Messe, Top-Story: 22.07.2004

NAB2004: Auf dem Weg zu HD

HD, Vernetzung und Workflow-Optimierung waren die dominierenden Postproduction-Themen der NAB. Wie sich das konkret bei den Produkten zeigte, fasst dieser Artikel zusammen: bei Software und Systemen, aber auch bei den wichtigsten neuen Boards, die am Ende des Beitrags aufgeführt sind.

Apple rüttelte mit fünf großen Neuheiten die Konkurrenz wach: Motion, DVD Studio Pro 3, Shake 3.5, Final Cut Pro HD und XSAN.
Die überraschendste Apple-Neuheit ist Motion: eine Echtzeit-Graphics-Design-Software, mit der sich interaktive Animationen aus Texten, Grafiken und Video erstellen lassen. Das zielt klar in Richtung After Effects und Combustion, also auf die Konkurrenzprodukte von Adobe und Discreet. Motion hebt sich schon von Bedienoberfläche deutlich von den bekannten Grafik- und Animations-Softwares ab und besonders die auf Mac-Gewohnheiten abgestimmten, intuitiven Bedienmöglichkeiten sind schön. Motion bietet zudem die Integration mit anderen Programmen von Apple, etwa der Editing-Applikation Final Cut Pro HD, DVD Studio Pro 3 für DVD-Authoring, Shake 3.5 für Compositing und Visual Effects sowie Logic Pro 6 für die rechnerbasierte Musikproduktion. Apple will die leistungsfähige Animations-Software im Sommer 2004 einführen.
Eine weitere Apple-Neuheit ist Final Cut Pro HD. Das ist trotz des veränderten Namens kein zusätzliches, neues Editing-Produkt von Apple, sondern die Version 4.5 von Final Cut Pro. Die wichtigste Neuheit: Mit Final Cut Pro HD wird es möglich, via Firewire-Schnittstelle DVCPROHD-Material direkt ein zu spielen und zu verarbeiten. Das passende Gerät, mit dem sich das realisieren lässt, ist zunächst mal der neue Panasonic-HD-Recorder AJ-HD1200A. Apple bietet Final Cut Pro HD zum Preis von 899 Euro an, Upgrades von Version 1, 2 und 3 kosten 349 Euro.
Eine wichtige Apple-Neuheit ist XSAN – ein Storage Area Network File System, das zum Nettopreis von 999 Dollar pro System in den Markt gehen soll. Damit wird es möglich sein, Apple-Systeme mit vernetzten SAN-Strukturen zu nutzen. Das ist vor allem für kleinere Studios sehr interessant.
Bei Avid spielte – wie in allen Bereichen der Messe – HD eine wichtige Rolle. Damit HD aber auch für Anwender interessant wird, die einen praktikablen, pragmatischen Übergang von SD- zu HD-Systemen wünschen, hat Avid eine besondere Technologie entwickelt: DNxHD (Digital Nonlinear Extensible HD-Codec). Dahinter verbirgt sich ein HD-Codec, mit dem sich HD-Signale auf handlichere Datenraten komprimieren lassen. DNxHD ist ein DCT-basierter Codec, der ausschließlich I-Frames produziert. Es handelt sich nicht um ein MPEG-Verfahren. (Mehr zu DNxHD finden Sie im Artikel »Nachfolger für MPEG-2 gesucht«.)
Das Schöne am neuen Avid-HD-Codec: Der HD-Workflow innerhalb einer Post-Facility kann dank DNxHD ganz so aussehen wie der SD-Workflow. Mehr noch: HD-Signale lassen sich laut Avid mit DNxHD so effektiv komprimieren, dass man in vielen Fällen keinen Unterschied zu unkomprimierten Signalen sieht, aber auf Datenraten kommt, die nur wenig über denen von unkomprimierten SD-Videodatenströmen liegen. Demnach kann zukünftig mit existierenden Unity-Systemen auch HD verarbeitet werden. Bis zu 16 Clients sollen dabei mit den komprimierten HD-Signalen innerhalb eines Unity-Netzwerks simultan arbeiten können.
Beim Media Composer Adrenaline zeigte Avid die Software-Version 1.5. Die bringt generell eine Leistungssteigerung mit sich, weil sie die Beschleuniger-Hardware Adrenaline besser ausnutzt, außerdem wurden etliche neue Features integriert. So lassen sich nun laut Avid 11 statt 5 Echtzeit-SD-Datenströme verarbeiten, es steht Echtzeit-Mehrkanal-Audio-Mixing-Funktionalität zur Verfügung, außerdem wird das Effektpaket Boris FX beigepackt. Im Multikamera-Modus ist es künftig möglich, neun SD-Ströme parallel dar zu stellen und zu verarbeiten. Die Funktionalität der mit Adrenaline-Hardware arbeitenden Avid-Schnittsysteme hat nun weit gehend das Funktionalitätsniveau der meridien-basierten Avid-Systeme erreicht.
