Postproduction, Test, Top-Story: 22.07.2014

Editing-Praxistest Sony Vegas 13: Es geht weiter

Sony hat sich für die Version 13 seiner Schnitt-Software Vegas etwas Zeit gelassen. Nun ist das Editing-Programm in einer neuen Version verfügbar, die etliche Änderungen mit sich bringt. film-tv-video.de hat die jüngste Version der Software ausprobiert.

Bislang ist nur die englischsprachige Version von Sony Vegas 13 verfügbar, eine deutsche soll es aber in Kürze geben. Während des Testzeitraums gab es auch gleich das erste Update, sodass nun die Version 13.0.310 für registrierte Benutzer auf der Website von Sony Creative Software zum Download bereitsteht.

App: Vegas Pro Connect

Die wahrscheinlich spektakulärste Neuerung ist gar nicht die eigentliche Editing-Software, sondern die App »Vegas Pro Connect« für das iPad, die kostenlos im App-Shop heruntergeladen werden kann. Das ist im Grunde eine Art Fernsteuerung: Die Verbindung zwischen Vegas Pro und der App wird dabei per WLAN hergestellt, wobei von einem iPad mehrere Verbindungen zu verschiedenen Vegas-Workstations hergestellt und bei Bedarf angewählt werden können.

Die Navigation in der Timeline funktioniert unmittelbar, eine Latenz ist nicht zu spüren. Neben der normalen Steuerung — samt Start einer Audioaufnahme — können auch verschiedene Marker gesetzt werden. Neben den vier Vorgaben Check Color, Check, Edit, SFX gibt es auch einen »Custom«-Marker, den der Nutzer jeweils selbst benennen kann. Auch hier gibt es keine merkliche Verzögerung, sobald der Marker auf dem iPad gesetzt wird, erscheint er auch schon auf der Timeline. Gelöscht werden können die Marker vom iPad aus nur direkt nach deren Erstellung mittels »Undo«, späteres Löschen ist leider nicht möglich.

Praktisch ist die alternative Steuerung: Start, Stopp, Scrollen – auch frameweise — oder der Start einer Audioaufnahme, alles ist möglich. Auch Marker können hier gesetzt werden, allerdings muss vor dem Setzen entschieden werden, welcher es werden soll. Einen »Custom«-Marker gibt es bei den Gesten leider nicht. Ob die Navigation auf der Timeline per iPad bequemer ist als mit der Maus, muss jeder selbst herausfinden. Sehr praktisch ist sie in jedem Falle bei Vollbild, also beispielsweise bei einer Vorführung mit dem Kunden.

Aber Vegas Pro Connect kann noch mehr: Für eine Offline-Bearbeitung kann in Vegas Pro selbst eine Proxy-Datei erstellt werden, die dann über WLAN auf das iPad geladen und dort auch ohne WLAN-Verbindung timecode-genau angesehen und mit Markern versehen werden kann. Die Proxy-Datei kann sowohl das ganze Projekt, als auch nur den Loop-Bereich umfassen.

Die auf dem iPad gesetzten Marker werden zur Vegas-Timeline übertragen, sobald es wieder eine WLAN-Verbindung gibt. So lässt sich auch unterwegs am Projekt weiterarbeiten. Gesetzte Marker können auch hier leider nicht mehr gelöscht werden. Die Steuerung per Gesten ist mit den Proxies nicht möglich.
Für eine nächste Version könnte man sich neben der Möglichkeit zur Löschung von Markern noch eine weitere Verbesserung vorstellen: So würde etwa eine Möglichkeit für die Texteingabe oder Audioaufnahme (z. B. Roh-Kommentar) an mehreren frei zu definierenden Punkten, die Arbeit sehr vereinfachen. Außerdem wäre es wünschenswert wenn die Größe und Kompression der erstellten Proxy-Datei beeinflussbar wäre und nicht fix auf 1.280 x 720 festgelegt wäre. Insgesamt ein sehr schönes Werkzeug mit großem Entwicklungspotenzial.

Größere Änderungen

Bei Vegas 13 sticht sofort ins Auge dass die Werkzeugauswahlleiste von fast ganz oben nach ganz unten unterhalb der Timeline gerutscht ist. Sie folgt damit der Timeline, die allerdings schon vor vielen Versionen nach unten wanderte. Das bedeutet in erster Linie eine Umgewöhnung für bisherige Vegas-Nutzer. Für Nutzer, die hauptsächlich mit der Maus navigieren, werden dadurch aber die Wege etwas kürzer.

