Report, Top-Story, Unternehmen: 03.03.2022

10 Jahre »Broadcast-Kolchose«: MoovIT

Fünf Gründer, fünf Geschäftsführer — nicht die einzige Besonderheit von MoovIT: ein Bericht zum 10-jährigen Firmenjubiläum.




Remote Production hat sich bewährt

Wolfgang Felix urteilt, dass sich die Branche heute — so wie vor zehn Jahren — erneut im Umbruch befinde. »Die Pandemie fungierte zusätzlich als Brandbeschleuniger und hat die Remote-Produktion enorm vorangetrieben«, so Felix, der einige Beispiele dafür nennt.

Der ORF entwickelte mit MoovIT eine Remote-Lösung für seine Editoren.

So wollte etwa der ORF, der auch schon vor der Pandemie mit dem Workflow-Tool Helmut von MoovIT gearbeitet hatte, eine Lösung entwickeln, die es den Cuttern erlaubte, dezentral mit Proxies zu arbeiten. Gemeinsam mit MoovIT entwickelte der Sender eine Lösung. Sie sorgt dafür, dass Cutter von zu Hause aus arbeiten können und dass hierbei weder Files kopiert (mit Ausnahme von Proxy-Files) noch fertige Beiträge mühselig nachverfolgt oder übertragen werden müssen.

Editoren in London griffen während der Euro2020 per Teradici-Client auf Workstations in Amsterdam zu. MoovIT entwickelte diesen Workflow.

Bei einem zweiten, wichtigen Remote-Projekt entwickelte MoovIT im Auftrag der Uefa einen Workflow, der es den Editoren in London während der Euro2020 ermöglichte, per Teradici-Client auf Workstations in Amsterdam zuzugreifen und damit zu schneiden (Meldung). »Das hat so gut funktioniert, dass die Editoren in London den Eindruck hatten, an einer lokalen Workstation vor Ort zu arbeiten«, erzählt Jan Fröhling.

Cloud-Lösungen werden nun verstärkt angefragt.
Cloud – the next step

Mit den Erfolgen, die Remote-Produktionen in ganz unterschiedlichen Bereichen feierten, sank bei etlichen Medienfirmen die Hemmschwelle, verstärkt mit neuen Technologien zu arbeiten und auch mal einen Fail zu riskieren. Auch Cloud-Lösungen sind nun nicht mehr vollkommen aus der Welt.

Tobias Trumpfheller findet, dass die Kunden in der Pandemie experimentierfreudiger geworden sind.

»Dabei hilft sicher mit, dass auf Kundenseite derzeit ein Generationswechsel stattfindet«, so Tobias Trumpfheller, »und dass Unternehmen angesichts der Pandemie generell experimentierfähiger geworden sind.«

Die Remote-Installation, die MoovIT für die Uefa bei der Euro im vergangenen Jahr entwickelt hat, sei dafür ein gutes Beispiel, so Rafael Hutter, und führt weiter aus: »Agilität hat uns bei MoovIT schon immer ausgezeichnet. Nur so ist es uns quasi aus dem Stand gelungen, unter Corona-Bedingungen und mit bereits vorhandenen Hardware-Strukturen für zuverlässige Remote-Arbeit, Lösungen zu suchen und zu finden.«

Remote-Produktion ist letztlich ein entscheidender Wegbereiter für mehr Cloud-Applikationen, findet Wolfgang Felix. »Wir stellen in vielen Gesprächen aber fest, dass die Kunden bei den großen Cloud-Anbietern teilweise Vorbehalte haben und lieber mit lokalen Lösungen arbeiten würden.«

Für Jan Fröhling ist die Cloud im Grunde nur ein Vehikel, das es den Kunden erlaubt, viel dynamischer zu arbeiten als bisher.

Es gebe nun mal Bedenken, wenn es sich um Cloud-Lösungen mit Anbietern handle, bei deren Verträgen kein EU-Recht gelte. »Deshalb arbeiten wir verstärkt mit europäischen und deutschen Datacentern zusammen, um Cloud-Lösungen anbieten zu können, die lokal gehostet werden und die hiesigen Datenschutzanforderungen erfüllen«, so Felix.