Ganz neu bei Avid ist Xpress Studio, ein Bundle für DV-Anwender, das die Xpress-NLE-Software mit weiterer, leistungsfähiger Software verbindet: eine klare Reaktion auf die Angebote von Apple in diesem Marktsegment, das macht schon das Logo deutlich, das Avid für diesen Software-Verbund verwendet. Xpress Studio verknüpft die Softwares Pro Tools LE (Audio), 3D (Animation), FX (Compositing und 2D-Effekte) und DVD by Sonic (Authoring) mit der Xpress-Schnitt-Software. Alle Komponenten sind dabei aufeinander abgestimmt und arbeiten eng zusammen. Avid Xpress Studio soll in der einfachen Ausstattungsvariante Essentials rund 4.000, das umfangreichere Paket Complete rund 7.000 Dollar kosten (alles Nettopreise).
Canopus will sein Profi-Editing-System Edius in der neuen HD-Variante als Komplettsystem anbieten. Edius HD basiert auf einer Echtzeit-Editing-Software, einem HD-Software-Codec und der Canopus I/O-Karte HDRX-E1. Die Karte bietet Ein- und Ausgänge für HD-SDI- wie auch für SDI-Signale. Canopus will diese Komponenten inklusive Rechner und RAID als Komplettsystem zu einem Nettopreis zwischen 30.000 und 40.000 Dollar ab Mitte 2004 anbieten.
Der HD-Codec des Systems basiert laut Hersteller auf DVCPROHD, er arbeitet also mit 100 Mbps Videodatenrate. Der Codec soll laut Hersteller in der Lage sein, über das HDRX-E1-Board direkt HD-Signale verschiedener Formate auf zu zeichnen. Es soll möglich sein, mit Edius HD unterschiedliche Auflösungen in der gleichen Timeline zu verarbeiten.
DaVinci (D-Vertrieb: Datim) ) präsentierte mit Resolve ein software-basierendes Farbkorrektursystem. Die skalierbare und auflösungsunabhängige Resolve-Produktfamilie umfasst Resolve FX, Resolve DI und Resolve RT. Die Software läuft auf der Linux-Plattform. Von der Funktionalität her unterscheiden sich Resolve FX, DI und RT nicht, Unterschiede gibt es hingegen bei der Geschwindigkeit, mit der die drei Systeme arbeiten können. Wer also Resolve RT betreiben möchte, braucht dafür leistungsfähigere Rechner-Hardware als etwa für Resolve FX.
Die drei Systeme im Überblick: Resolve FX ist gewissermaßen das Einsteigersystem und für netzwerkbasierende Visual-Effects-Produktion optimiert. Resolve DI ist für den Digital-Intermediate-Prozesse ausgelegt und Resolve RT ist für Mastering-Studios gedacht, die in Echtzeit in Auflösungen von 2K und höher arbeiten. DaVinci will die Systeme im Juli ausliefern.
Discreet geht bei der Plattformstrategie den Weg weiter, den das Unternehmen zur IBC2003 eingeschlagen hatte: So wird es nun neben dem Smoke-Editing-System auch das Effektsystem Flint künftig für die Linux-Plattform geben. Flint wird in Version 8.5 neben der SGI/Irix-Version, die es weiter geben wird, alternativ auch auf einer Intellistation ZPro von IBM unter Linux laufen. Discreet hat als Zielgruppe für Flint-on-Linux unter anderem Broadcaster im Auge, die ein vergleichsweise günstiges System benötigen, mit dem sich aber hochwertigste Grafiken erstellen lassen. Discreet will das System schon ab Mitte 2004 ausliefern.
Im Filmbereich sieht man bei Discreet einen starken Trend hin zu Digital-Intermediate-Prozessen. Mit seinem Color-Grading-System Lustre sieht sich Discreet hier gut aufgestellt und präsentierte in etlichen Technologie-Demos neue Software-Module für sein System. Neuheiten gibt es auch bei der Archivierung: Die High-End-Systeme von Discreet werden die Fibrechannel-Varianten der Bandspeichersysteme Quantum SDLT 600 sowie Sony SAIT unterstützen.