Wer genau hinsieht, bemerkt, dass neben den Button »Normal Edit Tool« – zu Deutsch Standard-Werkzeug – ein kleiner Pfeil hinzugekommen ist, mit dessen Hilfe man eine Reihe anderer Werkzeuge aufrufen kann: Shuffle-, Slip-, Slide-, Time/Strech/Compress- und das Split-Trim-Tool. Besonders das Shuffle-Tool erleichtert die Arbeit, wenn die Reihenfolge der Clips – bei Vegas heißen sie eigentlich Events – geändert werden soll.

Ist das Shuffle-Tool ausgewählt, lassen sich einzelne Clips einfach auf der Timeline verschieben und finden dann ihre neue Position schnittgenau, selbst wenn sie nicht ganz genau positioniert werden. Früher musst man dafür Platz schaffen, Clips hin und herschieben und Lücken schließen.

Die anderen Tools bringen zwar keine neuen Funktionen, da sie alle schon über Tastaturkombinationen verfügbar waren, aber für Editoren, die mit der Maus arbeiten und auch für Gelegenheits-Editoren, die nur wenige Tastatur-Befehle kennen, ist diese Ergänzung sehr nützlich.

Wer oft für Sendeanstalten arbeitet und sich an deren Normen und Regeln halten muss, wird sich über das neue Loudness-Meter freuen. Neben dem bislang vorhandenen Peakmeter gibt es nun vier weitere Messinstrumente, mit denen die Loudness für einen bestimmten Bereich angezeigt werden kann. Zusätzlich gibt es eine Anzeige für den Dynamikbereich. Außerdem ist es möglich, ein Log-File zu erstellen, anhand dessen auch später noch die Loudness-Werte für den ganzen Film abgelesen werden können.

Exportieren konnte Vegas in die verschiedensten Formate auch schon in älteren Versionen. Doch ab jetzt können auch die eigenen Projekte archiviert werden: Entweder komplett mit allen zum Projekt gehörenden Video- und Audio-Daten — optional mit den bereits erzeugten Video-Proxies und Audio-Peak-Dateien — oder nur denjenigen Clips, die auf der Timeline verwendet wurden. Außerdem können die eingebetteten Projekte ein- oder ausgeschlossen werden. Aber Achtung: Man sollte zuvor einen eigenen Ordner erstellen, denn wenn man nicht aufpasst, landen alle Dateien im Dokumente-Ordner oder eben jene Ordner, den man zuletzt benutzt hatte. Das kann einige Sortierarbeit nach sich ziehen.

Eine weitere Neuerung steht denjenigen zur Verfügung, die mit einer Sony XDCAM und mit Wireless-Adapter arbeiten. Die auf XDCAM erzeugten und per Wireless-Adapter vom Drehort in die Cloud übertragenen Proxies können auf Vegas Pro schon bearbeitet werden, während das Team noch auf dem Weg zurück ist. Liegen die Hi-Res-Dateien im Schnitt vor, werden die Proxies vor dem Rendern durch diese ersetzt. Werden zum Rendern XAVC Intra MXF Smart-Render Vorlagen verwendet, so verringert sich die Renderzeit – je nach Ausgangsformat – deutlich.

Unterschiedliche Versionen

Vegas Pro gibt es auch in der Version 13 in verschiedenen Ausführungen: Vegas Pro 13 Edit, Vegas Pro 13 und Vegas Pro 13 Suite. Alle drei Versionen können Auflösungen bis 4K bearbeiten. Die knapp 300 Euro teure Edit-Version – alle Preise verstehen sich zuzüglich Mehrwertsteuer – beinhaltet das Schnittprogramm mit allen oben genannten Neuerungen. Wer einfach nur schneiden will und mit den in Vegas Pro vorhandenen Effekten zurechtkommt, ist damit gut bedient.

