Kamera, Test, Top-Story: 10.01.2008

Vergleichstest EX1/HVX200: Schwere Jungs

Seit fast zwei Jahren ist Panasonics Multiformat-Camcorder HVX200 auf dem Markt. Erst jetzt kommt von Sony mit dem EX1 ein vergleichbares Gerät, das viele Parallelen, aber auch etliche Unterschiede aufweist. Ein Vergleichstest der kompakten Camcorder für bandlosen HD-Betrieb.

Eine Weile bleibt Panasonics HVX200 (Einzeltest hier) noch einzigartig, dann kann Sony das Gleiche bieten — allerdings mit zwei verschiedenen Camcordern. In vielen Aspekten gleichen sich der HVX200 und Sonys neuer EX1 (Einzeltest hier), die in diesem Test gegeneinander antreten. Während aber der EX1 ausschließlich auf Speicherkarten aufzeichnet, hat der HVX200 zusätzlich dazu auch ein Bandlaufwerk zu bieten: Diese Kombifunktionalität kommt bei Sony erst im Frühjahr 2008 mit dem Z7 (Vorabinfo hier) auf den Markt — allerdings in HDV, also in niedrigerer Qualität, als sie der HVX200 und der EX1 bieten. Beim HVX200 war es unter anderem dieses »Dual-Drive-Konzept«, das den Markt überzeugte und viele Kameraleute dazu bewog, Panasonics HVX200 einzusetzen, der die Brücke schlug zwischen HD und SD, aber auch zwischen Bandlaufwerk und bandloser Aufzeichnung auf P2-Karten.

Sony verzichtet beim EX1 auf diese Zweigleisigkeit und reagiert nun mit diesem Camcorder auf den Trend hin zur Aufzeichnung auf Festspeicher. Offenbar war der langjährige Marktführer im Profi-Camcorder-Markt doch überrascht davon, wie schnell sich die Aufzeichnung auf Festspeicher am Markt zumindest in bestimmten Bereichen durchsetzen konnte — und reagierte deshalb mit Verzögerung. Der EX1 arbeitet mit SxS-Speicherkarten, der Z7 nutzt CompactFlash als bandloses Medium. Diesen Unterschied begründet Sony unter anderem mit dem jeweiligen Zielmarkt für diese Geräte. Dem mag man folgen oder auch nicht, Fakt bleibt: Mit SxS kann der EX1 derzeit nicht nur höhere Kapazitäten, sondern vor allem auch wesentlich höhere Schreib- und Leseraten realisieren, als der Z7 mit CF.

Ohne Zweifel ist der EX1 eher als Pendant zum HVX200 zu sehen als der Z7: Das wird schon klar, wenn man die Geräte nur nebeneinander stellt — und erst recht, wenn man die Eckdaten vergleicht. Außerdem liegt die derzeit mit HDV erreichbare Bildqualität aufgrund der deutlich niedrigeren Datenrate unter der des HVX200 und erst mit dem EX1 kann auch Sony in der Kompaktklasse unter diesem Aspekt mehr bieten als HDV. Der EX1 kann aber ausschließlich in HD aufzeichnen, er bietet keine SD-Aufnahmemöglichkeit.

Eckdaten HVX200 / EX-1

Panasonics HVX200 ist mit drei 1/3-Zoll-CCD-Chips ausgerüstet und kann wahlweise DVCPROHD, DVCPRO50 und DVCPRO auf P2-Karte oder aber DV auf Band aufzeichnen — abhängig vom gewählten Format mit 50 Halbbildern sowie 25 oder 50 Vollbildern. Im HD-Modus erlaubt der HVX200 die Aufzeichnung in 720p ebenso wie in 1.080i. In allen Aufnahme-Modi nutzt der HVX200 DV-basierte-Codecs (Intraframe-Kompression).

Sonys EX1 ist mit drei 1/2-Zoll-CMOS-Chips ausgerüstet und kann HD-Signale mit 1.920 x 1.080 Bildpunkten aufzeichnen. Dabei stehen Datenraten von 35 und 25 Mbps zur Verfügung. Wie beim HVX200 ist es möglich, in 1.080i wie auch in 720p aufzuzeichnen. Der EX1 kann anders als der HVX200 keine SD-Signale aufzeichnen, aber im Gegensatz zum HVX200 beherrscht er die Aufzeichnung im HDV-File-Format. Auf der Codec-Seite kommt im EX1 MPEG-2 Long-GOP (Interframe-Kompression) zum Einsatz. Die so komprimierten Daten schreibt der EX1 auf SxS-Speicherkarten.

