Broadcast, Top-Story: 21.09.2004

Heiße Ware aus dem Osten

Die Berliner Wenzel Media GmbH will von Torgelow in Mecklenburg-Vorpommern aus sechs Porno-Programme unter dem Namen »6plus« im Doppelpack als Pay-TV anbieten. www.film-tv-video.de hatte in einem früheren Artikel schon darüber berichtet, nun liegen weitere Infos vor.

Dass Porno-Fernsehen, auch abseits aller moralischen Bedenken, ein Geschäft mit Tücken ist, musste Wolfgang Wenzel schon vor dem Start seines aktuellen Medienprojekts feststellen: Als Name für den im Aufbau befindlichen Pay-TV-Sender war »Pro6« geplant. Das fanden ganz offenbar die Justitiare eines bekannten Münchner TV-Unternehmens gar nicht lustig. Die Berliner Wenzel Media GmbH musste ihr Projekt umtaufen: Nun heißt der Pay-TV-Sender, der Ende November 2004 On Air gehen will, 6plus.

Der Ruf seiner Finanziers stehe »außer Zweifel«, erklärt Wolfgang Wenzel, ohne konkrete Namen zu nennen. Sie waren demnach bereits Partner seines früheren Versuchs, von den Niederlanden aus auf Sendung zu gehen. Der scheiterte an einer Bestimmung der EU-Fernsehrichtlinie, die festlegt, dass Fernsehen eine nationale Veranstaltung zu sein hat. TV-Veranstalter müssen ihre Angebote also in jedem Land, in dem sie ihre Angebote vermarkten wollen, gesondert lizenzieren lassen. Da Wolfgang Wenzel Deutschland als Zielmarkt für 6plus ansieht, war er also gezwungen, ein Unternehmen in Deutschland zu gründen und bei den hiesigen Medienbehörden eine Sendeerlaubnis zu beantragen. Den Weg zur Lizenz als Mediendienst gab die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten im Juli 2004 frei.

Dass es, via Hotbird-Satellit, schon einen »6Plus«-Kanal gibt, führt Wenzel auf Namens- und Konzeptklau zurück. Aus Sicht des Berliner Medienunternehmers tummeln sich auf Eutelsat-Transpondern allerlei Anbieter, die die EU-Richtlinie ignorieren und deren anonymer Hintermänner man kaum habhaft werden kann. Auch sei der Missbrauch angemeldeter, jedoch nicht genutzter Marken nicht verfolgbar, bedauert Wolfgang Wenzel.

Wenzel, in der Presse einst für sein HDO-Projekt als »europäischer Spielberg« tituliert (siehe auch früherer Artikel hierzu bei www.film-tv-video.de), will ab Ende November 2004 vom Standort Torgelow in Mecklenburg-Vorpommern auf Sendung gehen. Geplant sind Doppelpacks mit Stöhnware: je zwei Programme mit Hardcore aus deutschen Landen, Homosexuellem und Softpornos. Beim schon etablierten Anbieter »Blue Movie« kostet ein Filmabruf sechs Euro. Gegen diesen bei Premiere platzierten Anbieter will Wenzel mit einem Einstandspreis von 29 Euro, in dem die ersten drei Filme enthalten sind, und einer monatlichen »Flatrate« von 19,90 Euro antreten. Gesendet werden soll über Astra-Transponder, Wenzel peilt aber auch Kabelplätze an.

COMBO-BOX UND SENSOR-FERNBEDIENUNG
Seine für den Empfang nötige »6plus-Box« ließ Wenzel bei der Hildener Firma Digenius entwickeln. Digenius hatte bereits 2001 einen entsprechenden Abschluss mit Wenzel Media gemeldet. Wie schon bei seinen früheren Projekten sieht Wenzel sich einmal mehr als Innovationsträger. Das Gerät werde, so Wolfgang Wenzel, als erste Digitalbox sowohl für digitalen Satelliten-, wie auch für Kabelempfang (DVB-S, DVB-C) ausgestattet sein. Mit Conax und Irdeto sind zwei verbreitete Verschlüsselungsvarianten in die Geräte-Software implementiert. 6plus-Access-Karten soll es für bereits digitalisierte TV-Haushalte aber auch einzeln geben.

Kernthema jedes Porno-Angebots sind die Auflagen zum Jugendschutz. Wenzel legt sich fest: »Ich glaube, dass für einen effektiven Jugendschutz persönliche Daten nicht nötig sind.« Mit dem Anonymitätsbedürfnis seiner Klientel lasse sich das durchaus in Einklang bringen: »Jeder muss selbst über seine Daten entscheiden. Wer sie nicht weitergeben will, braucht das auch nicht.« Zwar muss der Kunde beim Vertragsabschluss seine Volljährigkeit nachweisen. Entscheide sich der Kunde für die Prepaid-Variante, sei die Übermittlung persönlicher Daten an den Anbieter aber nicht notwendig, erläutert Wenzel. Nur wenn ein Einziehungsauftrag erteilt werde, müssten Kundendaten weiter gegeben werden.

Filme können bei 6plus auf drei Arten bestellt werden: telefonisch über ein Call-Center, per SMS, oder per Rückkanal über das in die Set-Top-Box eingebaute Modem. Dabei weist sich der Abonnent mit einer »Persönlichen Identifikationsnummer« (PIN) aus. Die Fernbedienung kann beim Pay-TV zu »einem Stück Jugend- und Datenschutz« gestaltet werden, meint Wolfgang Wenzel. Als »Add-on« will er einen Infrarotgeber mit Biosensorik vermarkten: in der Fernbedienung ist der Fingerabdruck des Kunden gespeichert, nur der Eigentümer kann sie benutzen. So werde der Möglichkeit des Missbrauchs von PINs durch Dritte, namentlich Jugendliche im Haushalt des Abonnenten, entgegengetreten.

BREAK EVEN SCHON ENDE 2005?
»Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass man 35.000 Abonnenten bekommt«, meint Wenzel und nennt damit seinen »Break Even«, den er in der zweiten Jahreshälfte 2005 erreichen will. Zudem senken Leistungsentwicklung und Preisverfall der Technik aus Sicht von Wenzel das Investitionsrisiko.

Für Erwerb und Umbau des neuen Firmensitzes in Torgelow will Wenzel 1,5 Millionen Euro einsetzen, weitere 2,5 Millionen Euro werden in die Technik investiert. Bis zu 50 Prozent dieses Anlagevermögens seien über »Gemeinschaftsaufgabe« und Investitionszulage förderfähig. Das Projekt sei mit weiteren sechs Millionen Euro an Betriebsmitteln ausgestattet, gibt Wenzel an. Angesichts von Vergleichszahlen aus den USA, wo die Pornoumsätze die des »normalen« Film-Business überflügelt hätten, gibt er sich optimistisch. Price Waterhouse Coopers und Privatbanken hätten positive Beurteilungen abgegeben. Dennoch räumt Wenzel ein: »Ein Restrisiko bleibt«.

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WEITERE INFOS
Einen Beitrag zum gleichen Thema, der aber etwas stärker die früheren beruflichen Stationen von Wolfgang Wenzel beleuchtet, finden Sie hier.

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