Dynamisches Arbeiten gefragt

Für Jan Fröhling ist die Cloud im Grunde nur ein Vehikel, das es den Kunden erlaubt, viel dynamischer zu arbeiten als bisher. Die Anforderungen an Content Creator erforderten zunehmend, dass schneller und effizienter gearbeitet werden müsse, und das gehe mit Cloud-Lösungen eben oft besser.

Den engen Kontakt zu den Kunden hält Katja Meyer für essenziell.

Katja Meyer erklärt, dass es MoovIT letztlich ausmache, den sehr engen und persönlichen Austausch mit den Kunden zu pflegen: »Wir haben schon immer alles in Bewegung gesetzt, um eine Lösung für das jeweilige Problem des Kunden zu finden — und zwar unabhängig von dessen Größe«, betont sie.

MoovIT legt Wert auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.

»Wir können auf ein sehr großes Netzwerk zugreifen. Das ist ein enormer Vorteil und das zeichnet uns in der Branche aus«, ergänzt Tobias Trumpfheller. »Wir arbeiten vertrauensvoll und gerne mit unseren Geschäftspartnern zusammen. So entstehen immer wieder neue Ideen und Impulse.«

Software as a Service

Viele Hersteller in der Branche bieten mittlerweile Software as a Service an (SaaS). Oft ist in diesem Zusammenhang die Rede von »Opex statt Capex«.

Nur im Dialog mit dem Kunden sind innovative Lösungen möglich, so Wolfgang Felix.

In früheren Jahren war Capex (Capital Expenditures), also das Investieren in längerfristige Anlagegüter, für viele Kunden aus dem Medienbereich gesetzt. Vielfach ist das auch heute noch so, wenn beispielsweise ein Sender in ein neues Studio investiert, das dann – vereinfacht gesprochen – eben auch zehn oder mehr Jahre lang halten soll.

Opex (Operational Expenditures) steht für wiederkehrende Betriebsausgaben, wie es beispielsweise Mietkosten für Software sein können. Viele Hersteller betonen, dass die Vorteile von opex-basierten Modellen gerade darin bestehen, dass hohe Investitionskosten entfallen und Kosten nur dann anfallen, wenn man die Leistung auch benötigt.

Alles wird flexibler — und auch für Deutschland erwartet Jan Fröhling mehr Freelancer in der Branche.

Auch bei MoovIT glaubt man, dass sich der Markt hin zu solchen Lösungen bewegen wird, wenngleich nicht jeder Kunde so arbeiten könne oder wolle. »Hier sprechen wir von einer längerfristigen Entwicklung, die nur im Dialog mit den Kunden erfolgen kann«, so Wolfgang Felix.

Veränderte Arbeitswelten

Dass sich Dienstleistungen und mit ihnen die Arbeitswelt weiter wandeln werden, ist nicht nur aus Sicht der MoovIT-Geschäftsführer klar. Das zeichnete sich spätestens seit der Pandemie ab. Und auch in Deutschland, wo die Digitalisierung eher langsamer voran ging, scheinen sich bestimmte Dinge zu ändern.

Software as a Service wird künftig noch wichtiger, glaubt MoovIT.

»In England wird beispielsweise schon heute viel mehr mit Freelancern gearbeitet, die man projektweise beschäftigt. In der Pandemie hat sich das insofern verstärkt, als sich dank der Remote-Lösungen auch räumliche Distanzen plötzlich leichter überbrücken ließen«, so Jan Fröhling. Er glaubt, dass sich dieser Trend auch in Deutschland fortsetzen werde.

Tobias Trumpfheller meint, dass gerade in Zeiten des Umbruchs auch hybride Lösungen ihre Berechtigung haben und den Übergang zu neuen Technologien einfacher gestalten können. Vergessen sollte man seiner Meinung auch nicht, dass der Mensch nun mal ein soziales Wesen sei und insbesondere in Kreativberufen der direkte Austausch mit anderen Menschen auch in Zukunft wichtig bleibe. Er ist sich sicher: »Nicht alles kann in der Cloud stattfinden.«

Seite 1: Gründungsidee — Broadcast und IT
Seite 2: Von Hardware zu Software

Seite 3: Remote und Cloud
Seite 4: Perspektiven, neue Firma für Software-Entwicklung