Bildqualität

Keine Frage: Eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung der beiden Camcorder spielt natürlich die Bildqualität: Kann es der EX1 in der maximalen Aufzeichnungsqualität (MPEG- Long-GOP, Datenrate 35 Mbps) mit der HD-Qualität des HVX200 (DVCPROHD, Datenrate 100 Mbps) aufnehmen?

Der EX1 bietet drei 1/2-Zoll-CMOS-Sensoren mit einer effektiven Auflösung von je 1920 x 1080 Bildpunkten — also mit voller HD-Auflösung. Die Signalverarbeitung erfolgt bei XDCAM EX laut Hersteller immer in 1920 x 1080 — gleichgültig, mit welcher Datenrate aufgezeichnet wird. Der EX1 kann dabei mit 1080p50 abtasten, das wird etwa dann eingesetzt, wenn in 7200p aufgezeichnet wird — hierfür wird dann das 1080p-Signale das vom Kamerateil angeliefert wird, vor der Aufzeichnung auf 720p skaliert. Zudem ist laut Sony eben auch eine native Umschaltung des Kamerateils auf den Interlace-Modus für die 1080i-Aufzeichnung möglich, wodurch in dieser Betriebsart weiteres Transcoding vermieden wird.

Panasonic dagegen macht in den frei verfügbaren Unterlagen keine offiziellen Angaben zu den drei 1/3-Zoll-CCD-Sensoren des HVX200, es handelt sich aber wohl um Chips mit lediglich 960 x 540 Bildpunkten — also der Hälfte von 1920 x 1.080 — die jedoch horizontal und vertikal gegeneinander versetzt sind). Per Pixelshift generiert Panasonic also aus der niedrigen nativen Auflösung der einzelnen Sensoren ein 1080p50-Signal, denn in diesem Standard erfolgt laut Hersteller stets die weitere Signalverarbeitung: erst unmittelbar vor der Aufzeichnung wird das Signale entsprechend in 1080i oder 720p kodiert.

Die Sensor-Eckdaten deuten also auf einen Vorteil für Sony hin, aber entscheidend ist eben bei einem Camcorder, was aufgezeichnet wird und hier bietet Panasonic die höhere Datenrate und Intraframe-Kompression, was trotz aller Codec-Fortschritte der vergangenen Jahre immer noch eine robuste, relativ hohe Bildqualität erwarten lässt.

Schlägt also der EX1 in dieser Disziplin den HVX200? Ja und nein: Es zeigte sich nämlich im Test, dass die Bildqualität sehr stark davon abhängt, ob die Camcorder bei Außen- oder bei Innenaufnahmen eingesetzt werden und welche Lichtverhältnisse herrschen. Mal hat der EX1 die Nase vorn und mal der HVX200.

Die Camcorder traten im Test zunächst im 1.080/50i-Modus im Automatikbetrieb gegeneinander an. Bei den Außenaufnahmen galt es teilweise auch Szenen mit extremen Lichtverhältnissen meistern.

Die Auslage eines Obst- und Gemüsehändlers meisterte der HVX200 bravourös: Granatäpfel, Mandarinen und Orangen zeichnete der Panasonic-Camcorder mit extrem hoher Detailschärfe und sehr realitätsnahen Farben auf. Der EX1 lieferte ebenfalls sehr gute und scharfe Bilder, musste sich aber bei einigen Detailaufnahmen geschlagen geben und konnte mit der hohen Bildruhe und –schärfe des HVX200 nicht ganz mithalten. Trotz guter Lichtverhältnisse zeigte der EX1 etwas höhere Rauschanteile in dunklen Bildpartien als der HVX200.

Der EX1 konnte dagegen bei der Wahl der richtigen Belichtung im Automatikmodus punkten. Hier hatte das Vorseriengerät (siehe Einzeltest) noch größere Schwierigkeiten gezeigt, die aber von den Sony-Ingenieuren bis zur Serienfertigung so gut kompensiert wurden, dass der EX1 nun selbst in Extremsituationen eine gute Figur macht: Bei einem Gegenlicht-Motiv mit extrem diffusem, winterlichem Mittagslicht fand der EX den besseren Kompromiss zwischen Himmel und entgegenkommenden Spaziergängern. Auch bei der Wiedergabe der Kontraste hatte der EX1 Oberwasser: Der Himmel hatte einen Tick mehr Zeichnung als beim HVX200 und die Spaziergänger kamen trotzdem nicht als schwarze zweidimensionale Scherenschnitte daher. Panasonics HVX200 entschied sich hier im Automatikbetrieb dazu, den dunkleren Bereich des Motivs etwas mehr zu betonen — auf Kosten des Himmels, der dann sehr hell wirkte.