Knapp 440 Euro kostet die Standard-Version. Sie beinhaltet zusätzlich den Dolby Digital Professional Encoder, die NewBlueFX Essential Plug-In Collection, das Nectar Elements Dialog Processing Plug-In von iZotope und die Version 6 des DVD-Authoring Programmes DVD Architect. Auch wenn die Plug-Ins nur einen kleinen Teil der jeweils vom Hersteller verfügbaren Effekte beinhalten, so sind doch einige dabei, die Vegas wirklich sehr gut ergänzen. Bei den NewBlueFx gefielen besonders der Color-Replace und der Saturation EQ, die auch bei 4:2:0 Material ordentliche Ergebnisse liefern. Nectar Elements von iZotope bietet zwar nicht viel mehr als die schon vorhandenen Effekte von Sony, aber die kompakte Bedienoberfläche erlaubt eine deutlich einfachere Bedienung, wenn mehrere Effekt gleichzeitig verwendet werden sollen. Zudem bietet es zahlreiche weitere nützliche Vorlagen. Das Programm DVD Architect zur Erstellung von DVDs und Blu-Rays, wirkt inzwischen etwas angestaubt, auch wenn es nach wie vor seinen Dienst verrichtet.

Knapp 590 Euro kostet Vegas Pro 13 Suite. Sie bietet einige zusätzliche Funktionen, darunter den Vegas Pro Production Assistant, 25 lizenzfreie Musik Tracks, Sound Forge Pro 11 sowie Hitfilm Ultimate 2. Den Production Assistant gibt es schon etwas länger. Er erlaubt einerseits die Automatisierung von bestimmten Arbeiten in Vegas Pro, enthält aber auch eine Projektvorlagen, die die Arbeit mit Vegas Pro beschleunigen können. Ob einem die 25 lizenzfreien Musik-Tracks gefallen, ist letztendlich Geschmacksache.

Interessant ist in jedem Falle die Dreingabe des normalerweise gut 300 Euro teuren Sound Forge Pro 11. Damit lässt sich Audio noch besser bearbeiten, als es mit Vegas Pro ohnehin schon möglich ist. Besonders wenn es darum geht, spezielle Effekte anzuwenden oder defekte Audio-Files zu reparieren, kann Sound Forge Pro deutlich mehr als Vegas Pro.

Außerdem ist in der Vegas Pro 13 Suite noch das Compositing und Visual-Effects-Programm Hitfilm Ultimate 2 enthalten. Es ist ein eigenes Programm, in dem sogar Videos geschnitten werden können, aber dessen Schwerpunkt auf Compositing und VFX liegt. Neben einer ganzen Reihe von Effekten im 2D- und 3D-Bereich — inklusive Partikeleffekten — gibt es einige interessante Presets, also Zusammenstellungen von mehreren Effekten. Darunter sind auch verschiedene Film-Look-Effekte, die sich für diejenigen Nutzer anbieten, die nicht selbst die optimalen Einstellungen der einzelnen Effekte und Parameter heraustüfteln wollen. Die meisten Effekte haben viele einstellbare Parameter, die per Keyframes auch über die Zeit verändert werden können.

Sony und Hitfilm haben eine Integration der beiden Programme erarbeitet. Diese erlaubt es, von der Vegas-Timeline einzelne Clips (Events) in Hitfilm Ultimate zu öffnen und dort entsprechend zu bearbeiten — aber eben nur einzelne Clips und nicht eine ganze Timeline. Umgekehrt können auch mehrere Clips in Hitfilm Ultimate auf dessen Timeline zusammengestellt und bearbeitet werden. Das dabei entstandene Projekt, kann dann nach dem Speichern in Vegas Pro als Event geöffnet werden — aber eben als ein kombiniertes Event, auch wenn im Hitfilm-Projekt mehrere Clips zugrunde liegen.

Die Integration der beiden Programme könnte also noch dahin gehend verbessert werden, dass mehrere Events (Clips) von Vegas Pro aus in Hitfilm Ultimate geöffnet werden können und das in Vegas Pro zu öffnende Hitfilm Projekt wahlweise als ein Event mit allen Clips oder als einzelne Clips auf der Vegas Timeline geöffnet werden kann.

Eines haben die Tester in Hitfilm Ultimate 2 vergeblich gesucht: Video-Scopes. Man kann zwar — da die Veränderungen beim Speichern direkt in die Vegas-Timeline übertragen werden, die in Vegas vorhandenen Video-Scopes benutzen, aber einerseits dauert es einen Moment, bis die Veränderungen dort wirklich angekommen sind und zum anderen muss man eben dauernd zwischen Vegas Pro und Hitfilm Ultimate hin und her schalten. Das kostet auf die Dauer gesehen relativ viel Zeit.

Dennoch ist die Vegas Pro Suite mit all diesen Ergänzungen ein gutes Komplett-Paket mit dem sich auch komplexere Aufgaben meistern lassen.

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