war — hat das einen Beigeschmack.

Auch hier besteht für das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Deutschland Reform- und Klärungsbedarf. Wieso sollen die Zuschauer immer mehr Gebühren zahlen, wenn die Trennung zwischen Werbung einerseits sowie Programm und Redaktion andererseits ständig weiter aufgeweicht wird? Sponsoren präsentieren Sendungen und halten ihre Produkte in die Kamera, Fernsehfiguren treten in der Werbung auf. Wenn es anders nicht mehr geht, dann eben weg mit allen Beschränkungen — aber auch mit der Gebühr.

Sie werden sehen.