Überzeugend war die Vorstellung des HVX200 bei den Aufnahmen einer Böschung entlang einer Eisenbahnlinie. Selbst feine Details der Bepflanzung konnte er noch gut differenzieren und detailliert wiedergeben. Auch Sonys EX1 lieferte hier gute Bilder, die aber im Direktvergleich etwas mehr unerwünschtes Eigenleben zeigten als die des HVX200. Generell belegten diese und weitere Testsituationen, dass der EX1 bei ausreichender Helligkeit im Tageslichtbetrieb etwas mehr Bildrauschen generiert als der HVX200.

Bei einem langsamen Schwenk über einen Platz mit einer Straßenkreuzung musste sich der EX1 ebenfalls geschlagen geben: Die Nummernschilder der vorbeifahrenden Autos zeichnete er nur unscharf auf, so wie die Schärfe generell während des Schwenkens stark nachlässt: Ein Effekt, der in erster Linie auf das Konto der MPEG-Long-GOP-Aufzeichnung des Sony-Camcorder geht, also im Codec begründet liegt. Die Bilder des HVX200 sahen beim Schwenk zwar auch nicht knackscharf aus, Sensoren und Codec ließen aber sichtbar mehr Bildqualität übrig. Bei beiden Camcordern sinkt aber beim Schwenken die Bildqualität sichtbar stärker ab, als durch die Bewegungsunschärfe erklärbar ist: Hier zeigen sich eben die Grenzen der Kompressionsverfahren und stärkere Kompression wird eben auch deutlicher sichtbar.

Beim Thema Schwenk wird auch ein anderer Aspekt virulent: Sonys EX1 arbeitet mit einem CMOS-Sensor, der einen Rolling Shutter verwendet. Dessen Prinzip kennt man aus der Fotografie und heißt auf deutsch schlicht Schlitzverschluss. Der Rolling Shutter sorgt dafür, dass der CMOS-Sensor Zeile für Zeile belichtet wird — anders als beim CCD-Sensor, bei dem alle Bildpunkte des Sensors gleichzeitig belichtet werden. Der Rolling Shutter kann sich unter bestimmten Aufnahmebedingungen negativ auf die Bildqualität auswirken: So können Strommasten und Straßenlampen in schnellen Schwenks bananenförmig verkrümmt dargestellt werden. Im Internet kursieren wahre Horrorgeschichten hierüber.

Wenn man es darauf anlegt, kann man tatsächlich auch beim EX1 solche Effekte provozieren: Dafür sind bei diesem Camcorder aber heftige Reißschwenks nötig, wie sie in der Praxis nur sehr selten eingesetzt werden — und bei realistischer Betrachtung stört es in einem solchen Reißschwenk auch nicht, wenn sich senkrechte Linien etwas verkrümmen — zumal der Long-GOP-Codec dabei für eine ziemlich große Unschärfe sorgt.

Zurück zum Normalbetrieb: Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der HVX200 aus Sicht der Tester bei Außenaufnahmen mit ausreichend Licht etwas bessere Bilder aufzeichnet als der EX1, wobei die Unterschiede keineswegs dramatisch ausfallen und beide Camcorder durchaus in einer Liga spielen, die von anderen Kompakt-Camcordern nicht erreicht wird.

Bei Innenaufnahmen und hier speziell bei lichtschwachen Motiven, wandelt sich das Bild: Sonys EX1 kann hier seine deutlich höhere Lichtstärke ausspielen. Außerdem steigt das sichtbare Bildrauschen beim EX1 langsamer an, wenn es dunkler wird, als beim HVX200. Panasonics HVX200 ist dagegen lichtschwach und rauscht im Grenzbereich deutlich mehr als der Konkurrent von Sony. Hier ist der EX1 unangefochtener Spitzenreiter: In einem sehr dunklen Raum, der durch die Straßenbeleuchtung minimal aufgehellt wurde, zauberte der EX1 noch ein Bild auf den Festspeicher, das Details und Farbe zeigte, die man beim HVX200 nicht einmal mehr erahnen konnte. Besonders im Extrembereich zahlt es sich aus, dass der Sony-Camcorder in der Praxis rund zwei Blendenstufen mehr schafft, als der HVX200: Wenn im Test das Bild des Panasonic-Camcorders bei Blende 11 optimal belichtet war, dann erreichte die Sony-Maschine Blende 16 ( — das ist natürlich genaugenommen nur eine echte Blendenstufe, aber die beiden Camcorder geben auch Blende 13 als separaten Wert an). Das wirkt sich natürlich auf die Schärfentiefe aus, was besonders am unteren Ende der Helligkeitsskala einen höheren Schärfeeindruck beim EX1 bewirkt.