DVS stellte das 2K-Echtzeitsystem Clipster in den Mittelpunkt seiner NAB-Präsentationen. Clipster konnte sich in der vergleichsweise kurzen Zeit seit seiner ersten Vorstellung als leistungsstarkes Echtzeitsystem positionieren und ist bei etlichen Postproduktionshäusern installiert, die vor allem in der digitalen Filmnachbearbeitung engagiert sind. In dieser Richtung hat DVS das Clipster-System auch weiter ergänzt und die 2K-Echtzeitfunktionalität weiter ausgebaut. Clipster wurde im neuen, alternativen Gehäuse mit 15 integrierten Festplattenlaufwerken gezeigt und auch an einem SAN-Array mit Echtzeit-File-Sharing von 2K-Material. Eine Besonderheit bei Clipster: Nach dem Capturing liegen die Clips im Windows-File-System offen vor, wobei Clipster die Clips in Original-Formaten, -Farbräumen, -Bit-Tiefe, Quantisierung und –Auflösungen speichert. DVS betont, dass eine Partionierung der Arrays nicht notwendig sei und Files selbst bei 2K-Auflösung in Echtzeit erzeugt werden. Daher sind jetzt mit Clipster selbst 2K-Blenden in Echtzeit möglich. Außerdem erlaubt es das System, Clips unterschiedlicher Auflösungen in einer Timeline zu mischen, und die Farbkorrektur ist ebenfalls erweitert worden. DVS bietet Clipster in einer voll ausgerüsteten Version an, hat zudem aber auch Clipster LT im Programm. Diese Variante bietet weniger Editing- und Effects-Funktionen, lässt sich aber hardware-seitig jederzeit auf volles Clipster-Niveau ausbauen.
Filmlight, ein jüngeres britisches Unternehmen, ist in erster Linie bekannt durch den Northlight-Filmscanner, bietet aber auch zunehmend Software für die digitale Filmbearbeitung an. So präsentierte das Unternehmen zur NAB2004 das Farbkorrektursystem Baselight in Version 2. Die Baselight-Software läuft auf Standard-Rechnern und ist speziell für den Digital-Intermediate-Prozess optimiert. In der jüngsten Version bietet sie etliche Neuheiten: Sie unterstützt jetzt HD-Ingest, -Playout und -Previews. Coloristen können also ihr bearbeitetes Material auch in HD ausgeben.
Weitere Neuheiten der Version 2: Ab sofort ist ein Tracker integriert, und Baselight lässt sich künftig mit unterschiedlichen Bedienoptionen nutzen, darunter auch per Stift und Grafiktablett. Dank Pan- und Scan-Funktionalität kann Baselight in unterschiedlichen Formaten ausgeben, neue Wiedergabeoptionen ermöglichen es, Material in Auflösungen bis zu 2K wieder zu geben.
Als Technologie-Demo bei Filmlight zu sehen: Speed-FX, gewissermaßen eine Renderfarm für Color-Grading und digitale Filmbearbeitung.
Iridas bietet sein FrameCycler-2K-Review-System jetzt in der Variante MP an. Das Kürzel steht für Multi Platform und bedeutet, dass sich das System jetzt auf der Linux- wie der Windows-Plattform nutzen lässt. Auch die Macintosh-Plattform soll im Laufe des Jahres noch unterstützt werden. FrameCycler MP sei von Grund auf neu entwickelt worden, so Iridas, und lasse sich nun in Umgebungen einsetzen, die mit mehreren Plattformen arbeiteten. Zudem bietet FrameCycler MP laut Hersteller auch eine Vielzahl neuer Funktionen: So unterstützt das System auch 3D-LUT-basierende Film-Kalibrierungssysteme und zudem ist es möglich, Play-Listen wieder zu geben und dabei die entsprechenden Grading-Parameter zu berücksichtigen, die mit dem Iridas SpeedGrade-Farbkorrektursystem hinzugefügt worden sind. Eine weitere neue Funktion ist das interaktive Zoomfenster, mit dem es möglich ist, einzelne Bereiche des Bilds zu vergrößern und in Echtzeit zu betrachten.
SHM Broadcast hat seine Clarity-Produktpalette vereinheitlicht und eine große Clarity-Produktfamilie geschaffen. Die windows-basierenden CG- und Grafik-Systeme setzen sich nun aus den Linien Clarity 100, 200, 500 sowie Clarity 2HD/SD zusammen. Clarity 100 ist ein einkanaliger Schrift- und Logogenerator, der sich aus Sicht von Pixelpower für Applikationen mit geringerem Budget empfiehlt. Clarity 100 ist ein einem 1-HE-Gehäuse untergebracht. Clarity 200 ist in einem 2-HE-Gehäuse untergebracht, dieser einkanalige Schriftgenerator fungiert auch als StillStore. Clarity 500 bietet zwei voneinander unabhängige Kanäle (jeder mit Down-stream-Keyer und Dual-2D-Live-Squeezeback). Clarity 2 HD/SD ist die flexibelste und am besten ausgestattete Variante, die sogar den gleichzeitigen SD- und HD-Betrieb erlaubt.
