Kommentar, Top-Story: 01.07.2003

Infomercial

Vielleicht haben Sie gestern am späteren Abend als wählerisches Mitglied der Info-Elite, als bewusster und selektiver Fernsehzuschauer mit Bildungsanspruch, zu einer bestimmten Zeit ihr TV-Gerät eingeschaltet und gezielt einen bestimmten Kanal gewählt. Vielleicht haben Sie aber auch einfach mal schnell durch die Kanäle gezappt. So oder so konnte es Ihnen dabei passieren, dass Sie unvermittelt in einem »Infomercial« von BMW landeten.

Das Ganze lief parallel auf Sat.1 und ProSieben, in einer Art Show-Atmosphäre jubelten verschiedene Promis über den neuen BMW, erklärten dessen Funktionen und am Schluss sang Elton John eine modernisierte Version seines Uralt-Hits »Rocket Man«. Das Ganze war von der Kostenseite betrachtet ganz sicher nicht billig. Und auch wenn es in diesem Fall sehr schwer fällt, soll an dieser Stelle nicht der Inhalt und die Form dieser Produktion besprochen oder kritisiert werden, denn Film- und Fernsehkritik im klassischen Sinn ist eben nicht das Thema von www.film-tv-video.de.

Schon aus Selbstschutz muss hier klar gesagt werden: Werbung ist wichtig. Ohne Werbung könnte www.film-tv-video.de nicht existieren. Sie hätten diesen und alle früheren Newsletter von www.film-tv-video.de nicht erhalten, keine einzige Online-News lesen und keinen Artikel downloaden können, wenn es keine Werbung gäbe. Jawohl, die Redaktion dankt allen Werbekunden, ob groß ob klein, für ihr Engagement bei www.film-tv-video.de. Gleichzeitig hofft die Redaktion aber auch, dass keiner dieser Werbekunden auf einen ähnlichen Irrweg geraten möge, wie BMW ihn am gestrigen Abend beschritten hat.

Überall ist derzeit die Rede von »Newstainment« und »Infomercials«, von Mischformen zwischen redaktionellem Inhalt und Werbung. Dass bei ARD und ZDF die Werbereglementierungen unterlaufen werden, indem man aus der Wettervorhersage eine eigene Sendung gemacht hat und bei »Wetten dass« immer stärker die Produkte und Dienstleistungen von Sponsoren in den Vordergrund stellt, passt ins gleiche Bild. Das Problem dabei: Das ist eben in aller Regel weder Fisch noch Fleisch, sondern meistens schlichtweg blöde und nervig.

»Call us oldfashioned«: Aber die Redaktion von www.film-tv-video.de bevorzugt die möglichst klare Trennung in der Präsentation von Werbung und redaktionellen Inhalten. Es wäre natürlich blauäugig und letztlich lächerlich, bei einem Medium wie www.film-tv-video.de zu behaupten, beides sei völlig unabhängig voneinander: Wenn man über Produkte berichtet, wenn man Firmenmitarbeiter zu Wort kommen lässt, wenn man teilweise auch auf Firmeninfos angewiesen ist, dann werden sich werbliche Einflüsse letztlich nicht vermeiden lassen. Dazu gibt es keine praktikable Alternative.

Wohl aber zu einer aufgesetzten »Infomercial«-Sendung, die zwar aufwändiger produziert ist als die mangelhaft deutsch synchronisierten Late-Night-Werbungen für Heimtrainer und Saftpressen, die aber letztlich den gleichen Ursprung hat.

Sie werden sehen.

Autor
C. Gebhard, G. Voigt-Müller
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