Auch beim Smear-Test lieferte der EX1 bessere Bilder: Er lässt Punktlichtquellen im Bild zwar sternförmig aufblühen, als hätte man einen entsprechenden Filter verwendet, mehr aber nicht: In normalen Aufnahmesituationen ließ sich im Test kein klassischer Smear-Effekt provozieren. Der HVX200 ist hier zweifellos ebenfalls auf der guten Seite und neigt nicht zu übermäßigem Smear, aber er ist nicht ganz so unempfindlich wie der EX1.

Völlig ohne Tadel blieb die Leistung des EX1 bei Innenaufnahmen allerdings auch nicht. Bei den Aufnahmen entlang eines weißen Ganges wirkten die Lichtkegel der Deckenleuchten hart und überbetont, hier gab der Sony-Camcorder die Lichtsituation mit viel zu harten Kontrasten wieder. Auch bei der Farbwiedergabe nahm er es im Automatikmodus nicht ganz so genau und färbte das blaue, mit Halogenlicht beleuchtete Sofa am Ende des Flurs in den Aufnahmen eher lila.

Insgesamt lässt sich sagen, dass der EX1 für Sony-Verhältnisse sehr kühl abgestimmt ist. Im Vergleich dazu wirkt der HVX200 deutlich wärmer, obwohl Panasonic seine Camcorder traditionell eher nüchtern und etwas blauer justiert. Vergleicht man alle im Test erstellten Aufnahmen, dann zeigt der Sony-Camcorder auch eine insgesamt etwas steilere, härtere Kontrastwiedergabe — auch wenn es im Einzelfall Abweichungen von dieser Regel gibt.

Natürlich lässt sich die Farbwiedergabe bei beiden Camcordern sowohl im konkreten Beispiel mit dem Sofa wie auch insgesamt in der Farbtendenz korrigieren und auf den persönlichen Geschmack abstimmen: Beide Camcorder bieten umfangreiche Möglichkeiten, um manuell einzugreifen, sowie Veränderungen und Voreinstellungen zu speichern.

Schaltet man die Camcorder von 1080i auf 720p um, bleibt der Gesamteindruck erhalten, im Verhältnis der Geräte zueinander ändert sich nichts. In diesem Betriebsmodus konkurrieren die Geräte teilweise mit dem HD251 von JVC (Einzeltest hier), der aber ausschließlich in 720p-HDV aufzeichnet und derzeit keine Speicherkartenaufnahme bietet.

Bei der Schärfewiedergabe spielt dem EX1 teilweise sein Autofokus ein Schnippchen: Schon beim Vorseriengerät des EX1 hatte der Autofokus bisweilen etwas geschwächelt und sich leichter aus dem Tritt bringen lassen. Mitunter traf der Camcorder im Automatikbetrieb die Schärfe nicht auf Anhieb und begann zwischen zwei oder mehr Positionen zu pendeln. Hier funktioniert der Autofokus der HVX200 zuverlässiger und stabiler.

Noch ein Wort zu den Farbstörungen an Objektkanten (chromatische Aberrationen): Beide Camcorder sind nicht frei davon, der Umfang dieses Bildfehlers hält sich aber in einem der Preiskategorie der Camcorder entsprechenden Rahmen und ist bei beiden auch ähnlich groß. Konkretes Beispiel: Beim Zoomen auf den Namens-Schriftzug auf der Hauswand einer Pension zeigten beide Camcorder während des Bildtests entsprechende Effekte — an den Kanten der Schrift waren leichte magenta-farbene Farbsäume zu erkennen. Allerdings musste man schon ziemlich genau hinsehen, um sie auf Anhieb auszumachen, und in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle dürften die chromatischen Aberrationen in einem Rahmen liegen, der in dieser Klasse vertretbar ist. Zum Thema Vignettierung beim EX1 finden sie hier weitere Infos — das Testgerät wies dieses Problem nicht auf.

