Praxistest Ronin 4D: der tragbare Kameraroboter
Ein erster, kurzer Test des Ronin 4D von DJI — und ein eigenproduziertes Video.
Praxis
Schaltet man die Kamera ein, ist ein »Ooooh« von Beobachtern so gut wie vorprogrammiert: Sanft erhebt sich der Gimbal dann in die Höhe — man sollte nur vorher checken, ob die Achse nicht noch an der Baseplate gesichert ist …
Anschalten und Drauflosfilmen ist leider nicht ganz so spontan möglich, wie eigentlich erhofft. Man braucht eben doch ein bisschen Zeit, um den Ronin 4D in Betrieb zu nehmen: Zunächst muss man die Achsen des Gimbals entsperren (und diesen auch regelmäßig kalibrieren) und kann dann die Kamera einschalten. Die Arme lassen sich verschieben, allerdings ist die Kamera in der Höhe nicht verstellbar.
Unser Testobjektiv war das DJI DL 35mm F2.8 LS ASPH, das ohne den Fokusmotor ansteuerbar ist. Was man bei diesem Objektiv beachten sollte, das ist die Naheinstellgrenze: Ganz nah ran, das geht mit diesem Objektiv nicht, es braucht relativ viel Abstand zwischen Kamera und Aufnahmeobjekt (genaue Daten veröffentlichte DJI zum Testzeitpunkt noch nicht.) Das 35-mm-Prime kostet rund 1.500 Euro (Endkundenpreis), es wiegt 179 g und misst 5,5 x 6,2 x 7,1 cm.
Installiert man die Lidar-Einheit über der Kamera, ist das Gesamtsystem ziemlich kopflastig. Bei manuellen Objektiven und der Verwendung des Fokusmotors besteht das Problem nicht.
Entweder zieht man den Fokus per Drehrad oder schaltet in den Lidar-Autofokus. Das Lidar-System erkennt Gesichter und Körper, kann diese per Tracking-Funktion nachführen. Beim manuellen Fokussieren kann als Hilfe der Lidar-Waveform-Monitor zugeschaltet werden. Wenn man sich etwas mit der Deutung des Bildes befasst hat, lässt sich damit sehr präzise fokussieren.
Parallel zum Autofokus ist natürlich auch das Gimbal-Tracking aktivierbar. Bekannt von den Drohnen und RavenEye, zieht man einfach ein Kästchen um das zu trackende Objekt. Den Bildausschnitt kann man bei Bedarf dann noch leicht über den Joystick nachkorrigieren.
Das Tracking funktioniert auf einem von DJI gewohnt hohen Niveau, manueller Fokus per Lidar ist ebenfalls unschlagbar. Mit einem Firmware-Update kommt hoffentlich noch eine Augenerkennung für den Autofokus, hier liegen aktuelle DSLMs noch vorne.
Je nachdem, wie man die Kamera zum Filmen hält, muss man früher oder später pausieren. Und am besten den Rücken etwas entspannen …
Anders sieht es beim Sitzen aus — im Auto, auf dem Motorrad, einer Rikscha — man hat über die Griffe volle Kontrolle und kann sich ganz aufs Filmen konzentrieren.
Für das Testvideo wurden einige Aufnahmen aus dem Auto heraus gedreht. Das lässt sich mit dem Ronin 4D sehr gut realisieren, da ja alle Achsen stabilisiert sind. Was einem sofort auffällt: Kein driftender Horizont, selbst bis in hohe Geschwindigkeiten (60 bis 80km/h) — allerdings kämpft die Kamera etwas mit Rolling-Shutter-Effekten.
Gerade für actionreiche Aufnahmen ist dieses kombinierte System aber wirklich perfekt geeignet. Ohne sperriges Equipment kann man jetzt aus dem Auto heraus filmen, aussteigen, dem Protagonisten hinterherlaufen, durch ein offenes Fenster steigen — die Möglichkeiten sind endlos, die Gestaltung dadurch echt erweitert. Bei Bedarf sitzt der Kameramann auf seinem Stuhl, lässt jemand anderen laufen und steuert alles über den Monitor.
Der große Unterschied zu einem herkömmlichen Gimbal/Kamera-Setup sind zum einen die Kompaktheit und zum anderen die Z-Achsen-Stabilisierung.
Auch als Schulterkamera macht der Ronin 4D eine gute Figur. Bei einem Event beispielsweise kann man mit langer Brennweite blitzschnell seine Position wechseln und dabei sogar noch weiter filmen. Beim Fußballspiel trackt man seinen favorisierten Spieler, parallel dazu sind noch Kamerafahrten durchs Stadion möglich. Das sind Gedankenspiele, aber man merkt schon, dass dieses neue System seinen Platz finden wird.
Die Bedienung des Menüs ist einfach und sehr übersichtlich. Man kann die Touch-Funktion des Monitors nutzen, um Einstellungen vorzunehmen, für die wichtigsten Elemente wie Weißabgleich, Verschluss, ISO und mehr gibt es zudem am Monitor selbst echte Tasten. Über eine solche gelangt man auch ins Einstellungsmenü, um etwa das Aufnahmeformat oder die Gimbal-Einstellungen zu ändern.
Für die Z-Achse nutzt der Ronin 4D übrigens Sensoren, die vorne und unter der Kamera sitzen.
Wie von Gimbals bekannt, lassen sich natürlich Ansprechverhalten, Joystick-Steuerung, Follow-Geschwindigkeit und weiteres per Menü auf die eigenen Bedürfnisse anpassen.
Um die Trägheit des Gimbals herabzusetzen, gibt es übrigens auch hier die beliebte Sport-Mode-Taste!
Seite 1: Einleitung, Video
Seite 2: Einsatzzweck, Kamerakopf
Seite 3: Recorder, Monitore, Lidar
Seite 4: Handling, Bedienung, Schnittstellen
Seite 5: Praxis, Video
Seite 6: Post
Seite 7: Fazit