Pinnacle Systems hat sich in den vergangenen Monaten zunehmend auf die Integration größerer IT-basierender Broadcast- und Editing-Umgebungen konzentriert und stellte auch während der NAB2004 vernetzte Lösungen in den Vordergrund. Die sind aber aus Sicht des Unternehmens nun auch bei kleineren Nutzergruppen sinnvoll und vorteilhaft einsetzbar. Zudem zeigte Pinnacle in einer Technologie-Demo, wie sich künftig HD-Material mit Liquid-Editing-Systemen schneiden und auf HD-fähigen MediaStream-Servern, die jetzt schon verfügbar sind, speichern lässt. Dabei soll die Arbeit nicht anders ablaufen, als mit SD-Material.
Pinnacle sieht sich als Vorreiter darin, dass HD für den Kunden letztlich zu SD-Preisen realisierbar sein müsse. Deshalb hat Pinnacle die Preise etlicher Komponenten drastisch reduziert, etwa die der HD-fähigen MediaStream-Server. Premiere feiert bei Pinnacle in Las Vegas der HD-fähige Schriftgenerator Deko3000 HD, der laut Hersteller eine Vielzahl von 3D-Effekten bietet, die in allen gängigen HD-Formaten genutzt werden können. Eine weitere Pinnacle-Messeneuheit ist DekoVia. Damit soll es möglich werden, Deko-Grafiken direkt in der Timeline eines DeskEdit-Systems der Pinnacle-eigenen Newsroom-Lösung Vortex zu erzeugen.
Reflecmedia (D-Vertrieb: Yello!) hat mit Chromatte eine erfolgreiche Chromakey-Lösung entwickelt. Jetzt stellt das englische Unternehmen mit LiteRing eine neue Palette von blauen oder grünen Beleuchtungselementen vor. Bei den LiteRings sind die LEDs wie ein Ring um das Kameraobjektiv angeordnet. Das hat den Vorteil, dass sich die Chromakey-Lichtquelle immer mit der Kamera mit bewegt und der Hintergrund nicht separat beleuchtet werden muss.
Bei Quantel stand Version 2 der GenerationQ-Produktlinie im Mittelpunkt. Insgesamt gibt es laut Hersteller besonders in den Bereichen Editing, Workflow und Effekte Verbesserungen, auch die erweiterte Farbkorrektur und die bessere Eignung für HD-Grading von Clips und Spielfilmen betont Quantel. Zu den wichtigen Neuheiten der Software-Version 2 für die aktuellen Quantel-Produkte gehört auch der »Multi-View Compositor«: Eine neue Darstellungsfunktion für Mischerfunktionen, 3D-Kameras, schematische Prozesse und die DVE-Achsen. Ebenfalls neu: »Unlimited Layer Compositing«, das den Einsatz einer unbegrenzten Anzahl von Layern beim Compositing erlauben soll. Integrierte Plug-Ins und direkter Zugang zu benutzerdefinierten Effektverläufen im Editor komplettieren die neue Software. Eine weitere Neuheit: Für eQ gibt es ab sofort eine auch bei existierenden Systemen nachrüstbare HD-RGB-Option. Sie ermöglicht es, dass sich Signale, wie sie etwa Sonys HDCAM SR-Systeme ausgeben, direkt verarbeiten lassen.
Sony betonte beim Thema Postproduction besonders die neuen Möglichkeiten, die das Akqusisitionssystem XDCAM auch für die Postproduktion bringt. Zusätzlich zu Bild und Ton in DV- oder IMX-Qualität, werden bei XDCAM immer auch Metadaten und eine Low-Res-Version des Materials als Proxy auf der Disc gespeichert.
Im Zusammenspiel mit dem Laptop-NLE-System Xpri Mobile kann auf Basis der Proxies eine EDL generiert und ebenfalls auf die Disc geschrieben oder auch direkt via Netzwerk übertragen werden. Am Desktop-System Xpri Metatstation kann auf Basis dieser EDL dann die Produktion in voller Qualität erstellt und verfeinert werden. Die Metastation lässt sich als Stand-Alone-System nutzen oder in das neue Sonaps-System einbinden, was wiederum so etwas wie die Weiterentwicklung von Sonys News-Produktionssystem NewsBase ist.
Auch am oberen Ende der Xpri-Familie hat Sony weiter entwickelt: In der Version 7 unterstützt Xpri das HD-Processing-Board King Cobra. Damit werden Farbkorrektur und 3D-Effekte auch mit HD-Auflösung in Echtzeit möglich. Ebenfalls neu: Xpri erlaubt nun Netzwerk-Background-Rendering mit einem frei skalierbaren PC-Netzwerk.

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Dieser Beitrag steht in einer deutlich umfangreicheren Fassung mit weiteren Informationen – auch über Boards – und mehr Bildern als druckfreundliches PDF zum Download bereit. Das Dokument ist rund 2,2 MB groß und umfasst 13 DIN-A4-Seiten.

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