Bleibt noch die Frage, wie es beim Einsatz der Geräte als Kameras aussieht, also wenn man das Signal nicht im Camcorder aufzeichnet, sondern in maximal möglicher Qualität ausgibt. Hier hat aus Sicht der Tester der EX1 insgesamt die Nase vorn. Er bietet nämlich mit HD-SDI (inklusive Embedded Audio) das praktischere Interface und kann auch bei der Bildqualität überzeugen. Auch wenn die Rauschthematik beim Vergleich der reinen Kamerasignale im Grunde gleich bleibt wie beim Vergleichen der Aufnahmen, ändert sich die Beurteilung doch etwas, wenn die Codecs umgangen werden: Der EX1 von Sony hat im Kamerabetrieb ein Quäntchen mehr Detailauflösung zu bieten. Hier trennen die Geräte ganz sicher keine Welten, aber der EX1 macht seine Sache besser. Der Unterschied dürfte dabei nicht nur in der besseren, digitalen Ausgabequalität des EX1 begründet liegen, sondern tatsächlich im Kamerateil wurzeln.

Das Fazit bei der Bildqualitätsbeurteilung lautet: Beide Camcorder liefern für ihre Baugröße und Preisklasse sehr gute Bilder, wobei der HVX200 besonders bei Außenaufnahmen meistens eine etwas bessere Qualität erreicht als der EX1. Bei optimaler Beleuchtung rauschen die Aufnahmen des EX1 sichtbar stärker, aber dieses Rauschen nimmt in Richtung zu geringer Helligkeit hin nicht so schnell zu und wird auch nicht so intensiv wie beim HVX200. Bei schwacher Beleuchtung und bei der Mehrzahl der Innenaufnahmen punktet folglich der EX1, der zudem eine deutlich höhere Lichtstärke bietet.

Objektiv

Beide Camcorder sind mit fest eingebauten Objektiven und abnehmbaren Sonnenblenden ausgerüstet.

Sony setzt auf ein 14fach-Zoom-Objektiv, das Fujinon für den Camcorder entwickelt hat. Eine Besonderheit des Objektivs: Es lässt sich komplett manuell bedienen, auch ohne elektronische Unterstützung. Hierfür sind drei Ringe vorgesehen, von denen einer für die Schärfe, einer für die Blende und ein weiterer für die Brennweiteneinstellung zuständig ist. Blende, Fokus und Zoom lassen sich über diese Objektivringe mechanisch verkoppelt manuell bedienen. Das ist sehr gut gelungen: Die Ringe laufen weich, es gibt Endanschläge, beim Fokus kann man die Entfernungsskala ablesen — ganz so, wie man’s von Profi-Objektiven her kennt.

Im Vergleich zum Leica-Objektiv des HVX200 ist das Fujinon-Objektiv des Sony EX1 komfortabler zu bedienen und es bietet auch mehr Funktionen. Das 13fach-Dicomar-Objektiv, das Panasonic eingebaut hat, liefert gute Bildqualität, weist aber wesentlich weniger manuelle Profi-Funktionalität auf. So fehlt dem Fokusring des Panasonic-Objektivs ein Endanschlag, er ist endlos drehbar und dient nur als Signalgeber für Stellmotoren im Objektiv. Auch ein Blendenring fehlt dem Panasonic-Objektiv, die Blende wird über ein Rädchen am Camcordergehäuse elektronisch eingestellt.

Die Weitwinkelwirkung und somit der maximale Bildwinkel der beiden Objektive ist fast identisch, Sonys EX1 bietet einen Tick mehr Weitwinkligkeit als Panasonics Leica-Objektiv: Der EX1 erreicht — umgerechnet auf 35-mm-Verhältnisse — eine Minimal-Brennweite von 31,4 mm, der HVX200 bringt es umgerechnet auf 32,5 mm.

Insgesamt betrachtet bietet Sony beim Objektiv die bessere und vor allem komfortablere Lösung, diese Runde des Vergleichs geht also an Sony.

Bauform und Handling

Beide Camcorder haben die klassische Form von Handheld-Camcordern, sie wiegen aber eindeutig zu viel, um wirklich über längere Zeit aus der Hand nutzbar zu sein. Betriebsbereit, also mit Akku und einem Speichermedium kommen die Camcorder auf einen fast identischen Wert in der Größenordnung von 2,8 kg. Das ist erstaunlich, denn Panasonics HVX200 wirkt rein optisch etwas massiger, während man Sonys EX1 aufgrund seines eleganteren und filigraneren Designs leichter schätzt.

