Branche, Filmförderung, Top-Story: 12.12.2024

Die Medienbranche ächzt und stöhnt

VTFF-Geschäftsführer Achim Rohnke erklärt im Gespräch mit film-tv-video.de, weshalb es der deutschen Film- und TV-Produktionsbranche derzeit schlecht geht.

©VTFF
Achim Rohnke ist Geschäftsführer des VTFF.

Achim Rohnke ist Geschäftsführer des VTFF (Verband Technischer Betriebe für Film und Fernsehen). In dieser Position mahnt Rohnke bereits seit Monaten eine Reformierung des Filmfördergesetzes an. Nur so lasse sich der Filmproduktionsstandort Deutschland wieder ankurbeln.

Das DFFF-Instrumentarium, das unter Kulturstaatsminister Bernd Neumann vor nunmehr fast 20 Jahren entwickelt und verabschiedet worden sei, habe den Produktionsstandort Deutschland durchaus vorangebracht, so Rohnke, was man etwa daran ablesen könne, dass über viele Jahre große internationale Produktionen in Deutschland realisiert wurden.

Bessere Förderungsbedingungen im Ausland

In den vergangenen Jahren hätten aber auch die Nachbarländer sehr gut funktionierende Förderinstrumente auf den Weg gebracht, die zudem auch sehr einfach funktionierten, so Rohnke.

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Filmproduktionen sind aus Deutschland abgewandert. 

Er erklärt: »In England, Belgien, Tschechien, Spanien, Italien und vielen weiteren Ländern gibt es mittlerweile hochattraktive Förderbedingungen, die Steuervorteile in Höhe von 30% und mehr beinhalten. Das hat dazu geführt, dass Produktionen aus Deutschland in diese Länder abgewandert sind und auch viele Öffentlich-Rechtliche Großproduktionen mittlerweile dort produziert werden. ‘Oktoberfest‘ wurde beispielweise in Belgien produziert, ‘Charité‘ zuletzt unter anderem in Portugal und ‘Der Palast‘ in Polen. Das zeigt, wie problematisch die Situation für den Produktionsstandort Deutschland geworden ist.«

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Kulturstaatsministerin Claudia Roth.
Geplante neue Filmförderung

Dabei hatte es gar nicht so schlecht ausgesehen. Während der Berlinale 2023 hatte Kulturstaatsministerin Claudia Roth unter dem Beifall der Filmbranche eine viersäulige Filmförderreform angekündigt. Sie sollte die folgenden Punkte umfassen:

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Auch Studierende fordern eine zügige Änderung – siehe News-Meldung.

• Eine Reform des Filmfördergesetzes (FFG)
• Ein steuerliches Anreizmodell (Tax incentive, FFZulG)
• Eine Investitionsverpflichtung für Streamer und Sender
• Eine kulturelle Förderung für kleinere Projekte

Die Umsetzung allerdings ließ auf sich warten, »es gab eine mangelnde Abstimmung zwischen Bund und Ländern, dem Finanzministerium und der BKM«, so Rohnke.

»Dabei spielt die Filmproduktion in Deutschland mit ihren 120.000 Festangestellten doch eine große Rolle, aber im Gegensatz zur Automobilindustrie, für die alles getan wird, bleiben in der Filmwirtschaft wichtige anreizpolitische Schritte aus«, beklagt Rohnke.

Stichtag 19. Dezember

Wenn es gut läuft, wird maximal das erste Gesetzesvorhaben noch in der laufenden Legislatur umgesetzt werden. Dabei ruhen alle Hoffnungen auf dem 19. Dezember 2024.

Am 19.12.24 wird im Bundestag über das Gesetzesvorhaben entschieden. 

An diesem Tag soll im Bundestag das Filmfördergesetz gelesen werden, und wenn man gut informierten Kreisen glauben darf, könnte zumindest dieses Gesetz den Bundestag passieren. Alles andere wäre auch eine Katastrophe und würde für die gesamte Filmproduktionsbranche absoluten Stillstand bedeuten. Das Filmförderungszulagengesetz (FFZulG), das Steueranreize schaffen soll, wird aber wohl nicht mit einer Mehrheit rechnen können. Und somit wird es wohl weiter dauern, bis eine neue Regierung dieses Vorhaben anpackt.

Survive till twentyfive

»Es gab dieses Jahr in der Branche den Slogan ‘Survive till twentyfive‘. Nach aktuellem Stand wird die Situation aber auch 2025 noch nicht besser«, befürchtet Rohnke.

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Der VTFF-Förderatlas zeigt auf, welche Länder wie viel Förderung bieten.

Das prognostiziert auch das Herbstbarometer des VTFF. Demnach rechnen die Befragten aus den technischen Dienstleisterbetrieben im kommenden Jahr mit einer Mehrheit von nahezu 90% mit einer weiteren Konsolidierung – sprich es werden weitere Firmen in der Branche insolvent gehen oder verkauft werden. »Diese Produktions-Ressourcen verschwinden dann für immer«, sagt Rohnke, »so dass wir dann, wenn der Markt wieder anzieht – und das wird er tun – in ein Kapazitätsproblem laufen.«

Der VTFF hofft auf eine Anpassung der Förderinstrumente.

Rohnke und der VTFF fordern deshalb für die Übergangszeit eine sofortige Anpassung der alten DFFF-Förderinstrumente in Richtung einer temporären Brückenförderung mit 30%igem Anreiz. Nur dann lasse sich noch mehr Schaden für den Produktionsstandort Deutschland abwenden.