Der optische Eindruck relativiert sich ganz schnell, wenn man die beiden Camcorder eine Weile in den Händen hält: Dann wird der Arm nämlich immer schwerer und man wünscht sich eine Schulterstütze. Beim EX1 kommt ein weiterer Effekt dazu: Sein verdrehbarer Haltegriff auf der rechten Gehäuseseite ist eine sehr pfiffige Idee, wenn man den Camcorder tief hält und das Ausklapp-Display nutzt. Will man aber in den Sucher schauen, dann zeigt sich ein Nachteil dieser Konstruktion: Der Griff liegt weiter außerhalb des Schwerpunkts. Die Hebelwirkung lässt die Hand rasch und leicht nach links kippen. Es erfordert einiges an Kraft im Handgelenk, den Camcorder dauerhaft gerade zu halten. Es kommt noch erschwerend hinzu, dass der EX1 etwas kopflastiger ist als der HVX200: Stellt man den EX1 ohne Sonnenblende, die einen integrierten Stützfuß aufweist, auf eine ebene Fläche, dann kippt er sehr leicht aus der Waagrechten nach vorne. Der HVX200 steht mit seinem großen flachen Boden deutlich sicherer und stabiler.

Insgesamt gilt: Beide Camcorder sind beim Drehen längerer Einstellungen auf einem Stativ definitiv besser aufgehoben als in der Hand.

Bei den Ausstattungs- und Bedienelementen bietet der EX1 aus Sicht der Tester das modernere, bessere Konzept: So ist beispielweise das 16:9-Display des Sony-Camcorders sehr geschickt und flexibel unterhalb des Griffs integriert und lässt sich bequem aus- und einklappen. Das 4:3-Display des HVX200 ist dagegen klassisch an der linke Gehäuseseite untergebracht, wo es etliche Bedienelemente abdeckt und sich auch nicht so flexibel einstellen und nutzen lässt wie das Display des EX1 von Sony.

Einen Nachteil hat die Positionierung des Ausklappschirms am EX1 allerdings auch: Der Platz oberhalb des Objektivs wird dadurch eingeschränkt. Wo der HVX200 rund 4 cm Platz zwischen Objektiv und Haltegriff/Mikro bietet, sind es beim EX1 nur 2,5 cm. Beim HVX200 gibt es aber einen seitlichen Bügel, der ebenfalls störend sein kann, wenn man Objektivzubehör einsetzen will.

Beim Sucher punktet Sonys EX1 ebenfalls: War das Display des Suchers beim Vorseriengerät noch sehr hell abgestimmt, so sieht es beim Seriengerät hinsichtlich Kontrast, Helligkeit und Farbe sehr gut aus (0,54 Zoll Diagonale, 252.000 Bildpunkte). Zudem ist das sichtbare Bild deutlich größer als beim HVX200. Das Sucherbild des HVX200 ist im HD-Modus aufgrund des 4:3-Seitenverhältnisses kleiner und wirkt auch etwas matschiger (0,44 Zoll Diagonale, 235.000 Bildpunkte) — auch wenn Panasonic die Letterbox-Balken für Suchereinblendungen nutzt.

Die Augenmuschel des Suchers lässt sich bei beiden Geräten abnehmen. Beim HVX200 kann man sie sich auch um 180 Grad verdreht montieren, wenn man mit dem linken statt mit dem rechten Auge durch den Sucher blicken möchte. Beim EX1 ist das nicht möglich, dort ist die Muschel zwar ebenfalls abnehmbar, ein Schlitz an der Unterseite für die Dioptrienverstellung verhindert aber die umgedrehte Montage.

Bei den Audioreglern hat Sony die Nase vorn: Die Regler sind praktischer positioniert und deutlich besser bedienbar als die Rädchen des HVX200.

Generell sind die Tester der Meinung, dass sich der EX1 etwas leichter bedienen lässt als der HVX200: Das Bedienfeld für die Wiedergabe oben auf dem Haltegriff ist sehr geschickt und leicht zugänglich untergebracht, die wichtigsten Tasten sitzen da, wo man sie erwartet. Sehr gut gefiel den Testern eine Bedienfunktion, die bisher bei professionellen Camcordern noch nicht verbreitet ist: Alle Display-Einblendungen, bei denen das sinnvoll ist, können beim EX1 direkt im Display angewählt und der jeweilige Wert manuell verändert werden. Das spart Zeit und den Umweg übers Einstellmenü. Mit dem Cursor-Rad an der Camcorder-Rückseite oder dem Mini-Joystick im oberen, in den Handgriff integrierten Bedienfeld, kann man von einer Einblendung zur nächsten springen und per »Set«-Druck die entsprechende Einstellung direkt verändern.

Bei Panasonics HVX200 muss man Wiedergabe und Menü unterm Haltegriff des Camcorders einstellen. Mit dieser Position der Tasten konnten sich die Tester nicht anfreunden: Die Cursor-Tasten sind zwar oben auf dem Gerät angebracht, aber wegen des Handgriffs im Praxisbetrieb oft nicht gut zu erreichen. Zudem ist ihre Beschriftung und Kennzeichnung schlecht ablesbar. Außerdem drückt man gern mal auf die falsche Cursor-Taste, wenn man auf dem seitlich ausgeklappten Schirm durch das Menü springen will: Das Tastenfeld ist gegenüber dieser zweifellos am häufigsten genutzten Schirmposition um 90 Grad verdreht.

Beim EX1 präsentiert sich die Bedienung eher aus einem Guss, während sie beim HVX200 noch stärker dem Schema der klassischen Trennung zwischen Kamera- und Recorderteil folgt — schließlich hat der HVX200 ja auch noch ein Bandlaufwerk.

Das Wiedergeben, Arrangieren, Sortieren, Sichten und Markieren von gespeicherten Clips ist beim Sony-Camcorder aus Sicht der Tester etwas komfortabler und eingängiger gelöst als beim HVX200. Welche Rolle solche Features aber in der Praxis tatsächlich spielen, das ist eine ganz andere Frage. Beide Geräte müssen zudem zum Sortieren und zum Abspielen früher aufgezeichneter Clips erstmal in den Wiedergabemodus versetzt werden. Zwar sind die Clips nonlinear verfügbar, man spart sich also beim Vorführen Spulzeiten und ist unter diesem Aspekt sehr flexibel, aber hier ist noch mehr denkbar und zweifellos auch möglich.

Speichermedien, Archivierung

Panasonic musste nach der Vorstellung des HVX200 viel Prügel wegen des Preises der Speicherkarten einstecken. Der lag in den Anfängen bei rund 1.300 Euro für eine 8-GB-Karte. Das hat sich geändert, jetzt kostet eine 16-GB-Karte noch 725 Euro netto, und die 32-GB-Karte, die jetzt verfügbar ist, steht für 1.200 Euro in der Preisliste. In der maximalen Qualität passen beim HVX200 auf eine 16-GB-P2-Karte 16 Minuten DVCPROHD-Material respektive 32 Minuten auf eine 32 GB-Karte.

Die SxS-Card, auf die Sonys EX1 aufzeichnet, ist kaum günstiger als eine P2-Karte: Sie kostet in der 16-GB-Variante rund 700 Euro netto, eine 32-GB-Variante ist derzeit noch nicht verfügbar. Sony bringt dank der effektiveren MPEG-Kompression im Vergleich zum HVX200 mehr Material auf einer Karte gleicher Größe unter: Auf eine 16-GB-SxS-Karte passen in der höchsten HD35-Qualitätsstufe rund 50 Minuten Material.

Beim Thema Archivierung bieten weder Panasonic noch Sony schlüssige Konzepte. Letztlich muss der Kunde hier selbst entscheiden, ob er sein Material nach dem Dreh auf Festplatten speichern möchte, ob er auf lange Sicht einen RAID-Server bevorzugt, ob er sein Material auf optischen Speichermedien archivieren will – oder gar wieder auf ein gängiges Bandformat überspielen und speichern möchte. Gleichgültig, für welche Lösung sich der Kunde entscheidet, letztlich sind alle Ansätze noch unbefriedigend und Langzeit-Erfahrungswerte fehlen ebenfalls.

Bei der Anbindung an Postproduction-Systeme hat Panasonics HVX200 derzeit einen Vorteil, der darin begründet liegt, dass es den Camcorder schlichtweg schon länger gibt und die Hersteller von Schnittsystemen mittlerweile für die P2-Integration gesorgt haben. Bei Sonys EX1 soll die Integration ebenfalls schon fortgeschritten sein, doch üblicherweise dauert es eben doch eine Weile, bis eine lückenlose Integration gegeben ist.

Anschlüsse

Beide Camcorder sind mit je zwei XLR-Buchsen für den Anschluss eines externen Mikrofons. Welche Positionierung dieser Buchsen sinnvoller ist, darüber kann man streiten. Die Tester bevorzugen hier die seitliche, tiefere Position der Buchsen beim HVX200 gegenüber den weit oben in Mikronähe angebrachten XLR-Anschlüssen des EX1.

Sonys EX1 bietet eine HDV-Buchse, die der HVX200 natürlich nicht braucht, weil er kein HDV-Signal aufzeichnet — IEEE-1394 für die DV-Signale kann der HVX200 aber schon aufweisen. Was jedoch eindeutig für den EX1 spricht, ist seine HD-SDI-Buchse inklusive Embedded Audio: Über ein einziges BNC-Kabel kann der Camcorder also digitale Bild- und Tonsignale abgeben, was die Anwender natürlich besonders im Live-Betrieb schätzen werden. So etwas kann der HVX200 nicht bieten, der als beste Videosignalqualität ein analoges Komponentensignal ausgeben kann. Somit eignet sich der EX1 eindeutig besser für den Einsatz als Live-HD-Kamera.

Beide Camcorder sind mit AV- und Komponenten-Buchsen bestückt, wobei Panasonic auch Cinch- und Hosiden-Buchsen bietet, während Sony bei diesen Anschlüssen auf Spezialbuchsen und Adapterkabel setzt.

Für den File-Transfer bieten beide Camcorder neben dem Kartenwechsel auch eine USB-Schnittstelle.

Was jedoch beiden Camcordern fehlt, sind Timecode– und Genlock-Buchsen, über die es möglich wäre, mehrere Camcorder zu synchronisieren oder externen Timecode zuzuspielen.

Sonderfunktionen

Bei den Camcordern der jüngsten Einsteiger-HD-Generation haben die Hersteller mehr und mehr Funktionen integriert, mit denen sich das Bild beeinflussen und optimieren lässt. Sonys EX1 ist hier neuer Spitzenreiter: Kein anderer Camcorder bietet die Fülle an Möglichkeiten, die im EX1 schlummern. Allerdings bedarf es auch einiger Zeit und Mühe, sich damit auseinanderzusetzen. Die Prognose, dass nur ein geringer Bruchteil der Kunden diese Möglichkeiten auch nutzt, dürfte nicht besonders wagemutig sein. Freilich hat auch Panasonics HVX200 die gängigen Bildbeeinflussungs-Funktionen im Angebot und damit kommt man sicher auch schon sehr weit. Für Freaks und Tüftler bietet der jüngere EX1 allerdings noch mehr Möglichkeiten.

Bei den HD-Bildraten geben sich beide Camcorder vielseitig. Beim EX1 stehen zur Verfügung: 23,98p, 25p, 29,97p, 50i, 59,94i bei 1080 sowie 23,98p, 25p, 29,97p, 50p und 59,94p bei 720 Zeilen. Der HVX200 kann mit 1080 Zeilen in 25p oder 50i aufzeichnen, sowie mit 720 Zeilen in 50p, 25p oder 25pn.

Preis

Der Listenpreis von Panasonics HVX200 liegt bei 5.390 Euro, so dass der Camcorder laut Liste rund 1.100 Euro günstiger ist als Sonys EX1. Vergleicht man die zum Jahreswechsel 2007/2008 aktuellen Straßenpreise (rund 1.000 Euro günstiger), ist der Preisunterschied zwischen den beiden Camcordern ähnlich.

Fazit

Sony ist mit dem EX1 ein sehr leistungsfähiger Camcorder gelungen, der sich durchaus sehen lassen und in vielen Bereichen am Thron des Panasonic HVX200 rütteln kann. Doch der HVX200 hat sich auf dem begehrten Plätzchen schon eingerichtet, und wie es aussieht, wird er dort auch noch ein Weilchen sitzen – wenn auch nicht mehr so bequem wie vorher, denn der EX1 wird seinen Anteil an der Sitzfläche einfordern. Wer einen lichtstarken Camcorder mit topmodernen Funktionen und HD-SDI-Ausgang braucht (etwa für den Live-Einsatz), kommt an Sonys EX1 nicht vorbei. Wer hingegen mit der Lichtschwäche des HVX200 leben kann, wird bei guten Lichtbedingungen mit dem Panasonic-Camcorder die bessere Qualität erzielen können — und das um rund 1.000 Euro günstiger als mit dem EX1.

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Autor
C. Gebhard, G. Voigt-Müller

Bildrechte
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